Gute Luise, Schöne Helene, …
Wem zu Birne außer Most nichts einfällt, für den haben heimische Produzenten geschmackvolle, kulinarische Überraschungen, aber auch Saft und Cidre.
Die Birne hat nicht nur wunderbare Namen, sondern sie hat Geschichte, ist ein steter Kulturbegleiter. Die Babylonier verehrten den aus Asien stammenden Birnbaum als heilig. Der antike Dichter Homer beschrieb die Birne als eine Gabe Gottes und im Mittelalter wuchsen neben Stalltüren Birnenbäume, um böse Hexen fernzuhalten. Anno dazumal pflanzte man in Österreich übrigens mehr Birnen- als Apfelbäume, und schon im 17. Jahrhundert kultivierte man auf vielen Streuobstwiesen Mostbirnbäume. Birne ist natürlich nicht gleich Birne. Es gibt über 5.000 Birnensorten, sie gehören zu den Tafelbirnen, Mostbirnen, Kochbirnen, Sommerbirnen, Herbstbirnen, Winterbirnen.
Apropos Sommerbirne: In einem Gedicht von Wilhelm Busch lieben die Freunde Fritz und Ferdinand „beide Nachbars Käthchen“. Aber für wen soll sie sich entscheiden? Und so „…sagte die verschmitzte Dirne: Wer holt mir eine Sommerbirne? Recht saftig, aber nicht zu klein? Hernach soll er der Beste sein.
Ach du arme Birne!
Birnen haben ein feineres Aroma und schmecken aufgrund des geringeren Säuregehalts viel süsser als Äpfel. Ihre Konsistenz ist ganz besonders, denn im gesamten Fruchtfleisch der Birne sind sogenannte Steinzellen verteilt, die sich beim Apfel nur im Kerngehäuse befinden. Laut Statistik Austria essen Menschen in Österreich durchschnittlich sieben Kilo Birnen pro Jahr; im Vergleich dazu 15,6 Kilo Äpfel. Warum bitte schön, beißen wir also öfter in den sauren Apfel als in die süße Birne? Zugegeben, da gibt es schon das ein oder andere Argument. Der Anbau von Birnen ist im Vergleich zum Anbau von Äpfeln wesentlich anspruchsvoller. Viele Birnensorten sind empfindlich und anfällig für Krankheiten. Auch bei der Lagerung ist die Birne kapriziöser als der von uns allseits geliebte Apfel. Das ist aber trotzdem kein Grund, die Birne als Tafelfrucht zu vernachlässigen oder sie gar aus dem Reich der Küche zu verstoßen. Erstens; sie ist eine schmackhafte, regionale Furcht und zweitens; sie ist so was von gesund!
Eine Frucht für starke Nerven
Von allen Kernobstarten hat die Birne den niedrigsten Fruchtsäuregehalt und ist deshalb in gekochter Form als Schonkost für säureempfindliche Menschen besonders bekömmlich. Sie ist, da sie die ganze Palette des Vitamin-B-Komplexes abdeckt, eine nervenstärkende Frucht. Der hohe Anteil dieser Vitamine hat einen positiven Einfluss auf den Kohlenhydratstoffwechsel von Muskeln, Gehirn und Nerven. Die Birne ist eine wahre “Wunderwaffe” gegen Verdauungsstörungen. Durch ihren hohen Kaliumgehalt wirken Birnen entwässernd und sind hilfeich bei Nieren- und Blasenerkrankungen.
Und auch in der Küche …
kann sie mehr, als ihr zugetraut wird; kann mehr als sich zu Kompott verkochen zu lassen oder zerstückelt im Fruchtsalat zu landen. Viele setzten die Birne nach wie vor ganz „klassisch“ auf den Teller. Man denke an „pere al vino rosso“, eine in Gewürzwein gekochte Birne. Klingt vielleicht altmodisch, aber wie so manches Altmodische ist das eben besonders gut. Ebenfalls etwas antiquiert aber immer noch beliebt: eine in Zuckerwasser pochierte und anschließend mit Vanilleeis und Schokoladensauce angerichtet Birne: die Birne Helene. Und wer möchte schon auf die gekochte Birnenhälfte mit dem Löffelchen Preiselbeeren obendrauf zu seinem Wildgericht verzichten? Weil die Birne so eine Süße ist, backen wir sie natürlich am liebsten in den Teig und auf den Teig: Kuchen, Torte, Tarte, Strudel, Crumble, … . Auch zu Mousse oder Sorbet, zu Marmelade, Chutney und Relish wird die Birne gerne verarbeitet.
Keine Angst vor starkem Käse
Die Birne ist ebenso zu herzhaften Taten fähig: passt besonders gut zu kräftigem, reifem Käse, zu Edelschimmelkäsesorten wie Gorgonzola. Ein Vorschlag beispielsweise: Pizza oder Flammkuchen mit roter Zwiebel, Flammkuchen-Thymian-Birne-Gorgonzola. Dabei lässt das Rosengewächs durchaus auch mit sich experimentieren: gedünstet Birne zu Ravioli gefüllt mit Schaffrischkäse, mit Birne verfeinerter Couscous, Kürbis-Bruschetta mit Blattspinat und Birnen, Spätzle mit Speck und Birne, Kartoffel-Birnen Gratin etc…
Prost William!
Die Birne führt also in so mancher Hinsicht ein Schattendasein. Mit einer Ausnahme! Wir lieben den Birnengeschmack in flüssiger Form. Das bestätigt die breite Produktpalette unserer Bauernladenproduzenten. Sie verarbeiten die Birne zu Saft, Nektar, Most, Cider, Edelbrand, Likör und Essig oder zu Balsam-Reduktion. Jeder weiß, kaum eine andere Obstsorte schafft es wie die Williamsbirne, ihren unglaublichen Fruchtgenuss in deutlicher Form ins Edelbrandglas zu transportieren. Und weil die Birne ein geselliges Früchtchen ist, tun sich Birnensaft & Co liebend gern mit den Äpfeln zusammen. Aber auch auf das Zusammenspiel mit der Aroniabeere lassen sie sich gerne ein.
Von wegen birnig …
Linguistisch gesehen bedeutet das Wort ja dumm, blöd, dämlich. Weitere „birnige“ Produkte unserer Produzenten sind im Gegenteil dazu, ziemlich schlau und noch dazu sehr gut! Kletzenmehl oder Birnenmehl wird zum Backen oder fürs Müsli verwendet werden. Getrocknete Birnen (Kletzen) sind besonders beliebt in Kärnten zur Füllung der traditionellen Kletzennudel. Eine pikante Birnensauce schmeckt fabelhaft zu Käse, Wild und Geflügel. Auch die geschmackliche Harmonie von Birne und Schokolade ist verführerisch. Wie wäre es mit einem Schokolade Birnen-Nougat oder einer Bio Zotter Schokolade-Birne-Balsam-Essig. Sogar zum Knabbern sind sie genial; die getrockneten Birnenchips.
Übrigens! Wer bekommt denn nun eigentlich die Gunst des frommes Käthchens? Der schlaue Ferdinand lässt Fritz zum Schütteln auf den Baum klettern und macht sich dann flugs mit einer süßen Birne aus dem Staub. Und so kommt es:
„Die Käthe hat den Fritz geküßt,
Worauf sie eine Birne ißt.
Seit dies geschah, ist Ferdinand
Mit Fritz nicht mehr so gut bekannt.“