Zu oft steckt kein Bio drin, wo in Gasthäusern und Hotels damit geworben wird, sagen die Biowirtinnen. Sie fordern endlich eine verpflichtende Kennzeichnung.

Andreas Hubmer wittert viele schwarze Schafe unter den Wirten, die mit Bio werben, ohne dass Bio drin ist. ©A. Hubmer

Sie sind sauer. Richtig sauer. Die heimischen BiowirtInnen. Was ist passiert? Der Kragen ist ihnen geplatzt, weil der Bioboom, an dem längst auch die Hotels und Gastronomiebetriebe teilhaben wollen, ihrer Meinung nach zu viele schwarze Schafe mit sich bringt. Noch immer fehle eine verpflichtende Zertifizierung in der Gastronomie. Betriebe würden Bio ausloben, ja teilweise den Begriff „Bio“ sogar im Unternehmensnamen tragen, bei genauerem Hinsehen stelle sich jedoch heraus, dass Bioprodukte nur zu einem verschwindenden Anteil oder gar nicht eingesetzt werden. Das Nachsehen? Haben die Konsumenten, denn die vertrauen darauf, dass dort wo Bio draufsteht auch Bio drin ist. Obmann Gerald Hubmer zitiert dazu eine Studie, “die wir zusammen mit der AMA, den Biohotels und den Ramsauer Bionieren bei der Boku Wien vor etwa einem Jahr in Auftrag gegeben haben, die das ganz klar gezeigt hat.“ Die beiden genannten teilen die Aufregung übrigens.

Warum steht die Kennzeichnungs-Mühle?

Für die Etablierung eines transparenten Systems im Sinne der Konsumenten, das Sicherheit über den tatsächlichen Einsatz von Bio-Lebensmittel gewährleistet, benötigt es die Zustimmung der Wirtschaftskammer Österreich. Die blockiert aber offenbar. Jedenfalls sagen die BiowirtInnen, dass die bisherigen Gespräche mit Vertretern des Fachverbandes Gastronomie in der Wirtschaftskammer Österreich keinen Anlass zur Hoffnung geben. Im Gegenteil, die Zeichen stünden auf Ablehnung. Das nervt die Betroffenen verständlicher Weise.

WKO: “Kontrollpflichten hätten negative Auswirkungen.”

Andreas Ista (WKO) nimmt Stellung:

Schützen Sie die schwarzen Schafe?

“Darum geht es nicht. Falsche Kennzeichnung ist kein Kavaliersdelikt und sowohl lebensmittel- als auch strafrechtlich zu ahnden. Uns geht es um die größtmögliche Flexibilität im überwiegenden Interesse der Mitgliedsbetriebe des Fachverbandes.”

Warum sind sie denn genau gegen eine Bio-Kennzeichnungspflicht?

“Für die Branche stellt der Status Quo eine sinnvolle Lösung dar, da er Betrieben ein gewisse Flexibilität bietet, saisonale Speisen in Bio Qualität in die Speisekarte aufzunehmen und diese auch entsprechend zu bewerben, ohne einen Kontrollvertrag abschließen zu müssen.”

Was würde im Fall von Kontrollverträgen passieren?

“Umfrangreiche Kontrollpflichten hätten nachteilige Auswirkungen auf Lieferantenbeziehungen in der Region und könnten insbesondere auch für die Bio Landwirtschaft große Probleme nach sich ziehen. Viele Gastronomen werden den Preis für Bio Ware ohne die Möglichkeit einer Bewerbung nicht zahlen können (und werden sich auch nicht zertifizieren lassen). Das Ergebnis wäre ein Rückgang der regionalen Kooperationen, welcher der Marke Bio ziemlich sicher stärker schaden würde, als die Beibehaltung der jetzigen Rechtslage.” Und: europarechtliche Vorgaben würden (Anm.: zum Schaden der Wirtschaft) übererfüllt (gold plating). Das steht den Entbürokratisierungsbestrebungen diametral entgegen.

Hubmer dazu: „Bioprodukte werden in allen Bereichen streng kontrolliert. Vom Erzeuger über den Handel und den Verarbeiter müssen sich alle Beteiligten der Überprüfung einer akkreditierten Kontrollstelle unterwerfen. Es ist niemandem zu erklären, warum gerade die Gastronomie dabei eine Ausnahme bleiben soll!“ Die BiowirtInnen fordern daher zusammen mit den Ramsauer Bionieren und den heimischen Biohotels die rasche Einführung einer Zertifizierungspflicht in der Gastronomie. Rückendeckung bekommen die BiowirtInnen von Sebastian Bohrn Mena, dem Geschäftsführer des Tierschutzvolksbegehrens (TSVB).  “Wer sich entscheidet mit Bio zu werben, damit Vertrauensvorschuss und Zahlungsbereitschaft der Konsumenten nutzt, soll sich auch prüfen lassen müssen”, sagt er. Nur so sei sichergestellt, dass hohen Standards entsprochen und vorsätzliche Täuschungen unterbunden werden. “Derzeit fehlt diese Verbindlichkeit, wodurch echten Bio-Betrieben ein wirtschaftlicher Schaden, der Bio-Branche ein Imageschaden und Konsumenten mitunter ein gesundheitlicher Schaden entsteht. Der Bio-Standard erfülle viele Forderungen des Tierschutzvolksbegehrens und sollte daher besser geschützt und in seiner Verbreitung dadurch gefördert werden“ so Bohrn Mena. Schließlich seien biologisch erzeugte Lebensmittel tierfreundlicher, so ist etwa das Töten der männlichen Küken ebenso verboten wie der Einsatz genmanipulierter Futtermittel, die Bedingungen bei Platz, Licht  und Komfort sind besser. “Sie sind aber auch umwelt- und klimaschonender, was gerade angesichts von Artensterben und Klimakrise immer wichtiger wird. So spart die Bio-Produktion in Österreich jährlich 180.000 Tonnen an CO2 ein und ist weniger schädlich für Gewässer und Böden.” Bei Bio Austria rennt man mit der Forderung offene Türen ein. Setzt man sich doch selbst seit vielen Jahren für eine verpflichtende Zertifizierung bei Verwendung und Auslobung von Bio-Zutaten ein, scheiterte aber ebenfalls am Widerstand der Branchenvertretung. “Derzeit kann jeder Gastronomiebetrieb Bio einfach in seine Speisekarte oder auf seine Website schreiben ohne eine entsprechende Zertifizierung haben zu müssen. Ob in der Küche tatsächlich Bio-Lebensmittel eingesetzt werden und die Auslobung korrekt erfolgt, ist letztlich unzureichend überprüfbar”, so Obfrau Gertraud Grabmann. Sie kritisiert, dass die Gäste erhebliche Abstriche bei der Transparenz der Zutaten ihrer Mahlzeiten in Kauf nehmen müssen. “Darüber hinaus führt die bestehende Situation zu einer Wettbewerbsverzerrung zu Lasten derjenigen Betriebe, die sich bereits freiwillig einer Bio-Zertifizierung unterziehen.”

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