Anlässlich des Weltvegantages (World Vegan Day) am 1. November haben wir uns gefragt: Was bringt immer mehr Menschen dazu auf Fleisch zu verzichten?

Vegan ist mehr als gepresste Sojabohnen. Aber auch Soja gibt es aus heimischer Landwirtschaft. ©Pixabay

Auch wenn Verzicht vielfach die erste Assoziation ist, müssen wir vorab eines klarstellen: Veganer verzichten nicht, sie entscheiden sich für etwas. Es geht nicht um die Frage “Wovon lebe ich”, sondern „Wofür lebe ich“. Ein Veganer ist sich bewusst, dass seine Ernährung ihn in Korrelation zu den Menschen, die seine Nahrung produzieren, zu Tieren, Pflanzen und zu seiner Umwelt setzt. Veganer essen keine Lebensmittel die tierischen Ursprungs sind, Zutaten oder Zusatzstoffen tierischen Ursprungs haben oder bei deren Herstellung tierische Verarbeitungshilfsstoffe verwendet wurden – das geht bis zum Klebstoff der Verpackungen – also keine tierischen Kleber. Konsequente Veganer verzichten außerdem auf Textilien aus tierischen Fasern (Seide, Wolle, Horn, Leder, etc.) aber auch auf Kosmetika mit tierischen  Zusatzstoffen oder aus Tierversuchen.

Auch wenn in Österreich mit knapp 110.000 Menschen (also nur ein Prozent der Österreicher) die Zahl der „reinen“ Veganer noch keine sehr große ist, Statistiken verzeichnen einen eindeutigen Aufwärtstrend in Richtung pflanzenorientierter Ernährung.

Vom Vegetarier zum Veganer

Der häufigste Weg zum Veganismus führt über eine ethisch motivierte vegetarische Ernährung. Vegetarier möchten nicht für die Tötung von Tieren verantwortlich sein. Der berühmte Philosoph und Mathematiker Pythagoras vertrat schon in der Antike die Meinung:

„Alles, was der Mensch den Tieren antut, kommt auf den Menschen zurück“

und auch Rousseau als prominenter Vertreter der Aufklärung lehnte den Verzehr von Fleisch ab. Da vielen Nutztieren auch während der Haltung noch sehr viel Leid widerfährt, entscheiden sich viele Vegetarier schließlich zum Wohl der Tiere für den veganen Lebensstil. Neben der Tierethik gibt es eine Reihe von Antworten, die bei der Frage „Warum vegan?“ immer wieder aufpoppen. Es sind Umwelt- und Klimaschutz, Welthunger, Gesundheit und die Religion. 

Klima und Umwelt

Eine vielfach genannte Begründung von Veganern ist das Argument der Umweltfreundlichkeit. “Nahezu 70 Prozent der direkten Treibhausgasemissionen unserer Ernährung sind auf tierische Produkte zurückzuführen”, so die Naturschutzorganisation WWF. Sie legt zudem eine sehr beeindruckende Rechnung vor: Verzichtet eine Familie einmal pro Woche auf Fleisch, dann erspart sie dadurch jene Menge CO2, die auf einer 3.600 km langen Autofahrt entstehen würde.

Weniger Hunger durch vegane Ernährung?

Der Weltvegantag stammt ursprünglich aus England. Dort gründete der Veganer Donald Watson im November 1944 die „Vegan Society“, eine Vereinigung für britische Veganer. Anlässlich des 50-jährige Bestehen der Vegan Society im Jahre 1994 wurde der Weltvegan Tag ins Leben gerufen.

Ein Drittel der weltweiten Getreideernte wird für die Fütterung von Nutztieren verbraucht. Das produzierte Getreide landet also in den Trögen der Tiere, um den Fleischhunger der Menschen zu stillen. Dennoch, die Landwirtschaft produziert nicht zu wenig. Die Lebensmittelproduktion wächst schneller als die Weltbevölkerung. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) erklärt, es werde bereits heute weltweit 1,5-mal so viel Nahrung produziert, wie benötigt würde, um die gesamte Erdbevölkerung zu ernähren. Die Ursache von Hunger in der Welt ist also nicht Knappheit an Lebensmitteln, sie ist das Resultat von Armut und Ungleichheit, von fehlender Wertschöpfung vor Ort.

Wenn alle Menschen vegan leben würden

… hätten wir weltweit betrachtet viel mehr zu essen. Denn auf fruchtbaren Ackerböden, die für Tierfutter genutzt werden, könnte man auch Getreide und Gemüse anbauen. Diese höhere Effizienz stimmt zwar, ist aber nur die halbe Wahrheit. Forscher von sechs amerikanischen Universitäten haben die nachhaltigsten Ernährungsform gesucht. Das Ergebnis: Der Welthunger lässt sich am besten mit einer Mischernährung mit geringen Mengen an Fleisch sowie einer lakto- und ovo-lakto-vegetarische Ernährung bekämpfen. So wie ständiger Fleischverzehr würde auch reiner Veganismus zu großer Nahrungsmittelknappheit führen. Der Grund: er lässt zu viele landwirtschaftliche Flächen ungenutzt, denn zwei Drittel der weltweiten Agrarfläche ist Weideland. Nutztierhaltung erlaubt es uns, diese Flächen und Nebenprodukte der Lebensmittelherstellung nicht zu verschwenden. Für uns scheinbar wertloses “Futter” wie Kleie, Melasse, Kartoffelschalen, Trester  verwandeln Tiere in Fleisch und Milch um. Sie liefern damit weltweit betrachtet rund fünfzig Prozent aller tierischen Lebensmittel.

Vegane Ernährung und Gesundheit

Bei der veganen Ernährung geht es nicht allein um ethische oder ökologische Aspekte. Es geht um die Gesundheit und hat vielfach mit Lebensmittelunverträglichkeiten zu tun. Medizinisch gesehen leben Veganer gesünder. Sie haben unter anderem einen niedrigeren Cholesterinspiegel, ein geringeres Risiko für Herzkrankheiten, Bluthochdruck, Übergewicht oder an Typ 2 Diabetes zu erkranken sowie ein geringeres Krebsrisiko. Durch die reine pflanzliche Ernährung kommt es allerdings vielfach zu einer geringen Zufuhr von Vitamin B12, Calcium, Vitamin D, Zink, Jod und langkettigen Omega-3-Fettsäuren.

Karma und Veganismus

Der Schutz allen Lebens, und somit auch der Tiere ist in der hinduistischen und buddhistischen Religion seit jeher ein Glaubensgrundsatz. Hinduisten (80 % der Bevölkerung Indiens) glauben an Karma und Reinkarnation. Deshalb wird Tieren kein Leid zugefügt. Über vier Millionen Menschen gehören in Indien zudem dem Jainismus an, die einen extremen Veganismus leben und damit auch kein Wurzelgemüse essen – denn ohne Wurzel kann eine Pflanze nicht weiterleben.

In Österreich hat es sich die Vegane Gesellschaft zur Aufgabe gemacht, Menschen für eine klimafreundliche Ernährung und Lebensmittelherstellung zu begeistern. https://www.vegan.at