Die uralte Kulturpflanze Hanf erlebt ein Revival. Und das nicht nur als wertvolle Nährstoffquelle mit nussigem Geschmack, sondern auch als “Hanferne”.

Es gibt über 50 verschiedene Hanfsorten. ©unsplash

Was fällt Ihnen spontan zu Hanf ein? Naja, wahrscheinlich nicht Mehl, Öl, Cider, Seile oder Hosen. Hanf hat in den letzten 100 Jahren vor allem als Droge unser kollektives Bewusstsein geprägt. Dabei ist Hanf eine alte Kulturpflanze und vielfach in Verwendung. Heute kochen wir auch wieder damit. Sie fragen sich sicherlich wie die Pflanze, mit ihrem zweifelhaft Ruf, den Sprung in unsere Küchen geschafft hat? Nun ja. Hanf ist nicht gleich Hanf. Die indische Hanfart Cannabis indica spielt eine bedeutende Rolle als Drogen- und Medizinpflanze. Sie darf aber nicht mit dem THC-armen Nutzhanf Cannabis sativa in einen Topf geworfen werden. Der eignet sich  gar nicht für die Herstellung von Haschisch oder Marihuana. Mittlerweile wurden über 50 Hanfsorten, unter Einhaltung bestimmter Vorschriften, für den Nutzanbau von der EU zertifiziert.

Auf dem kulinarischen Cannabis Trip

Hanfbrot hat einen angenehm nussigen Geschmack. ©Andrea Knura

Wir kochen also mit Nutzhanf. Die von uns bevorzugten Produkte aus Hanf sind der Samen und das daraus gewonnene Mehl sowie Öl. Unser Werken in der Küche ist somit nicht illegal, auch besteht keine „berauschende“ Gefahr. Aber Achtung! Ein gewisser Suchtfaktor ist schon gegeben. Denn Hanf hat einen wunderbar süßlichen, leicht nussigen Geschmack. Hanfsamen geben Müsli, Salat, Joghurt und Pesto den fehlenden “Crunch”. Hanfmehl ist eine gute Alternative zu Weizenmehl. Der hohe Anteil an Kohlenhydraten bewirkt, dass das Hanfmehl wesentlich schneller satt macht und das Sättigungsgefühl auch länger anhält. Beim Backen sollte man allerdings nur rund 15 Prozent des Mehles durch Hanfmehl ersetzen. Das im Weizenmehl enthaltenen spezielle Kleber-Eiweiß fehlt dem Hanfmehl nämlich. Hanfmehl wird weiter verarbeitet zu Nudelprodukten, Brot, Chips und Crackern. Das Hanföl wiederum zaubert den besondern Geschmack des Hanfs auf Salate. Die getrockneten Blüten und Blätter der Hanfpflanze werden als Tee vermarktet. Die Hanfsamen werden zum Knabbern geröstet und gewürzt. Es gibt handgeschöpfte Schokolade, Nougatcremen und Müsliriegel mit Hanf. Sogar im Cider findet man ihn. Und selbst ein Stück Käse kann sich im Hanfblatt-Mantel verstecken. Und dann gibt es noch Trinkhanf. Sieht aus wie Milch und kann als pflanzlicher Milchersatz verwendet werden. 

Was steckt drin?

Die Erhebung zum Superfood verdankt der Hanf aber vor allem seinen Inhaltsstoffen und seiner günstigen biologischen Zusammensetzung. Besonders Vegetarier sollten zu Hanf greifen. Denn er ist eine außergewöhnlich gute Eiweißquelle. Hanfsamen haben einen hohen Ballastoffgehalt, sind reich an Vitamin E, Vitamin B2 und Spurenelemente, Magnesium, Kalzium und Eisen und enthalten alle neun essenziellen Aminosäuren. Hanf enthält weiters Omega-3 und Omega-6 Fettsäuren in einem ausgewognen Verhältnis. Die im Hanf vorkommende Gamma-Linolsäure, eine der wichtigsten Fettsäuren, wirkt hormonregulierend und entzündungshemmend. Hanf aktiviert und unterstützt den Stoffwechsel und fördert die Entgiftung. Diese positiven Eigenschaften wirken besonders bei Neurodermitis, Rheuma und andere entzündliche Erkrankungen. 

