Am 1. Juni feierten wir den Weltmilchtag. Aber wir müssen auch reden: Über Muskelaufbau, das Comeback der Glasflasche, Bio und faire Preise.

Milch für den Muskelaufbau? Dieser Effekt ist inzwischen wissenschaftlich bestätigt. ©Panthermedia

Gold-Olympionike Michael Phelps trinkt gerne. Und zwar nicht etwa ein gutes Gläschen Roten, sondern Milch. Zwischen den olympischen Schwimmwettbewerben in Peking schlürfte er Glas um Glas, wie Beobachter irritiert feststellten. Am Ende holte er damit sechs Mal Gold. Ernährungsforscherin Glenys Jones weiß, warum: „Milch liefert die Bausteine zum Aufbau neuer Muskeln”, konstatiert sie. Und Recht hat sie damit. Kasein und Molke, die beiden Proteine, stimulieren tatsächlich den Wiederaufbau von Muskeln. Damit könnte das weiße Gold sogar speziell dafür gemachten Fitnessgetränken überlegen sein, stellen Forscher bereits in den Raum. Den Österreichern geht es wie Phelps. Sie schätzen ihre Milch sehr und trinken pro Kopf rund 77 Kilogramm pro Jahr. Die liefern 26.000 heimische Milchbauern täglich in hoher Qualität. Dafür darf man sich an dieser Stelle mal bedanken. 3,4 Millionen Tonnen werden in Österreich im Jahr produziert. Die Produktion erfolgt zu 80 Prozent in Berg- und benachteiligten Gebieten und stellt dort die Basis für die Pflege und Erhaltung der Landschaft dar. Wie gut das gelingt, zeigt auch die damit einhergehende CO2 Belastung. Die ist nämlich die geringste im europäischen Vergleich.

Fast jeder dritte Liter Milch wird in Bio gekauft

Ob Schwimmstar Phelps auf Biomilch setzt? Das darf vermutet werden. Was wir aber wissen, ist, dass immer mehr Österreicher Biomilch bevorzugen. Quasi jeder dritte gekaufte Liter Frischmilch hat Bioqualität. 568.363 Tonnen Biomilch haben die heimischen Molkereien 2018 gesamt verarbeitet, das sind immerhin 18 Prozent der angelieferten Milch, um 7,5 Prozent mehr als 2017. Im internationalen Vergleich liegen wir damit im Spitzenfeld. Zu Bio gegriffen wird insbesondere bei Trinkmilch. Zugelegt hat ESL (“länger frisch”) sowie Haltbarmilch (UHT) aus Biomilch, Frischmilch findet sich dagegen immer weniger in den Regalen. Und noch ein Novum gibt es. Die Glasflasche hat ein Comeback hingelegt. Seit ihrer Einführung vor etwas über einem Jahr, hat sie sieben Prozent Anteil im Milchregal erreicht. Sie sind für die Glasflasche, fragen sich aber, warum die nicht mehr wie anno dazumal braun ist, sondern durchsichtig? Ganz einfach: Darin findet sich nicht etwa Frischmilch, sondern ESL-Milch, also eine länger haltbare Milch, die laut Kennzeichnung hocherhitzt wurde. Früher gab es nur Frischmilch. Und die landete eben in braunen Flaschen, weil sie ein heikles Produkt ist, das Lichtschutz braucht. Aus genau diesem Grund sprach der Verein für Konsumenteninformation (VKI) bei der Wieder-Einführung der Glasflasche auch von einer “ausgezeichneten Idee mit leider miserabler Umsetzung”.

Über den Preis und das Klima

Das Glasflaschendilemma zeigt es schon im Ansatz: es ist nicht alles Roger in Sachen Milch. Das sieht auch die IG Milch so. Sie hält die Lage am Milchmarkt nach wie vor für angespannt. Nur die starke Trockenheit 2018 habe ein völliges Überlaufen des Marktes verhindert. Dennoch seien die Erzeugerpreise auf einem für diese Verhältnisse ausgesprochen niedrigen Niveau. Dann fällt der Begriff: Landflucht. Für IG-Milch Obmann Ewald Grünzweil steht der Niedergang des ländlichen Raums in ursächlichem Zusammenhang mit dem Niedergang der Preise für landwirtschaftliche Produkte. Deshalb habe man vor vier Jahren gemeinsam mit den Grünen Bauern und der Via Campesina Austria ein Milchmanifest geschrieben, das heute aktueller sei, denn je. Vor bereits 13 Jahren hat man die Marke “A faire Milch” eingeführt, konnte die allerdings nicht zum Erfolg führen. Auch die von “Milchrebellen” 2008 ins Leben gerufene alternative Milchhandelsgesellschaft stellte 2017 aus wirtschaftlichen Gründen ihren Betrieb ein.

Intensivierung und Leistungssteigerung

Zwischenzeitlich mache die Intensivierung und Leistungssteigerung die Milchkühe immer kränker, sagt Grünzweil. Gleichzeitig werde auch das Dauergrünland zurückgedrängt, was zu Humusverlust im Boden und zu zusätzlicher CO²-Freisetzung führe. Im Übrigen seien viele Betriebe nach wie vor in der marktbeherrschenden Stellung der Berglandmilch gefangen, ohne die Möglichkeit einer fairen Behandlung, geschweige denn einer gerechten Bezahlung ihrer Milch. Franz Titschenbacher, Landwirtschaftskammer-Präsident der Steiermark, sinnierte anlässlich des Weltmilchtages auch über Preisschwankungen:  “Gute Preisphasen sind häufig zu kurz, um Tiefstpreise auszugleichen, und die Produktionskosten steigen schneller als der Milchpreis. Nur magere 34 Cent von einem Liter Milch kommen bei der Bauernfamilie an, wovon alle Kosten vom Stallbau, über Betriebsmitteleinsatz bis hin zum Futter und zur Arbeitsleistung gedeckt werden sollen.” Die Steiermark hat in den vergangenen 20 Jahren 59 Prozent ihrer Milchviehbetriebe verloren. Gibt es etwas versöhnliches zum Abschluß? Ja. “Der Weltmilchtag ist ein guter Zeitpunkt um die vernünftigen Kräfte zu mobilisieren. Je mehr Konsumenten sich für die Hintergründe interessieren, desto wahrscheinlicher ist, dass sich etwas zum Guten wendet“, sagt Grünzweil. Darauf trinken wir! Ein Glas fair bezahlte Milch, versteht sich.

Das IG Milch “Milchmanifest” Am 1. April 2015 wurden die Milchquoten EU-weit abgeschafft. Überproduktion und fallende Preise sind die Folgen. Das erhöht nicht nur den Druck auf v.a. kleine und mittlere Milchviehbetriebe in Österreich und anderen EU-Ländern, sondern hat auch globale Auswirkungen. Denn Überschüsse landen u.a. als billiges Milchpulver in Ländern Afrikas oder Asiens und bedrohen dort die lokale Milchproduktion. Mit dem Milch-Manifest, das am 31. März 2016 von Bauern der IG-Milch präsentiert wurde, wird zum Umsteuern aufgerufen. Die Kernpunkte sind: Fairness gegenüber kleinen und extensiven Betrieben, eine Reform der landwirtschaftlichen Ausbildung, neue Instrumente zur Mengen- bzw. Marktregulierung, Abkehr von der Exportorientierung, weniger Leistung pro Kuh und mehr Gras (und weniger Kraftfutter). Die “Milchrebellen” forderten mindestens 45 Cent pro Liter, damit die Bauern kostendeckend arbeiten können.