Bis zu 7.000 Tonnen Plastiksackerl will man hierzulande mittels Verbot einsparen und bis 2020 durch biologisch abbaubare ersetzen. Doch halten die, was sie versprechen?

Biologisch abbaubare statt herkömmliche Plastiksackerl? Kann die Lösung so einfach sein? © PantherMedia

Die Donau ist manchmal blau. Und immer voller Plastiksackerl. 40 Tonnen Plastik landen mittlerweile jährlich im viel besungenen Gewässer. Schuld daran? Sind allem voran die Einweg-Plastiksackerl. Sie wissen schon, die kleinen aus der Obst- und Gemüseabteilung. Der heimischen Regierung ist das schon länger ein Dorn im Auge. Deshalb sollen sie verschwinden. Geplant ist ein Verbot ab ersten Jänner 2020. Vor kurzem, am 11. April, wurde es in Begutachtung geschickt. Die hehre Zielsetzung dahinter: Im Vergleich zur Plastikverpackungsmenge aus dem Jahr 2016 will man bis 2025 nachweislich 20 bis 25 Prozent der Kunststoffverpackungen zu reduzieren. Wir reden da von Einwegverpackungen und einer Reduktion von rund 60.000 Tonnen Plastik. Bei den Plastiksackerln sind es immerhin 5.000 bis 7.000 Tonnen, die vermieden werden sollen. Klingt zu gut, um wahr zu sein? Ist es auch. Denn wo ein Verbot, da gibt es in der Regel eine Ausnahme. Oder gleich mehrere. Da wären Mehrwegtaschen aus Kunststoffgewebe mit vernähten Verbindungen oder Tragegriffen, Müllsäcke, Hundesackerl und Gefrierbeutel. Für Sackerl mit Logos, die schon auf Lager liegen, gilt eine Ablauffrist bis Ende 2020. Und schließlich sind biologisch abbaubare Einwegsackerl aus nachwachsenden Rohstoffen weiter erlaubt. Weil dabei aber kein Mindestpreis für Wegwerfsackerln aus Bioplastik festgesetzt wurde, befürchten die heimischen NGOs schon jetzt, dass die Plastiksackerl eins zu eins mit Alternativen ersetzt werden könnten. Greenpeace-Expertin Nunu Knaller kennt das Worst-Case Szenario: “Die Müllberge verringern sich nicht, nur das Material, das weggeworfen wird, wäre ein anderes.”

Aber sollten sich die Öko-Sackerl nicht schnell auflösen?

Das haben sich deshalb jetzt auch die Wissenschaftler Imogen Napper und Richard Thompson von der Universität Plymouth in Großbritannien gefragt und geprüft, ob biologisch abbaubare, oxo-abbaubare und kompostierbare Kunststoffe wirklich die Lösung gegen die Ansammlung von Plastikmüll und Abfällen  sind. Denn nach wie vor ist nicht klar, was wirklich mit den Materialien in verschiedenen Umgebungen geschieht. Wie prüft man so etwas? Erst einmal kauft man im lokalen Einzelhandel Sackerl aus biologisch abbaubarem Material, kompostierbaren Kunststoffen und aus Oxo-abbaubaren Kunststoffen. Wobei letztere Zusätze enthalten, die das Material schneller zerfallen lassen. Dabei entsteht aber Mikroplastik, das bleibt. Von daher denkt man in der EU über ein Verbot nach. Die Forscher schnitten  die Sackerl in 15 mal 25 Millimeter-Stücke und legten sie in Netze aus Polyethylen mit einer Maschengröße von einem Millimeter. Die vergruben sie im Freien, im Boden und versenkten sie mit Gewicht beschwert im Meer. Nach neun Monaten zogen sie die erste Probe, weitere nach 18 und 27 Monaten. Abgesehen davon legten sie ganze Sackerl  im Freien aus.

Auch nach drei Jahren noch nicht verrottet

Die gute Nachricht zuerst: im Freien funktioniert die Sache wie erwartet. Will heißen: Kein Sackerl brauchte dort mehr als 18 Monate zum gänzlichen Zerfallen. Die Forscher wissen auch warum: “Die schnellere Fragmentierungsrate an der Luft dürfte auf höhere Anteile an ultravioletter Strahlung und Sauerstoff in Kombination mit höheren Temperaturen als in anderen Umgebungen zurückzuführen sein”, konstatieren sie. Genauso lang, nämlich eineinhalb Jahre, brauchten die Sackerl aus kompostierbarem Kunststoff, um sich im Meer aufzulösen. Im Boden blieb er viel länger, nämlich 27 Monate, konnte aber keinen Inhalt mehr tragen. Für Sackerln aus oxo-abbaubarem, biologisch abbaubarem und gewöhnlichem Plastik war das auch nach drei Jahren im Meer oder der Erde kein Problem. Nicht nur, waren sie immer noch nicht verrottet. Man konnte damit sogar noch 2,25 Kilo Gewicht tragen. Ein unschönes Ergebnis. Oder um es in Thompsons Forscherdeutsch zu sagen: “Diese Untersuchung wirft eine Reihe von Fragen auf, was die Öffentlichkeit erwarten kann, wenn etwas als biologisch abbaubar bezeichnet wird”. Er plädiert daher dafür, Normen für abbaubare Materialien zu erstellen. Abgesehen davon sei Abbaubarkeit nicht immer das entscheidende Kriterium. “Für viele Anwendungen, bei denen Kunststoff-Tragetaschen verwendet werden, stellt die Haltbarkeit in Form einer Tasche, die oft verwendet werden kann und wird, eine bessere Alternative dar.”

Plastiksackerl-Verbrauch Jeder Österreicher verbraucht jährlich 45 Plastiksackerl. Inklusive der dünnen Obst- und Gemüsebeutel wird ein globaler Verbrauch von einer Billion Stück geschätzt.