Die Supermärkte könnten bald mit einem Gesetz konfrontiert sein, das ihnen das Wegwerfen von noch essbaren Lebensmitteln untersagt. Das gefällt nicht allen.

Bei den “Tafeln”, die viele unverkäufliche Waren erhalten, glaubt man nicht an ein gesetzliches Wegwerfverbot. © D.Schwelle

80.000 Tonnen an Produkten werden vom Handel jährlich ausgebucht, nur 12.000 Tonnen an Bedürftige weitergegeben. Diese Zahlen brachte die ehemalige Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger gerade auf’s Tablett. In der nächsten Legislaturperiode solle daher ein Verbot beschlossen werden, sagt Köstinger, “das zumindest für große Supermärkte gilt”. Ein Modell, wie das gehen soll, will man dann zusammen mit dem Handel erarbeiten. Der will aber nicht, wie es aussieht. Ein gesetzlich verankertes Wegwerfverbot? Da stemmt sich die Wirtschaftskammer schon vor der Wahl dagegen und argumentiert die Ablehnung wieder einmal mit mehr Bürokratie und hohen Kosten.

Ein Wegwerfverbot? Geht gar nicht.

Im übrigen funktioniere die Sache mit dem Nicht-Wegschmeißen ohnehin schon. Man reduziere die anfallenden Abfälle freiwillig, so Handel-Spartenobmann Peter Buchmüller. Er erzählt von Lebensmitteln, die an soziale Einrichtungen abgegeben werden, ebenso wie von einem verbilligten Angebot von Brot und Gebäck vom Vortag, der Verringerung des Frischwarenangebots vor dem Zusperren, oder davon, dass Obst und Gemüse als Güteklasse II billiger verkauft wird. Außerdem komme altes Brot und Gebäck bei der Bierherstellung zum Einsatz. Innovationen wie diese gebe es mehrere. Laut seiner Rechnung, die auf Zahlen des Landwirtschaftsministerium basiere, hat man 12.250 Tonnen noch genussfähige Lebensmittel an soziale Einrichtungen weitergeben und 10.000 Tonnen an nicht verkäuflichen Lebensmitteln als Tierfutter oder zur Futtermittelherstellung verwertet.

Sind gesetzliche Regelungen ineffizient?

Eine Institution, der noch essbare, aber unverkäufliche, Nahrungsmittel zugutekommen, sind die so genannten “Tafeln”. Die Wiener Tafel – ein Verein für sozialen Transfer – rettet bis zu drei Tonnen Lebensmittel pro Tag vor dem Müll und versorgt mit den Warenspenden von Handel, Industrie und Landwirtschaft 19.000 Armutsbetroffene in rund 100 Sozialeinrichtungen im Großraum Wien. Kürzlich hat man mit den Experten der internationalen Pendants auch Konzepte zur Lebensmittelabfallvermeidung diskutiert. Die größten Erfolge bei der Rettung von Lebensmitteln scheint ein ähnlicher Weg wie in Italien mit einer gesetzlichen Verschlankung (Gadda Law) und Vereinfachung der Lebensmittelweitergabe (Good Samaritan Law) zu bringen, gepaart mit Anreizmodellen wie Steuererleichterungen und gezielten bewusstseinsbildenden Programmen. Andreas Schmölzer, Sachverständiger für Lebensmittelhygiene und Ernährungswissenschafter, sieht das in einem kürzlich veröffentlichten Gutachten sehr ähnlich. Er sagt, dass sich gesetzliche Regelungen wie in Frankreich und Tschechien in weiten Bereichen als ineffizient und kontraproduktiv herausgestellt haben. Was auf den ersten Blick sinnvoll scheint, sei bei näherer Betrachtung ohne gesetzliche Vorgaben für die Schaffung der nötigen Infrastruktur kontraproduktiv. “Bei tatsächlicher Exekution können extrem große Mengen an Warenspenden in teilweise fragwürdiger Qualität anfallen, die von den karitativen Organisationen übernommen und verteilt werden sollen. Ohne die nötigen Lager- und Sortiermöglichkeiten, Transportmittel und Logistiklösungen zur Verfügung gestellt zu bekommen, können die dazu nicht in der Lage sein.”

Was jeder einzelne tun kann

Der Lebensmittelverschwendung entgegentreten müssen freilich nicht nur Supermärkte. Jeder einzelne kann und muss wohl auch künftig seinen Beitrag zu diesem Thema leisten. Wie kreativ der sein kann, zeigt unsere Gast-Autorin Rita Davidson. Sie hat uns unter anderem beigebracht, wie übriger kalter Kaffee zu einem perfekten Frühstück für die Haut werden kann und warum es die Reste vom Holler-Einkochen mit Botox aufnehmen können. Denn es gilt: Nur durch kleine Beiträge eines jedes Einzelnen von uns lassen sich die großen, globalen Probleme wirklich nachhaltig lösen.

Alle Antworten der antretenden Parteien zum Thema Lebensmittelverschwendung sowie das Gutachten von Andreas Schmölzer finden Sie  übrigens zum Nachlesen unter www.wienertafel.at

Alle Beauty-Antworten von Rita Davidson zum Verschwendungsthema finden Sie unter www.bydavidson.at