Jedes Stück Fleisch ist wertvoll,“ so die Philosophie von Metzgermeister und Biobauer Markus Salcher. „Jedes Stück hat in der guten Küche seinen Platz.“

Markus Salcher, Metzgermeister, Schlachtteile

Markus Salcher, Lesachtaler Fleisch. “Wir haben den Bezug zu unserer Nahrung verloren.” @Niko Opetnik

Eineinhalb Jahre lebt die Bio-Jungkalbin Anni, eine Kreuzung aus Kärntner Blondvieh und Pinzgauer, am Hof von Markus Salcher im Kärntner Lesachtal. Sie hat ein gutes Leben am Biohof. Markus ist sich als Biobauer der Verantwortung, die er für jedes Tier übernimmt bewusst. Es zu schlachten fällt ihm als Metzgermeister nie leicht. Denn jedes Leben ist für ihn wertvoll. Auch deshalb fand ein Teil eines besonderen Workshops ( „From nose to tail“ organisiert von der Klima- und Energiemodellregion Hermagor) bei ihm, im Schlachtraum von Lesachtaler Fleisch in St. Lorenzen statt. 

Es war einmal …

Markus Salcher, Lesachtaler Fleisch @Niko Opetnik

Früher wurde ein geschlachtetes Tier am Bauernhof oder beim Metzger so ganzheitlich wie möglich verwertet. Ein Tier wurde vom Bauern gefüttert und umsorgt, bewusst achtsam jedes Stück verarbeitet. “Weil man es sich auch nicht leisten konnte etwas wegzuwerfen.” Wenn ein Schwein geschlachtet wurde halfen alle mit, auch die Nachbarn. Es gab ein großes Fest und der Sauschädel musste gestohlen werden, weil das halt so Tradition war. „Irgendwann aber war das dann nicht mehr so. Wir haben den Bezug zu unserer Nahrung verloren. Portioniert und in Plastik verpackt erinnern die Fleischstücke im Supermarktregal nicht mehr an das ganze Tier. Was nicht „edel“ ist, wird zu Tierfutter verarbeitet oder entsorgt,“ beschreibt Salcher die Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte. Der Wert, aber auch die Art, wie wir Lebensmittel produzieren, einkaufen und essen, haben sich über die Jahre verändert. Essen muss schnell gehen, die Zubereitung einfach sein. Zum Kochen bleibt oft wenig Zeit. Wohlstand und ein Überangebot an Nahrungsmitteln erlauben es uns wählerisch zu sein. Aber zu welchem Preis? Selbst Köche in der Gastronomie (natürlich gibt es auch viele Ausnahmen) haben vergessen oder verlernt, die ganzen Teile eines Tieres zu verarbeiten.

Artgerechte Haltung und Tierwohl in aller Munde 

Wir wollen Fleisch essen, das ein gutes Leben hatte. Ein Tier, das artgerecht leben durfte, ist zu wertvoll, um nur auf seine sogenannten Edelteile reduziert zu werden. Die Verwertung möglichst aller essbaren Teile eines geschlachteten Tieres ist endlich auch bei uns im Trend.  „From nose to tail“ – von der Schnauze bis zum Schwanz – hält auch in der hochwertigen Gastroküche wieder Einzug. Es ist aber nicht mehr selbstverständlich, muss wieder erlernt werden.

Deshalb ein Workshop! Organisiert von der Klima- und Energiemodellregion Hermagor wurde in Zusammenarbeit von Lesachtaler Fleisch Metzgermeister und Biobauer Markus Salcher und dem Spitzenkoch Markus Lorbeck von der Tischgesellschaft mbH ein ganzes Tier, in diesem Fall die Jungkalbin Anni, verarbeitet. 

Am Beginn besuchten die Teilnehmer Markus Salcher in seiner Metzgerei in St. Lorenzen. Er zeigte das Zerlegen und Zuputzen der Fleischteile von der Schnauze bis zum Schwanz. Oder wie er es sagt „Kopf, Fuß und alles dazwischen.“ Markus erklärte das Grundprinzip der Fleischteilung am Beispiel seiner Jungkalbin Anni. Er kennt übrigens von allen seinen Schlachtieren Herkunft, Aufzucht und vielfach auch den Namen. Die Wertschätzung gegenüber dem Tier ist im besonders wichtig. „Rindfleisch muss nach Rindfleisch schmecken, deshalb mag ich die bodenständige Rasse gerne“, so Markus, der seit 27 Jahren selbstständiger Metzger ist. Für eine gute Fleischqualität ist zusätzlich die Art der Schlachtung möglichst nahe am Ort der Haltung entscheidend. „Weil man Angst bekanntlich schmecken kann!“

Kein Rezept

Zugeputzt und küchenfertig, Innereien inklusive, nehmen die Workshop-Teilnehmer das Fleisch mit in die Küche der HLW Hermagor. Unter der fachkundigen Anleitung von Markus Lorbeck und Christoph von Hohberg, den beiden Kochexperten der Tischgesellschaft mbH, kreierten die Köche spannende Gerichte.  Die Herausforderung: Es gab keine Rezepte sondern einen Warenkorb mit frischem Gemüse, Kräutern und Gewürzen. Gekocht wurde Freestyle-kreativ serviert wurde im Family-Style. also alles auf den Tisch gestellt, jeder bedient sich, gemeinsam genießen. Es gab Meisl an Rotwein-Wurzelgmeüsesauce mit Wirsing-Erdäpfel. Das Gustostück vom Vorderviertel ist sehr mager, kompakt und gut zu portionieren. Oder „Lesachtaler Jungrind, Rotweinjus, Blattspinat und Austernpilze“, „Gebratene Kalbsleber in Wirsing mit Tomatensalsa und Erdäpfelpüree“, „Wadnudl Kärntner Art an wilder Süßkartoffel und Nussbutter“, … .  Was für ein Hochgenuss.

@Niko Opetnik

„Nose to tail“ ist der Auftakt zu einem weiteren Ausbildungsprogramm, das im Rahmen der geplanten Slow Food Akademie (es ist die erste Slow Food Akademie im Alpenraum) in den nächsten beiden Jahren die Verwertung aller Fleischteile eines Tieres vermitteln soll.