Hanf gehört zu den ältesten und vielfältigsten Kulturpflanzen

Seine Heimat ist Zentralasien, das heutige Kasachstan. Erste Funde von Hanfsamen stammen aus ca. 2500.v.Chr. Hanf wird in den verschieden Hochkulturen auch immer wieder als Heilmittel erwähnt; gegen Malaria, Rheuma und andere Unpässlichkeiten. Im antiken Giechenland half der Saft der Hanfsamen gegen Ohrenschmerzen. Vom Mittelalter bis in die Neuzeit wurden aus Hanf Mittel zur Linderung von Wehenkrämpfen und nachgeburtlichen Schmerzsypthomen gewonnen.

Es ist aber vor allem die Nutzung der Hanffaser für Textilien, die Geschichte geschrieben hat. In China wurden etwa 2.800 v. Chr. die ersten Seile der Welt aus Hanffasern gedreht und etwa 1000. v.Chr. das erste Papier der Welt geschöpft. Das älteste Hanftextil wird auf 1000 v. Chr. datiert. In Europa erlebt der Hanf seine Blütezeit im 17. Jahrhundert, zu den Hochzeiten der Segelschiffahrt. Aufgrund der Reiß- und Naßfestigkeit von Hanf wurden die Seile, Netze, Takelwerke, Flaggen bis hin zu den Uniformen der Seeleute aus Hanf hergestellt. Bis ins 18. Jahrhundert war Hanf neben Flachs und Wolle ein Rohstoff der europäischen Textilindustrie.

Mit der Industrialisierung  und dem Rückgang der Segelschifffahrt verlor der Hanf allerdings in Europa an Bedeutung. Er musste der Baumwolle Platz machen sowie dem aus Holz hergestelltem Zellstoff. Importierte Fasern wie Jute, Sisal oder Hanf aus Russland  und schliesslich auch durch synthetischen Fasern liessen den Hanf in Vergessenheit raten. Gleichzeitig geriet der Nutzhanf infolge der Marihuana-Prohibiton unter Druck. In vielen Ländern wurde Cannabis illegal. Vom Verbot umfaßt waren nicht nur der THC-haltige Drogenhanf sondern auch der Nutzhanf, der nur verschwindend geringe Mengen an THC enthält. Dieses Verbot wurde erst in den 90iger Jahren in vielen Ländern wieder aufgehoben und die Hanfasern aber auch der Hanfsamen wiederentdeckt. Und damit wären wir auch bei der Lederhose. Die gibt es nämlich tatsächlich auch aus Hanf , und ist damit die Hanferne.

Die Hanferne von Goessl auf ihrer Reise von München bis ans schwarze Meer.Stand-up-Paddler Pascal Rössler paddelte von München bis ans Schwarze Meer. Seine Mission: Spenden zum Schutz des Wassers zu sammeln.©Goessl

Was bedeutet THC und CBD?

Die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) erklärt: “Für die Lebensmittelerzeugung dürfen grundsätzlich nur Hanfvaritäten verwendet werden, deren THC-Gehalt unter O,3 % liegt, die also nicht unter das Suchtmittelgesetzt oder die dementsprechende Verordnung fallen. Die Untersuchung auf den THC-Gehalt während des Anbaus erfolgt zu jener Zeit, bei der die Hanfplfanze am meisten THC produziert hat (Ende der Blütezeit).”  Tetrahydrocannabinol (THC) gehört neben dem Cannabidiol (CBD) zu den geläufigsten Cannabinoiden, von denen mehr als 100 bekannt sind. Fast alle kommen auf natürliche Weise in der Cannabispflanze vor. THC hat bei höherer Dosis eine psychoaktive Wirkung, im Gegensätze dazu zeigt CBD eine gegensätzliche Wirkung: antipsychogen, sogar antipsychotisch. Deshalb ist CBD auch legal und wird von Hanfshops und anderen Anbietern vertrieben. THC unterliegt dem Suchtmittelgesetz und darf ausschliesslich von Ärzten verschrieben werden. Die Hanfpflanze verwendet ihr THC übrigens um natürliche Feinde wie Viren, Bakterien und Parasiten abzuwehren. Besonders reich an THC sind die unbefruchteten weiblichen Blütenstände, der THC-Gehtalt der übrigen Pflanzenteile ist weitaus geringer. In den Samen der Pflanzen ist kein THC enthalten.