Rund 40 Prozent der Arten rund um den Globus sind vom Aussterben bedroht – schuld daran ist in erster Linie natürlich die Gattung homo sapiens.

Blumenstrauß wird in einer Vase arrangiert

Menschen lieben Pflanzen und dennoch sind wir für ihr Sterben verantwortlich. ©Andrea Knura

Die bunte Welt der Pflanzen verliert an Farbe: Schon zwei von fünf Arten sind vom Aussterben bedroht. Das berichten 210 Botaniker aus 42 Ländern in ihrem jährlichen State of the World’s Plants Report.

Noch 2016 konstatierten die Forscher der Kew Gardens in London, dass „nur“ eine von fünf Pflanzenspezies betroffen sei. Mittlerweile gibt es feinere Analysemethoden und präzisere Einschätzungen. Für ihre neue, noch viel besorgniserregendere Analyse teilten die Wissenschafter die Pflanzenarten in verschiedene Risiko-Kategorien ein. So zählen zu den besonders gefährdeten Arten u.a. der in Brasilien vorkommende Baum Abarema filamentosa oder die in Lateinamerika heimische Engelstrompete Brugmansia sanguinea, die in freier Wildbahn bereits nicht mehr vorkommt.

Es geht um rund 150.000 Arten

Bei der letzten „Zählung“ „kannten“ die Botaniker global rund 390.000 Pflanzenarten. Wobei: „Es gibt immer noch tausende Pflanzenspezies, die unbekannt sind“, sagt die Wissenschaftlerin Kathy Willis von der Kew Royal Botanic Gardens in London. Knapp 370.000 davon blühen. Grob gerechnet geht es demnach um das mögliche „Verschwinden“ von nicht weniger als rund 150.000 Arten. „Pflanzen sind die Basis allen Lebens auf der Erde, sie liefern saubere Luft, Wasser, Nahrung und Brennstoff“, versichert Willis’ Kollege. Stephen Hopper. „Das gesamte Tierleben hängt von ihnen ab – und wir auch!“

In einem einzigen Jahr kommen durchschnittlich 2.000 „neue“ Spezies dazu, darunter immerhin auch solche Prachtexemplare wie die 45 m hohe Baumart Gilbertiodendron maximum in Gabun, 90 neue Begonien-Arten oder die in Brasilien lebende fleischfressende Pflanze Drosera magnifica. Die meisten Neuentdeckungen gibt es in Australien, Brasilien und China gegeben, wo aber nur wenige Maßnahmen für die Konservierung der Flora durchgeführt werden (können). Knapp 18.000 bekannte Pflanzen haben einen medizinischen Nutzen.

Schuld ist der Mensch

Wenig überraschend ist der Einfluss des Menschen einer der Hauptgründe für das Artensterben. So reduziert etwa die Rodung der Regenwälder den Lebensraum der Fauna (und Flora) höchst bedrohlich. Die Abholzung macht weltweit rund 21 Prozent des Risikos für die weltweite Vegetation aus, Bauarbeiten etwa 13 Prozent.

Als größte Bedrohung nennen die Wissenschafter jedoch die Landwirtschaft mit etwa 31 Prozent des Gesamtrisikos. Klimawandel und Wetterextreme machen ca. vier Prozent des Risikos aus – allerdings räumen die Forscher ein, dass die Auswirkungen des Klimawandels noch nicht endgültig erfasst sind. Weitere Bedrohungen für Pflanzen gehen von Schädlingen, Dammbau und Bränden aus. Auch invasive Spezies, die sich in fremder Umgebung ausbreiten und einheimische Pflanzen verdrängen, setzen sich vielerorts durch. Dazu zählen die Wissenschafter rund 5.000 Arten.

Summa summarum ist es also mehr als verständlich, dass die Wissenschaftler fordern, dem Artenschutz von Pflanzen ebenso große Aufmerksamkeit zu schenken wie jenem bei Tieren!

Denn auch das Eis hilft oft nicht

Auch die Taktik, „auf bessere Zeiten zu warten“, hat ihre Schattenseiten. Zwar sollen in Saatgutbanken die Samen bedrohter Pflanzen für die Nachwelt bewahrt werden – doch bei etlichen Spezies dürfte dies schwierig werden. Es eignen sich nämlich erstaunlich viele Pflanzensamen gar nicht zur Lagerung in solchen modernen „Arche Noahs“: Sie überstehen das für die Konservierung im Eis nötige Trocknungsverfahren nicht, wie im Fachmagazin „Nature Plants“ berichtet wurde.

Im arktischen Eis z.B. auf Spitzbergen lagern inzwischen Saatkörner von Weizen, Reis und Co., um im Katastrophenfall die Nachzucht wichtiger Nahrungspflanzen zu ermöglichen. In ihrer „Globalen Strategie zum Schutz der Pflanzen“ haben sich die Vereinten Nationen zum Ziel gesetzt, etwa 75 Prozent der weltweit am stärksten bedrohten Spezies in solchen eisigen Tresoren zu konservieren. Doch ist das überhaupt möglich? Forscher haben jüngst Schätzungen veröffentlicht, nach denen zahlreiche Pflanzenarten Samen produzieren, die sich womöglich gar nicht zur Lagerung in Saatgutbanken eignen – darunter z.B. auch Nahrungspflanzen wie Kakao und Mango.

Laut Sarah Wyse von der Lincoln University im neuseeländischen Canterbury produzieren 36 Prozent der von der Weltnaturschutzunion als „stark vom Aussterben bedroht“ klassifizierten Pflanzenarten produzieren Samen, die nicht austrocknungsresistent sind. Das bedeutet: Sie überstehen keinen Trocknungsprozess und können somit auch nicht nach dem herkömmlichen Verfahren eingefroren werden …