Die österreichischen Gemüse- und Obstbauern müssen unter herausfordernden Bedingungen agieren – vor allem der Preisdruck schmerzt sehr.

Mann erntet Kopfsalat

Viele Gemüsekulturen müssen per Hand geerntet werden. Dafür gibt es keinen Roboter. ©LK OÖ/Stefan Hamedinger

Auch über die Corona-Krise hinaus braucht es das klare Bekenntnis der Konsumenten zu regionalen Lebensmitteln. Denn die regionale Erzeugung und Vermarktung von Lebensmitteln schafft und sichert unmittelbar Arbeitsplätze in der Region, von der Landwirtschaft über das Lebensmittelhandwerk bis zum Lebensmittelhändler. Zehn Prozent mehr regionaler Einkauf sichert rund 20.000 Arbeitsplätze, lautet die Faustregel. Um den heimischen Gemüsebau nachhaltig abzusichern, braucht es daher nicht den Griff zu den billigsten, sondern vielmehr zu den besten, regional produzierten Gurkerln oder Erdbeeren!

Nicht „nur“ die anhaltende Trockenperiode im Frühjahr, sondern auch die fehlenden helfenden Hände bereiten großes Kopfzerbrechen: Aktuell sind sehr viele Obst- und Gemüsebauern auf die jahrelang auf den Höfen tätigen Schlüsselarbeitskräfte aus der Ukraine oder aus dem Kosovo angewiesen. Angesichts der Einreisebeschränkungen können Erntehelfer aber derzeit praktisch nur über den Luftweg nach Österreich reisen. Der reguläre Flugbetrieb in der Ukraine ruht, Charterflüge aus dem Land bedürfen derzeit einer Sonderbewilligung der ukrainischen Regierung. Viele bewährte Helfer aus dem Kosovo sind seit Ende Februar mit einer aufrechten Beschäftigungsbewilligung des AMS ausgestattet. Sonderflüge wären prinzipiell möglich, doch eine Einreise ohne das dafür notwendige Visum nicht – und die österreichische Botschaft in Skopje ist geschlossen.

Gemüseanbau ist Handarbeit

Frau am Erdbeerfeld, Erdbeerpflückerin

Foto: LK OÖ/Stefan Hamedinger

2019 haben beispielsweise in Oberösterreich 160 Betriebe den erwerbsmäßigen landwirtschaftlichen und gärtnerischen Gemüseanbau auf einer Gesamtanbaufläche von etwa 1.818 Hektar (inkl. Mehrfachnutzung) betrieben. Trotz des enormen internationalen Druckes können die Gemüseanbauflächen in Oberösterreich auf hohem Niveau gehalten werden: Die Anzahl der erwerbsmäßigen Gemüseanbaubetriebe ist leicht rückläufig, allerdings gibt es in den letzten zwei Jahren immer mehr Neuinteressierte bzw. Anfragen und Beratungen für einen Neueinstieg in diese trendige Sparte.

Eine Besonderheit am Gemüseanbau etwa im Eferdinger Becken ist die Personalintensität: Es handelt sich um Kulturen, für deren Beerntung keine Maschinen existieren. Es gibt keinen Spargelstechroboter, keinen Mähdrescher für Erdbeeren und keinen Automaten für die Ernte von Kopfsalat oder Zucchini. „Viele Menschen möchten helfen, in Vollzeit sind im Bezirk aber gerade einmal 68 Menschen auf der Plattform angemeldet“, erklärt Efko-Geschäftsführer Klaus Hraby. „Benötigt werden zur Erntezeit mehr als 800 Menschen. Hier führt kein Weg an ausländischen Arbeitskräften vorbei, besonders wenn die Wirtschaft in Österreich jetzt wieder ihre Leute braucht.“ In den vergangenen Jahren haben vermehrt Erntehelfer aus Drittstaaten, also von außerhalb der EU, bei unseren Landwirten „angedockt“. „Im Vergleich zu Mitbewerbern aus Deutschland, Italien oder Spanien, wo mit Erntehelfern z.B. aus Marokko oder Pakistan gearbeitet wird, kann nur mit gut geschultem und aus Vorperioden noch gut eingearbeiteten Stammpersonal entgegenhalten werden“, sagt Hraby.

