Der Bio-Karpfen ist die ökologischste Wahl für das Weihnachtsfisch-Menü, sagt Greenpeace. Doch manchmal muss man lange suchen, um ihn zu finden.
Im Waldviertel begannen die Klöster schon im Mittelalter mit den ersten züchterischen Versuchen. ©Waldviertel Tourismus
Ganze 476.475 Kilogramm Karpfen. So viel haben die allein die Wiener schon 1890 zu Weihnachten verdrückt. Geändert hat sich an der heimischen Vorliebe bis heute nichts. Zum Fest der Feste findet er sich gern als gebackener Karpfen und zu Silvester als gekochter „Karpfen blau“ auf den Tellern. Und das nicht ohne Grund, wie Martin Kainz bestätigt, der unter anderem die Nahrungsketten von Fischen erforscht und ein großer Karpfen-Verfechter ist: „Er ist ein Friedfisch, mager und nicht schadstoffbelastet.“ Friedfisch, das heißt, der Karpfen frisst keine anderen Fische. Unter anderem dieser Umstand macht ihn so nachhaltig und ökologisch. Forelle oder Saibling dagegen sind Raubfische, die pro Kilogramm Gewicht bis zu vier Kilogramm Fischfutter fressen. Und nein, das mit dem fetten Karpfen ist ein Märchen, genauso wie das mit dem Grundeln übrigens. Tatsächlich ist der Karpfen mit vier Prozent Fett nämlich magerer als Saibling und Forelle. Und grundeln tut er nur, wenn er bestimmte Blaualgen frisst. Bei einer guten Haltung und ausreichend Wässerung vor der Schlachtung sollte das eigentlich gar kein Thema sein. Die beste Haltung ist – no na – die ökologische.
Teil-Selbstversorger
Wer ein regionaler Biokarpfen ist, der muss sich die Hälfte seines Futterbedarfs selbst sichern. Das sind beispielsweise Würmer oder Larven. Gehalten werden Biokarpfen in naturnah angelegten Teichen mit Schilfgürtel, die ausreichend Platz und Bewegungsfreiheit für jedes Tier bieten. Zugefüttert wird nur gentechnikfreies, biologisch produziertes Getreide. Bis der Fisch seine Endlänge von 35 cm und ein Gewicht von etwa einem Kilogramm erreicht hat, dauert es mehrere Jahre. Denn selbstverständlich sind Hormone und Wachstumsförderer streng verboten. Auch deshalb ist ein Bio-Karpfen deutlich magerer als konventioneller Karpfen. Wer sich mehr bewegt und Futter suchen muss, der hat naturgemäß einen höheren Muskelanteil.
Das Angebot ist begrenzt
Klingt gut? Sie wollen jetzt einen regionalen Biokarpfen auf Ihren Weihnachtsteller holen? Das ist gar nicht so leicht, wie der eben publizierte Greenpeace-Marktcheck zeigt. Denn zwar gibt es in allen österreichischen Supermärkten etliche Süßwasserfische, aber leider aber wenige in Bio-Qualität.
Nur rund 30 Prozent der im Handel erhältlichen Süßwasserfische kommen aus Österreich.
Biokarpfen gibt es flächendeckend überhaupt nur bei Merkur, bei Interspar in ausgewählten Filialen, bei Billa teilweise auf Bestellung. Wobei Fisch generell ein knappes Gut ist: Bei Süßwasserfisch kann die heimische Nachfrage nur zu rund 30 Prozent aus Österreich gedeckt werden. Und Karpfen ist übrigens auch nicht Karpfen: In Österreich werden Spiegelkarpfen, Zeilkarpfen, Schuppenkarpfen und Lederkarpfen sowie Wildkarpfen gezüchtet. Wobei sie vermutlich einen Spiegelkarpfen auf Ihrem Teller finden. Denn der macht den Großteil der Produktion aus.
Der Spiegelkarpfen oder Schuppenkarpfen
Familie: Cyprinidae, Erreichbares Alter: bis ca. 50 Jahre, Größe: bis 40 kg, Nahrung: Plankton, Insekten, Getreide, Weichtiere
Der Karpfen ist eine jener Fischarten, die in unseren Breiten am längsten gezüchtet wird. Er ist aus Asien kommend in den europäischen Raum vorgedrungen. In unserem Kulturkreis wurde der Karpfen bereits von den Römern geschätzt. Im Mittelalter wurde der Karpfen von den Mönchen gehegt, gepflegt und verbreitet, der Fisch ist jedoch dann etwas in Vergessenheit geraten. Erst im 20. Jh. wurde die Karpfenzucht wieder intensiviert. Der Karpfen ist eine auf Geschmacksentwicklung sehr sensibel reagierende Fischart und verzeiht es nicht, wenn er zu intensiv gezüchtet wird. Er entwickelt sich bei extensiver Haltung zu einem hervorragenden Speisefisch und ist eher saftig im Fleisch. Sein Fettgehalt liegt bei naturnaher Haltung um 5 – 7% Fett in der Muskulatur, also eher gering. (Quelle: Gut Hornegg)
Was Meeresfisch betrifft, so sagen die Zahlen alles: 90 Prozent der kommerziell genutzten Fischbestände sind komplett oder beinahe überfischt. Zertifizierungen wie MSC für Meeresfisch und ASC für Zuchtfisch halten die NGOs wie Greenpeace für Mogelpackungen, weil die Kriterien zu schwach sind und keine nachhaltige Fischerei garantieren können. Auch deshalb sollte statt einem Lachs lieber der Öko-Karpfen in 14 Tagen auf unseren Tellern landen, sagt Greenpeace-Expertin Lisa Panhuber. Und ein bisschen mehr Fisch täte uns allemal gut. Mit einem Fischkonsum von rund acht Kilogramm pro Kopf und Jahr liegen die Österreicher nämlich im untersten Drittel des EU-Rankings.
Ob der Karpfen auch das Zeug zum Weltkulturerbe hat, lesen Sie hier:
https://bauernladen.at/artikel/tierwohl/der-karpfen-als-weltkulturerbe/
Bei uns müssen Sie nicht lange nach Bio-Karpfen suchen! Sie kommen vom steirischen Gut Hornegg.