Siegeszug der Heilkräuter
Die Verwendung von Pflanzen für die Behandlung von Krankheiten ist so alt wie die Überlieferung menschlicher Kultur. Das entdeckt auch die Medizin wieder.
Das Wissen über die Wirkung der Heilpflanzen beruht auf tausende Jahre lange Beobachtungen und Erfahrungen. Jedoch wurde dieses Wissen oft nur mündlich weitergegeben, vieles ging mit den Jahren verloren. Einige jener überlieferten Arzneien fanden jedoch ihren Platz in der modernen Medizin. Ihre Wirkweise wurde durch wissenschaftliche Methoden entschlüsselt und ihre Wirkung klinisch nachgewiesen. Die Geschichte und Gegenwart traditioneller Heilkräuterlehren und ihr Spannungsverhältnis zur wissenschaftlichen Methode, zu der sich die moderne Medizin bekennt, ist ein spannendes und aktuelles Thema.
In Vergessenheit geraten
Mit der Entwicklung hochwirksamer Medikamente durch die moderne Medizin gerieten viele alte Heilmittel bei uns im Westen zunehmend in Vergessenheit und verloren an Bedeutung. Dies gilt jedoch nicht für Entwicklungsländer: laut WHO sind über 80% der globalen Weltbevölkerung mangels Alternativen immer noch auf die Anwendung von Heilpflanzen angewiesen.
In den letzten Jahren hat sich viel auf diesem Gebiet getan. Grundlagenforscher analysieren immer mehr Pflanzen auf der Suche nach neuen Wirkstoffen. Ein Großteil der modernen Medikamente basieren auf Naturstoffen, die aus Pflanzen isoliert werden und für die medizinische Anwendung chemisch etwas verändert werden, damit sie bessere Eigenschaften bekommen.
Aspirin aus der Weidenrinde
Es ist derzeit das am häufigsten verwendete Medikament weltweit und seine Geschichte ist beispielhaft für jener vieler pflanzlicher Wirkstoffe. Extrakte aus der Weidenrinde wurden vor tausenden Jahren gegen rheumatische Beschwerden verwendet. Bereits Sumerer und Ägypter setzten diese vor 3500 Jahren gegen Schmerzen und Fieber ein. Die moderne Geschichte des Aspirins geht auf das 18. Jahrhundert zurück. Felix Hoffmann von der Firma Bayer hat im Jahre 1897 als erster die acetyl-salicylsäure chemisch synthetisiert und erst 70 Jahre später hat John R. Vane 1971 die Wirkungsweise des Aspirins aufgeklärt. Es inhibiert ein Enzym namens Cyclooxygenase, kurz COX genannt, welches eine Schlüsselrolle in der Biosynthese von Prostaglandinen spielt. Prostaglandine sind Gewebshormone, die überall im Körper vorkommen und eine wichtige Rolle bei Schmerzen, Blutgerinnung und Entzündungen spielen.
1982 erhielten die schwedischen Forscher Sune Bergström und Bengt Ingemar Samuelsson für die Isolierung der Prostaglandine und der Engländer John R Vane für die Aufklärung der Wirkungsweise von Aspirin den Nobelpreis. Das würdigt ihre Leistungen und die Bedeutung dieser Substanzen für die Medizin.
Fingerhut, Roggen, …
Weitere Beispiel von Medikamenten, die aus Heilpflanzen isoliert wurden, sind Digitalis aus dem Fingerhut, Ergotamine aus dem Roggen oder Quinine aus der Chinarinde, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Die Liste der Heilpflanzen, die in den letzten Jahren von der modernen Wissenschaft untersucht wurden und die Wirkungsweise ihrer Inhaltsstoffe aufgeklärt werden ist lang. Um den Heilpflanzen ihre Bedeutung wieder zu geben, möchte ich in den kommenden Monaten und Jahre die Wirkungsweise vieler Heilpflanzen aus der ganzen Welt, aber besonders solche die im Lammertal (Tennengau, Salzburg) vorkommen, vorstellen. Es ist mir ein großes Anliegen diese zu rehabilitieren, aber eben immer unter Einhaltung des rigorosen Vorgehens der Wissenschaft.
Die Autorin: Renée Schroeder ist Wissenschafterin (im Ruhestand) und lebt am Leierhof auf 1100 Metern Seehöhe am Fuße des Einbergs im Tennengau. An diesem wunderschönen Platz widmet sie sich seit ein paar Jahren der Erforschung, Gewinnung und Verarbeitung von Heilkräutern.
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