Alkohol kann, in Maßen genossen, ein gestörtes Immunsystem günstig beeinflussen. Auch bei Rheuma oder Arthritis kann ein gutes Glas Wein helfen.

Martha und Franz Stopfer führen ihr Weinviertler Weingut seit dem Jahr 2013 nach organisch-biologischen Richtlinien. Sie verbinden das Bemühen um Nachhaltigkeit mit dem Wissen auch um die besondere Kraft des Weines. ©Andrea Knura

Klar: Übermäßiger Alkoholkonsum ist schlecht für die Gesundheit. Moderate Mengen von Alkohol können sich aber unter Umständen günstig auf die Gesundheit auswirken. In einer, in der Fachzeitschrift Nature, veröffentlichten Arbeit zeigt ein Forschungsteam der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Erlangen-Nürnberg, dass Alkohol das Immunsystem in einer sehr spezifischen Art und Weise moduliert und dabei die Entwicklung von Autoimmunerkrankungen hemmt. Ein Studienteam um Prof. Dr. Mario Zaiss vom Lehrstuhl für Innere Medizin III der FAU ist einer weniger bekannten Eigenschaft von Alkohol nachgegangen – seiner Wirkung auf das Immunsystem.

Dabei gibt es in der medizinischen Fachliteratur bereits zahlreiche Hinweise, dass Alkohol ein gestörtes Immunsystem günstig beeinflussen kann: Bereits 1995 wurde berichtet, dass bei Patienten mit einer transplantierten Leber, die einen moderaten Alkoholkonsum aufweisen, das Risiko einer Abstoßungsreaktion deutlich geringer ist als bei abstinenten Personen.

Darüber hinaus haben mehrere große epidemiologische Studien gezeigt, dass regelmäßiger Alkoholkonsum das Risiko für die Entwicklung von Gelenkrheuma, also rheumatoide Arthritis, als auch von Multipler Sklerose senkt. Beide Erkrankungen sind Autoimmunerkrankungen, bei denen das Immunsystem das körpereigene Gewebe angreift und zerstört. Ein wichtiger Faktor in diesem Prozess sind spezielle Immunzellen, die follikulären T-Helferzellen, die in den Lymphknoten und im entzündlichen Gewebe sitzen und Autoimmunreaktionen auslösen.

Wie Alkohol auf das Immunsystem wirkt

In der aktuellen Arbeit konnte das Team nun erstmals zeigen, wie Alkohol überschießende Immunreaktionen hemmt, die zu Autoimmunerkrankungen wie Gelenkrheuma und Multiple Sklerose führen. Demnach wird Alkohol im Körper zum Wirkstoff Acetat abgebaut, der die Funktion follikulärer T-Helferzellen und somit Autoimmunkrankheiten hemmt. Dabei reagieren follikuläre T-Helferzellen offensichtlich sehr empfindlich auf Acetat, das den Stoffwechsel dieser Zellen nachhaltig verändert und die Produktion des Immunbotenstoffes Interleukin-21 unterdrückt.

Alkohol in moderaten Mengen wirkt damit nicht generell immunsuppressiv, sondern vielmehr sehr spezifisch auf eine Sorte von Immunzellen, die als Schaltstelle für das erworbene Immunsystem gilt. Prof. Zaiss gibt jedoch zu bedenken: „Die negativen Effekte übermäßigen Alkoholkonsums sollten auch im Lichte dieser Daten nichtsdestotrotz immer bedacht werden, auch wenn moderater Alkoholgenuss positive gesundheitliche Effekte zeigen und gerade bei Autoimmunerkrankungen einen therapeutischen Immuntoleranzeffekt erzeugen kann.“

Dieser Effekt dürfte insbesondere für die klinische Beobachtung verantwortlich sein, dass bei jenen Patienten mit rheumatoider Arthritis, die regelmäßig Alkohol konsumieren, deutlich seltener Erkrankungsschübe auftreten.

Quelle: Vugar Azizov et al.; „Ethanol consumption inhibits TFH cell responses and the development of autoimmune arthritis”; Nature Communications; 2020