Agrana überlegt das Aus für Leopoldsdorf, man diskutiert heftig über den Pestizideinsatz. Wichtig wären (auch hier) faire Preise für unsere Bauern!

Traktor am Rübenfeld

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Der Rübengipfel im Landwirtschaftsministerium hat der breiten Öffentlichkeit vermittelt, wie angespannt die Situation für die Rübenbauern ist. Das beginnt mit den Problemen der börsennotierten Agrana: Sie braucht eine Rüben-Anbaufläche von mindestens 38.000 ha, um ihre beiden Zuckerfabriken in Tulln und Leopoldsdorf auszulasten. Heuer wurden jedoch nur mehr auf rund 26.200 ha Rüben angebaut, weshalb Leopoldsdorf demnächst geschlossen werden müßte. Diese Entscheidung soll demnächst fallen und ist schon deshalb sehr bedeutsam, weil die Bauern ja demnächst klären müssen, was sie 2021 anbauen.

Nachdem die Zuckerquoten in der EU abgeschafft worden sind, ist der Zuckerpreis 2017 deutlich gesunken. Anfang 2020 sind die Zuckerpreise wieder gestiegen, allerdings ist die Gastronomie wegen Covid-19 als Abnehmer praktisch ausgefallen, was zu einem neuen Tiefstpreis im Sommer geführt hat. Die Agrana hat den Rübenbauern schon bisher mehrjährige Verträge angeboten, um das Risiko von Preisschwankungen abzufangen, und will das auch weiterhin tun.

Schadflächen unterstützen?

Der Schädlingsbefall ist zuletzt deutlich gestiegen, Stichwort: Klimawandel. Seitens des Landwirtschaftsministeriums wird für die Rübenbauern eine finanzielle Abgeltung der tw. massiven Ernteausfälle ins Spiel gebracht. Allerdings schränkt das EU-Recht bekanntlich die Möglichkeiten der Subventionen in der Landwirtschaft ein – und sowieso drängt auch hier die Zeit: Eine mögliche Zustimmung der EU für eine Notfallzulassung für Pestizide aus der Gruppe der Neonicotinoide erfolgt erst gegen Jahresende, also nachdem sich die Bauern entschieden haben, was sie anpflanzen.

Es geht dabei aber um Grundsätzlicheres. „Gerade das Beispiel der Zuckerrübe zeigt, dass Pestizide die Probleme der österreichischen Landwirte nicht lösen können“, moniert Helmut Burtscher-Schaden, Umweltchemiker bei Global 2000. „Denn anders als die Pestizid-Lobbyisten behaupten, hatten österreichische Rübenbauern zuletzt deutlich mehr Pestizide zur Verfügung als die Rübenbauern z.B. in Deutschland oder Frankreich.“ Das Landwirtschaftsministerium habe das 2018 verhängte EU-weite Verbot von drei bienenschädlichen Neonikotinoiden von Beginn an durch Notfallzulassungen untergraben – und trotzdem schrumpfte die österreichische Rübenanbaufläche.

Wir brauchen faire Preise

Dass Zuckerrübenanbau ohne Pestizide nicht nur möglich, sondern auch rentabel ist, solange faire Preise gezahlt werden, zeigt die Biolandwirtschaft. Denn anders als in der konventionellen Landwirtschaft blieb die Rübenfläche in der Biolandwirtschaft konstant. Burtscher-Schaden: „Der wahre Grund für den Rückgang im konventionellen Bereich – über den der Bauernbund und die Landwirtschaftskammer gerne schweigen – ist das 2017 mit Zustimmung der österreichischen Agrarier erfolgte Auslaufen der Europäischen Zuckermarktordnung. Seit der Liberalisierung des Zuckermarkts zahlt die Agrana niedrigere Preise für österreichische Zuckerrüben als dies zuvor der Fall war.“ Die logische Folge: Konventionelle Bauern steigen daher auf andere Kulturen um. „Wenn wir weiterhin österreichischen Zucker wollen, muss die Agrana den Landwirten faire Preise zahlen“, verlangt Burtscher-Schaden. „Auch im Supermarkt wird das Kilogramm Zucker einige Cent mehr kosten.“

Auf Euro und Cent kann und will natürlich auch bauernladen nicht definieren, was exakt unter „fairen Preisen“ zu verstehen ist. Ebenso wie Global 2000 lehnen außerdem auch wir Subventionen bzw. Direktzahlungen an den österreichischen Rübensektor entschieden ab: Diese würden nur dazu führen, dass der Preis eines ohnehin nicht gerade gesunden Lebensmittels mit Steuergeld künstlich niedrig gehalten wird und u.a. große Getränkehersteller profitieren.

Die Lösungsansätze liegen auch hier (wie bei vielen benachbarten Themen) eben nicht in einer rückwärtsgewandten Landwirtschaftspolitik, sondern in echten bauernladen-Grundsätzen: Mehr Agrarökologie, weniger Gift, Verbesserung der Herkunftsbezeichnung. Das sieht ja mittlerweile sogar die Europäische Kommission (mit ihrer Farm to Fork Strategie) so …