„Unsere“ Stärke liegt in der großen Vielfalt der Gemüsearten zur regionalen Vermarktung und saisonalen Verarbeitung. Die Gemüseanbaufläche mit durchschnittlich zehn Hektar je Betrieb ist im Vergleich zu den Hauptgemüseländern in Europa (Holland, Spanien, Italien etc.) hingegen sehr niedrig und ein Zeichen dafür, dass sehr viele dieser Betriebe den Gemüseanbau im optimalen Fruchtwechsel zu anderen Ackerbaukulturen ausüben. Allein die 160 oberösterreichischen Gemüsebaubetriebe sichern durch ihre Bewirtschaftung und Investitionstätigkeit rund 500 familieneigene Arbeitsplätze in der Region und beschäftigen rund 800 Arbeitnehmer ganzjährig. In den nachgelagerten Bereichen der heimischen Wirtschaft sowie am Dienstleistungssektor sichern sie weitere rund 1.500 – vorwiegend oberösterreichische – Arbeitsplätze“, erläutert der Obmann des Verbandes der Obst- und Gemüseproduzenten OÖ, Ewald Mayr. „Der handarbeitsintensive Gemüseanbau ist weltweit auf ausländische Saisonarbeiter und Erntehelfer angewiesen – bei uns hauptsächlich aus der Ukraine, dem Kosovo sowie aus Polen und Rumänien.“ Der kollektivvertragliche Lohn für diese vollversicherten Landarbeiter in Österreich ist einer der höchsten in Europa und liegt bei einer Beschäftigungsdauer von über sechs Monaten pro Jahr und 40 Stunden pro Woche bei derzeit 1.420 Euro brutto monatlich.

Regionale Hauptgemüsearten

Die Anbauschwerpunkte liegen deutlich bei Kohlgemüsen, Salaten, Gurkengewächsen und Wurzelgemüsearten. Innerhalb von Österreich sind die oberösterreichischen Gemüseproduzenten beim Anbau von z.B. Frisch- und Sauerkraut, Brokkoli, Bierrettich, Kopf- und Eissalat, Feld-, Senf- und Einlegegurken, Roten Rüben, Sellerie, Spargel, Speisekürbis, Zucchini, Porree und Zuckermais marktführend bzw. marktbedeutend. Und die Palette der Gemüsearten wächst jährlich: Neue trendige Früchte wie z.B. Jungknoblauch, Salatherzen oder auch Speisepilze sind immer stärker vertreten. „Der aktive Konsument, der regionale österreichische Ware bevorzugt, kann durch Nachfragen eine schnellere Umstellung in den Regalen auf frische heimische Ware unterstützen“, rät Mayr. „Legen Sie Wert auf die Herkunft und unterstützen Sie die frische Qualität unserer Obst- und Gemüsevielfalt!“ Das gilt auch für Früherdäpfel: Achten Sie im Handel auf die echten Heurigen!

Die oberösterreichischen Gemüseproduzenten produzieren zu 100 Prozent nach den strengen AMAG.A.P.-Richtlinien bzw. den AMA-BIO Richtlinien. Der Anteil des Biogemüseanbaues beträgt laut Bio Austria bereits stolze 27 Prozent der Anbaufläche, das sind ca. 490 Hektar – Tendenz steigend. Regelmäßige Aufzeichnungen, Schulungen und Betriebsevaluierungen gehen dabei mit mehreren Betriebskontrollen jährlich hinsichtlich Düngung, Pflanzenschutz, Bewässerung, Hygiene, Fremdarbeitskräftebeschäftigung und Warenfluss am Markt einher.

Beim geschützten Gemüseanbau in Folientunnels und Glashäusern werden hauptsächlich von Direktvermarktern Tomatenraritäten, Gurken, Paprikas, Pfefferonis, verschiedene Melanzani und eine große Sortenanzahl an würzigen bis scharfen Chilis geerntet. Einige Betriebe produzieren in den Folienhäusern auch Jungpflanzen für den eigenen Freilandanbau bzw. für den Ab Hof-Verkauf. Nicht zu vergessen ist im Herbst die zunehmende Beliebtheit der Speise- und Zier- sowie der Ölkürbisse. Gewürz- und Heilkräuter wie Schnittlauch, Petersilie, Dill, Minze, Melisse, Borretsch, Salbei, Oregano, Thymian, Basilikum, Rosmarin, Liebstöckel und Estragon runden das vitaminreiche Angebot ab.

Noch ein Know-how-Tipp

Auf der Homepage www.gemueselust.at wurde im Auftrag vom Verband der Obst- und Gemüseproduzenten und des Regionalentwicklungsverbandes Eferding eine Studie der Fachhochschule Wels eingearbeitet. Unter dem Button „Gemüse-Apotheke“ erhält man wichtige Informationen über sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe, über Wirkung von Pflanzeninhaltsstoffen auf Krankheiten, über Krankheitsbilder und dergleichen mehr. Und auch die vielen Erläuterungen zu den einzelnen Gemüsearten oder die Rezeptdatenbank sind auf interessierte Konsumenten abgestimmt!