In den nächsten 30 Jahren braucht es 50 Prozent mehr landwirtschaftliche Produkte. Doch auf den Tellern der Welt wird nicht mehr dasselbe liegen.

In den reichen Ländern wird immer weniger Fleisch konsumiert werden, in den armen immer mehr. ©Unsplash

Zehn Milliarden Menschen. Das ist eine Zahl, die man sich nur schwer vorstellen kann. Aber in 30 Jahren ist es soweit. Dann sind wir so viele auf der Welt. Doch 2,3 Milliarden Menschen mehr als jetzt wollen auch mit Essen versorgt werden. In anderen Worten: Wir brauchen mehr Nahrungsmittel. Um 50 Prozent, um genau zu sein. Das betrifft übrigens pflanzliche wie tierische Erzeugnisse. Unseren Bauern droht also keine Arbeitslosigkeit. Doch wir werden alle nicht mehr das selbe essen wie heute. “Es wird zu erheblichen Verschiebungen im Speiseplan kommen”, sagt die neue Studie des europäischen Parlaments.  “Megatrends im Agrar- und Lebensmittelsektor” heißt sie und prognostiziert neue Ernährungsgewohnheiten, die in den verschiedenen Teilen der Welt allerdings unterschiedlich ausfallen werden.

Arme Länder gieren nach Fleisch

Während in den heute wohlhabenden Regionen der Welt wie Österreich sich immer mehr Menschen gegen den Konsum von Fleisch und Milchprodukten entscheiden werden, passiert in Entwicklungsländern das Gegenteil. Dort giert man nach tierischen Produkten. Die einkommensschwächsten Konsumenten dort werden zunehmend mehr zu Fertigprodukten und hochgradig verarbeiteten Lebensmitteln greifen. In denjenigen Ländern, die sich positiv entwickeln, wird die Nachfrage nach Fleisch, Milchprodukten, Zucker und Pflanzenölen überproportional steigen. In den reichen Industrieländern steckt allem voran eine kritisch bewertete Tierhaltung, Sorgen ums Klima und der Wunsch nach gesunder Ernährung hinter der zunehmenden Ablehnung von tierischen Produkten. Was werden wir stattdessen essen? Gemüse, Obst, Getreide und Eiweißersatzprodukte. Ob Algen und Insekten einen Durchbruch auf dem Speiseplan in Europa, Nordamerika oder Australien erfahren, wollten die Autoren der Studie nicht vorhersagen.

In reichen Ländern will man wissen, wie produziert wird

Die Konsumenten in Industrieländern ändern aber nicht nur ihren Tellerinhalt. Zunehmend interessieren sie sich auch dafür, wie ihre Lebensmittel hergestellt werden. Für den Landwirt bringt das einen entscheidenden Vorteil: die Verbraucher werden für gewünschte Erzeugungsmethoden mehr zahlen, etwa für Bioprodukte oder lokale Erzeugnisse. Was gut klingt, ist es aber nicht immer. Denn genau dieses Interesse kann den Bauern auch einen Nachteil bescheren. Dann nämlich, wenn die Abnehmer aufgrund zu wenig oder falscher Information  bestimmte Techniken ablehnen, etwa grüne Gentechnik.

Ohne Nachhaltigkeit geht nichts mehr

50 Prozent mehr Lebensmittel bedeutet auch eine Steigerung der Produktion. Passiert die aber weiter ohne Rücksicht auf Verluste, steuern wir immer tiefer in ein bereits bekanntes Umwelt-Dilemma: Immer ernstere Schäden für das Klima und die Umwelt drohen. In weiterer Folge steigert sich die Konkurrenz um die knappen Ressourcen Wasser und Boden ins Unerträgliche, die Landwirtschaft wird noch mehr Treibhausgase ausstoßen und es wird weitere Dürren und Überschwemmungen kommen. Die Studie rät deshalb zu einem ausgewogenen Mittelweg zwischen Produktionssteigerungen und Nachhaltigkeit. Dem technischen Fortschritt kommt dabei eine entscheidende Rolle zu. Die Verfasser der Studie halten Steigerungen der Erzeugung von bis zu 30 Prozent für möglich. Sie mahnen allerdings, dass dazu die Akzeptanz der Bevölkerung von modernen Züchtungstechniken eine Voraussetzung ist. Und es braucht mehr Mittel für die Agrarforschung sowie Anreize für die Anwendung von umweltfreundlichen und ertragssteigernden Innovationen in landwirtschaftlichen Betrieben. Nur so könnten Produktionssteigerungen mit dem Klima- und Umweltschutz in Einklang gebracht werden. Allein auf den Biolandbau zu setzen oder an traditionell wirtschaftenden Kleinbetrieben festzuhalten, das sei zu wenig, um den Hunger der Welt im Jahr 2050 zu stillen, mahnen die Studienautoren.