Sie gleichen dem Nabel der Venus oder sind so klein, dass 40 auf einen Kochlöffel passen. Und mit Teigtaschen schummelten Mönche sich durch die Fastenzeit.

Mann mit einem Teller Pasta

Bei Leitgeb im Kärntner Metnitztal sind die Teigtaschen traditionell oder kreativ gefüllt. In jedem Fall aber handgemacht. ©Leitgebs Nudelspezialitäten

Fasten ist nicht leicht. Verzicht nicht jedermanns Sache. Selbst Mönche haben/hatten da so ihre Schwierigkeiten. Es gibt dazu eine GeschichteIm aus dem 16. Jahrhundert. Im Kloster Maulbronn in Baden-Württemberg kamen die heiligen Brüder auf die Idee das Fleisch zu verstecken. Sie hackten es fein, vermischten es mit Gemüse und füllten es in Teig. Natürlich in der Hoffnung, dass der liebe Herrgott, der bekanntlich alles sieht, diesen Fehltritt nicht bemerkt. Daher kommt auch der Spitzname der schwäbischen Maultaschen, nämlich Hergottsbscheißerle.

Teigtaschen sind auf der ganzen Welt zu Hause 

… und sie sind immer für eine Überraschung gut. Auch wenn hinter ihnen die gleiche Grundidee steckt, die daraus resultierenden Werke sind grundverschieden. Die Vielzahl an Formen und Bezeichnungen scheint fast eine Wissenschaft zu sein. Was in ihnen steckt sieht man nicht. Zumindest bis zum ersten Gabelstich (oder wenn beim Kochen eine Teigtaschen aufplatzt). Höchste Zeit also, einmal unter den Teigmantel zu blicken, um dem Geheimnis der gefüllten Teigtaschen auf die Spur zu kommen. Ravioli, Tortellini, Schlutzkrapfen, Kärnternnudel, Maultaschen … die kennen wir gut. Auch Dim Sum „die das Herz berühren“, haben durch die vielen Chinarestaurants ihre Fremdartigkeit verloren. Aber dann wären da noch Gyoza, Momo, Pelmeni, Manti, Samosa, Empanada, Pirogge, Quesadilla, … . Sie kommen aus China und Japan, aus Nepal und Afghanistan, der Türkei, Indien, Spanien und Süd- und Mittelamerika, der Karibik aber auch aus dem hohen Norden, aus Russland und Finnland.

Unterschiedlich in ihrer Form und auch Füllung, mal gekocht, dann gedämpft oder gebraten – aber im Grunde steckt hinter all diesen fremd klingenden Namen immer das gleiche Gericht: gefüllte Teigtaschen. Während heute frische Kräuter, Gemüse, Fleisch, Meeresfrüchte, aber auch süße Zutaten den Hauptbestandteil der Nudelfüllungen bilden, begnügte man sich in den vergangenen Jahrhunderten in unseren Breiten mit einfacheren Zutaten wie Kartoffel oder Rüben. Mit roten Rüben bereitet man die Teigtaschen noch heute in der Dolomitenregion zu.

Legendäre Teigtaschen

Der wichtigste Grundstoff für den benötigten Nudelteig ist der Weizen. Seine Urform wurde vor etwa zehntausend Jahren im Gebiet der heutigen Südosttürkei und Syrien erstmals kultiviert. So stammen auch die frühesten Hinweise und Belege auf die Herstellung von Nudelteig aus China, wo man bei Ausgrabungen am Gelben Fluss etwa 4000 Jahre alte Hirsenudeln fand. Aber auch der Anbau der Reispflanze in China hat eine jahrtausendelange Tradition – und auch aus Reis kann man Nudelteig herstellen. 

Irgendjemand muss dann wohl jemand auf die Idee gekommen sein, dem Teig etwas mehr Pepp zu verleihen und ihn zu füllen. Wer das war, weiß keiner. Kein Wunder also, dass sich so manche Legende um die Entstehung der Teigtaschen rankt. So universell sie sind, so universell sind auch die Geschichten über sie. Italienischen Tortellini sollen eine Nachbildung des Bauchnabels der Venus sein. Der Ursprung der japanischen Goyoza, aus hauchdünnem Teig gemachte, zuerst gebratenen und dann gedämpften Täschchen soll vor 2000 Jahren in China liegen. Dort wurden sie gegessen, um über den Winter zu kommen. Und da die Ohren der Menschen im Winter besonders froren, bekam die gefüllte Teigtaschen die Form eines Ohrs. Dann wiederum wird von einem chinesischen Kaiser berichtet, dessen Kochbrigade täglich neue Teigtaschen Kreationen auftischen mussten, ansonsten drohte die Hinrichtung. Das beflügelt natürlich die Fantasie.

Mit Liebe gemacht

Die Heiratsfähigkeit von jungen Frauen wurde vielfach von ihrer Geschicklichkeit beim Zubereiten von gefüllten Teigtaschen abhängig gemacht. In der türkischen Provinz Kayseri gibt es ganz, ganz kleine, mit Koriander und Kreuzkümmel gefüllten Teigtaschen namens Manti. Von ihnen müssen 40 auf einen Kochlöffel passen. Schafft ein junges Mädchen das nicht, darf sie auch nicht heiraten. Diese Geschichte rund um die kleinen türkischen Tortellini erinnert uns wiederum an unsere Kärntner Käsnudel. Denn wenn sich in Kärnten ein „Dirndl“ nicht auf das kunstvolle Krendln – das Schließen der Teigtaschen versteht – dann ist auch sie nicht heiratsfähig. Kärnter Nudeln haben traditionell auch eine süße Variante, die Kleztennudel. Kletzen sind gedörrte Birnen, die meist aus alten Sorten mit fester Schale und süßen Fruchtfleisch hergestellt werden. Jedes Land, ja sogar jede Region oder jedes Tal hat wohl seine ureigenen Teigtaschen-Rezepte und Traditionen. 

Fazit: Wir liebenTeigtaschen. Sie sind herrlich bodenständig und regional, mit ihnen können wir aber auch in fremde Kulturen reisen. Sie beflügeln unsere Kreativität und sind zudem nachthaltig. Ein äußert raffiniertes Mittel der Resteverwertung, denn fast alles kann in den Teig eingeschlagen werden. Reine Geschmacksache.