Es LEB(e der)KUCHEN
Weihnachten ohne Lebkuchen? Unmöglich, denn in dieser Bäckerei, die nicht nur eine eigene Zunft und Tradition hat, steckt ein märchenhafter Zauber.
Lebkuchen sind süße Verführungen, aber die von den richtig Guten. Zutaten wie Honig, Nüsse und Mandeln, Anis, Zimt, Koriander, Gewürznelken, Kardamom oder Piment machen diesen “Kuchen” einzigartig. Aber auch Ingwer darf in keinem traditionellen Lebkuchenrezept fehlen, denn er wärmt uns von innen. Bereits Hildegard von Bingen hat empfohlen, den krampflösenden Ingwer unter anderem bei Magenbeschwerden einzunehmen: “… und es wird ihm besser.“ Jedes Lebkuchengewürze hat eine besondere heilende Wirkung. Die zermahlenen Nelkenköpfe weisen unter all den erwähnten Gewürzen den höchsten Gehalt an Antioxidantien auf. Deshalb werden sie zur Stärkung der Abwehrkräfte verwendet.
Und dann wäre da ja auch noch der Honig. Er ist eines unserer vielen Wunder der Natur, mit seinen über 200 verschiedenen Inhaltsstoffen: Enzyme, Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente, ätherische Öle, Proteine und antibiotische Wirkstoffe. Er bindet aber auch die verschiedenen Zutaten auf ganz natürliche Weise, verleiht dem Lebkuchen seine goldene Farbe und hält ihn auf natürliche Weise konserviert. Gerade die Haltbar- und Lagerfähigkeit waren früher einmal ein wichtiger Punkt für die Beliebtheit von Lebkuchen. So war er auch eine nahrhafte Wegzehrung bei einer Wallfahrt.
Woher kommt der Name Lebkuchen?
Ganz im Klaren ist man sich nicht darüber. Die Bezeichnung könnte aus dem Lateinischen kommen: ilbum heißt Fladen. Denn im Mittelalter wurde von Nonnen der Teig, damit er nicht anklebt, auf Oblaten gesetzt. Eine andere Erklärung wäre jene, dass sich der Lebkuchen vom Althochdeutschen „leb“ ableitet, was so viel wie Heil- oder Arzneimittel bedeutet. Die im Klostergarten wachsenden Heilkräuter wurden nämlich zu einem Gebäck verarbeitet und dann als Fastenspeise verteilt.
Es waren die Belgier
Die Ursprünge unseres heutigen Lebkuchens liegen also in den mittelalterlichen Klöstern. Genau genommen kommt der Lebkuchen, so wie wir in heute kennen, aus dem belgischen Dinant. Später wurde er dann in fränkischen Klöstern weiterentwickelt. Zur Lebkuchenhochburg wurde Nürnberg im 14. Jahrhundert. Als bedeutende Handelsstadt waren dort die seltenen Gewürze erhältlich, zudem wurde rund um die Stadt sehr viel Bienenzucht betrieben. Honig war deshalb reichlich vorhanden. Geschichtlich gesehen bringt uns der Lebkuchen aber noch viel weiter zurück. In Ägypten wurden kleine, gewürzte Honigkuchen als Grabbeigaben gefunden. Und die alten Römer verspeisten den “panus mellitus”, einen mit Honig bestrichenen Kuchen.
Die Zunft der Lebzelter
Früher einmal gab es eine eigene Zunft, die Lebkuchen herstellte. Die Hochblüte der Lebzeltler und der Holzmodelstecher war vom 16. bis zum 18. Jahrhundert.
Drei Rechte ergaben sich aus der Zunftordnung. Nur der gelernte Lebzelter besaß das Recht, die Produkte der Biene, also Honig und Wachs, weiter zu verarbeiten und mit Honig gesüßte Lebzelten, Wachsprodukte sowie Honigwein zu verkaufen. Jeder Lebzelter hatte seine eignen Rezepte, die natürlich streng geheim waren. Der Lebzelter arbeitet das ganze Jahr über, es gab den Lebkuchen nicht nur zur Weihnachtszeit. Er verkaufte ihn in der eigenen Lebzelterei aber auch auf Jahrmärkten und Kirtagen, Weihnachtsmärkten, zu Neujahr und an hohen festlichen Feiertagen. Der Lebkuchen wurde in den sogenannten Modeln (das Wort kommt „modulus“, das Maß) hergestellt. Für besondere Feste und Familienfeiern gab es ganz spezielle Modeln. Der wunderschöne Aufdruck auf dem Lebkuchen verwies dann auf dieses besondere Ereignis.
Da ist kein Pfeffer drin
Der Lebkuchen hat noch andere Namen: Lebzelten, Gewürzkuchen, Honigkuchen und Pfefferkuchen. Pfefferkuchen? Pfeffer ist zwar keiner drin. Aber all die fremdländischen Gewürze wurden früher alle unter dem Namen Pfeffer zusammengefasst.
Auch wir in Österreich haben seit dem 16. Jahrhundert eine Lebzeltertraditon. Bekannte Namen sind etwa die Lebzelterei Wallner in St. Wolfgang (1520), Kastner in Bad Leonfelden (1559) oder der Ausseer Lebkuchen (1584), der Ischler Lebkuchen kam „erst“ 1848 dazu, der Mariazeller 1860.
Zweierlei Lebkuchen
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen zwei verschiedenen Arten von Lebkuchen: dem Braunen Lebkuchen und dem Oblaten-Lebkuchen. Bei Ersterem ist der Mehlanteil hoch, und sein Teig ist knetbar. Es gibt ihn pur oder er ist mit weiteren Zutaten wie Früchten und Nüssen aufgepeppt. Vor der Verarbeitung wird der Teig längerer Zeit gelagert. Ganz frisch ist dieser Lebkuchen hart, erst nach einiger Zeit werden sie weich und aromatisch.
Im Gegensatz dazu sind die Oblaten-Lebkuchen mehlarm, manchmal sogar ganz ohne Mehl. Die Masse gleicht einer Makronenmasse und wird auf Oblaten gespritzt. Verfeinert wird der Teig natürlich auch mit zerkleinerte Mandeln, Hasel- oder Walnüsse, Ölsamen, Marzipanrohmasse oder andere Rohmassen.