Es klingt auf den ersten Blick ein wenig zynisch, ist aber die reine Wahrheit: Covid-19 hat die Österreicher lebensmittel-sensibler gemacht.

Frau trägt Kiste mit Gemüse

Bio und Regionalität sind die Covid Sieger. ©Panthermedia

Natürlich wäre zu hinterfragen, ob die Pandemie tatsächlich den Trend befeuert hat oder ob unsere Landsleute auch ohne Virus immer stärker auf Qualität und Herkunft von Lebensmitteln achten.

Unterm Strich ist die eingekaufte Menge an frischen Bio-Lebensmitteln (exkl. Brot und Gebäck) im ersten Halbjahr gegenüber den ersten sechs Monaten 2019 um nicht weniger als 14,4 Prozent gestiegen. Der Wertzuwachs betrug sogar ein knappes Fünftel! Der Bio-Anteil steigt seit Jahren kontinuierlich und erreichte im Juni mit zehn Prozent erstmals einen zweistelligen Wert. Und bei Äpfeln sind wir sogar Europameister. Etwa 22 Prozent der österreichischen Apfelplantagen werden biologisch kultiviert.

Bio-Lebensmittel im Detail

Den höchsten Bio-Anteil im heimischen Lebensmitteleinzelhandel verbuchen die Sortimente Milch und Eier. Erdäpfel, Gemüse und Fruchtjoghurt liegen ebenfalls weit über dem Durchschnitt. Jedes zehnte Produkt in den Warengruppen Butter, Käse und Obst stammt aus biologischer Landwirtschaft. Unterdurchschnittlich fällt der Bio-Anteil bei Wurst und Schinken sowie Fleisch und Geflügel aus. (Ein Stichwort dazu lautet „Pute“ – siehe u.a. diverse bauerladen-Artikel.)

Den einzigen Rückgang im ersten Halbjahr gab es bei Eiern, was allerdings an der geringen Verfügbarkeit lag: In den strengen Lockdown-Monaten März und April war die Nachfrage nach Bio-Frischeiern im Lebensmitteleinzelhandel höher als sie die Legehennenhalter und Packstellen bedienen konnten.

Ein durchschnittlicher Haushalt kaufte im ersten Halbjahr biologische Frischeprodukte im Wert von 97 Euro, was einem Plus von knapp 17 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode entspricht. Fast jeder Österreicher griff mindestens einmal in den vergangenen sechs Monaten zu einem biologischen Lebensmittel, die Käuferreichweite lag bei 95 Prozent. Sowohl die Einkaufshäufigkeit als auch die eingekaufte Menge an Bio-Produkten stiegen kontinuierlich an.

Rechnet man alle Einkäufe im Lebensmittelhandel (also nicht nur Frischeprodukte) sowie Gastronomie, Direktvertrieb und Fachhandel zusammen, wurden im Vorjahr hierzulande Bio-Lebensmittel im Gesamtwert von etwas mehr als zwei Milliarden Euro abgesetzt, was einem Plus von 6,7 Prozent entspricht. Mehr als drei Viertel aller biologischen Produkte wurden beim Lebensmitteleinzelhandel gekauft, 15 Prozent im Fachhandel oder direkt beim Bio-Bauern. Mit sieben Prozent ist die Gastronomie derzeit das kleinste Segment, wächst aber ebenfalls.

Direktvermarktung boomt

„Besonders die im Direktvermarktungsbereich tätigen Bio-Bauern haben seit der Phase des Lockdowns überwiegend einen starken Zulauf von Kunden erlebt“, bestätigt Gertraud Grabmann, Obfrau von Bio Austria. „Man kann fast schon von einer Renaissance der bäuerlichen Nahversorger sprechen. Die Menschen haben sich in der Krise wieder vermehrt der bäuerlichen Direktvermarktung zugewandt. Biokistl-Anbieter haben einen regelrechten Ansturm erlebt und mussten teilweise sogar einen Aufnahmestopp von Neukunden vornehmen.“

Neben der Nachfrage ist übrigens auch die biologisch bewirtschaftete landwirtschaftliche Fläche angewachsen: Derzeit wirtschaften 24.225 Höfe beziehungsweise 22,1 Prozent aller landwirtschaftlichen Betriebe nach den Kriterien der Bio-Landwirtschaft: 748 Bio-Betriebe sind im Vorjahr neu hinzugekommen. In Österreich bewirtschaften die Bio-Bauern 669.921 ha Land. Das ergibt einen Anteil von derzeit knapp mehr als 26 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Fläche.

In der Fläche gab es einen Zuwachs von 32.000 ha, was einer Steigerung um mehr als fünf Prozent entspricht. Der überwiegende Anteil davon entfiel auf Bio-Ackerland, dieses nahm um zirka 30.000 ha zu und macht nun 20,4 Prozent des Ackerlandes in Österreich aus. Beinahe ein Drittel des Dauergrünlandes wird in Österreich biologisch bewirtschaftet, hier beträgt die Zunahme mehr als tausend ha. Bereits 35 Prozent der Obstanlagen sowie 15,5 Prozent der Weingärten sind bereits „bio“!