Verena Hagelkruys arbeitet als Imkermeisterin in einer Männerdomäne. „Wir brauchen mehr Imker als Lobby für die Bienen,“ so ihr Credo. 

Imkerin

Imkermeisterin Verena Hagelkruys von Honig & Co ©️Andrea Knura

„Die Biene als nicht domestiziertes Tier hat immer die Führung. Ich muss mich der Biene anpassen,“ erklärt Verena Hagelkruys, die mit der Imkerei und damit mit den Bienen aufgewachsen ist. „Das heißt, ich muss erst das Wesen der Biene verstehen, dann kann ich mich als Imkerin anpassen und erfolgreich mit der Biene arbeiten. Ich muss mich ihr unterwerfen, die Biene ist die Chefin.“ Honig & Co ImkereiMeisterBetrieb Verena Hagelkruys ist ein Familienbetrieb in bereits zweiter Generation von ImkerMeistern. Was sie an der Imkerei besonders schätzt erzählt sie im Interview. 

Was bedeutet naturnahe Imkerei?

Wir sind biozertifiziert. Uns ist es wichtig, möglichst naturnahe zu arbeiten. Deshalb sind unsere Bienenstände so aufgebaut, dass sie wirklich überall in der Natur sind. Wir haben unsere Bienen in Niederösterreich, der Steiermark und im Burgenland stehen, damit wir viele verschiedenen Sorten an Honig, Blütenpollen, Perga und Propolis ernten können. Dabei arbeiten wir immer mit den Landwirten zusammen, also ganz kleinen aber auch großen Gutsbetrieben, die biologisch und naturnahe arbeiten müssen. Es gibt Bauern die bauen ihre Diversitätsflächen so an, dass unsere Bienen die optimale Versorgung haben.

©️Andrea Knura

Was macht ein Bienenvolk aus?

Das Wesen eines Bienenvolkes ist abhängig von der Königin. Jedes Volk setzt sich zusammen aus einer Königin, je nach Jahreszeit 10.000 bis 60.000 Arbeitsbienen und einigen 100 bis 1.000 Drohnen. Im Sommer sind also  rund 60000 Bienen also Individuen im Stock, die extrem gut miteinander arbeiten. Natürlich ist jeder Stock anders. Man kann sich einen Bienenstock so vorstellen: Wenn man den Deckel oben aufmacht ist es so, als würde ich in einem großen Bürogebäude das Dach aufmachen und von oben reinschauen. Drinnen weiß jeder was er zu tun und zu arbeiten hat. Ich schaue eigentlich nur, ob alles in Ordnung ist. Es kommt also darauf an, wie die Chefin ist. Es wird immer alles von der Königin bestimmt. Durch Pheromone lenkt sie ihr Bienenvolk und ist so für Eigenschaften wie Friedfertigkeit oder Honigertrag des Volkes verantwortlich.

Welche Probleme gibt es derzeit in der Imkerei?

Der Klimawandel macht uns und den Bienen zu schaffen. Es wird auch immer über die Varroamilbe gesprochen, Imker haben diese aber, wenn sie ordentlich arbeiten, im Griff. Ein Problem wird wahrscheinlich die Vespa velutina werden. Die Asiatische Hornisse, Vespa velutina (Varietät nigrithorax), wurde aus Südostasien 2004 in Frankreich eingeschleppt. Seitdem breitet sie sich unaufhaltsam in Europa aus. Globalisierung und Klimawandel begünstigen die eingeschleppte Art. Vor den Bienenstöcken lauert sie den heimkehrenden Bienen im Schwebflug auf. Bei hoher Dichte der Asiatischen Hornisse kann es zur Schwächung der Völker und sogar zu Völkerverlusten kommen.

Es wird viel übers Bienensterben gesprochen? 

Das ist nicht ganz so schlimm, denn die Honigbiene hat uns Imker als Lobby. Unsere Aufgabe ist es darauf zu achten, dass der Bienenbestand in Österreich immer gut ist. Wirklich schlimm ist es allerdings bei den Wildbienen, die immer weniger werden, da ihr Lebensraum abhanden kommt. Weltweit wurden bis heute etwa 25.000 verschiedene Bienenarten beschrieben. Die meisten leben einzeln (solitär); nur etwa 10% leben sozial wie unsere Honigbiene. Viele Bienen haben zwar einen Namen, über ihre Lebensweise und Funktion in der Natur ist aber meist wenig bekannt. Als Imker müssen wir uns auch um die Wildinsekten kümmern. Die Honigbiene braucht die Wildbiene übrigens nicht. Sie haben miteinander nichts zu tun, nehmen sich auch keine Tracht weg. Viele Wildbienen sind aber aufgrund ihrer Rüssellänge für die Bestäubung ganz spezielle Kräuter zuständig. Eine Wildbiene bestäubt manchmal nur ein einziges Kraut. Stirbt die Wildbiene aus, wird es bald auch viele Kräuter und Pflanzen nicht mehr geben.

Was macht man als Imkerin in einer Männerdomäne?

Ich bin im Meisterbeirat der Landwirtschaftskammer Niederösterreich als Vertretung der Imker. Ich war bis letztes Jahr im Vorstand von „Biene Österreich“. Es war mir immer wichtig als Frau Anteil zu haben. Die Imkerei ist von Männern dominiert, weil es auch eine körperlich schwere Arbeit ist. Meine Lehrlinge sind auch lauter Burschen. Wir merken jetzt aber bei den Grundkursen, dass immer mehr Frauen Interesse zeigen. Imkerei ist ein schönes Hobby für Frauen, als Ausgleich zum stressigen Alltag. In der Erwerbsimkerei selber gibt es weniger Frauen. Wir sind aber alle sehr gut vernetzt und arbeiten miteinander, was sehr wichtig ist. Es braucht auch noch viel mehr Imker oder Imkerinnen in Österreich. Zur Zeit schaffen wir es, rund 40 Prozent des heimischen Honigbedarfs selbst zu decken. Also: Es kann einfach jeder mit der Imkerei anfangen. Wie das geht? Wir bieten Grundkurse an. Das ist ein Tag für die Theorie und dann gibt es noch sechs Praxiseinheiten, die man am Bienenstand arbeitet. Das kann man auch zu Hause am eigenen Stock machen oder bei unseren Stöcken mitarbeiten. In jedem Fall wird man über das Bienenjahr begleitet.

Honig & Co Verkaufsstellen in Wien gibt es im 10. und 21. Bezirk im EKAZent GrossfeldZentrum sowie HansonZentrum. Die aktuellen Markttermine sind (demnächst) online zu finden.