Mit Haselnuss gepantschtes Olivenöl, Basmatireis, der keiner ist, oder Döner-Kebap vom Schwein: Das alles könnte dank Forensik bald Vergangenheit sein.

Forscher vor dem Mikroskop

Tarnen & Täuschen ist im Lebensmittelbereich leider gang und gäbe. Die Forensik könnte das unterbinden. ©Panthermedia

Zwei New Yorker Zwölftklässler erregten mit einem sehr speziellen Schulprojekt Aufsehen: Sie kauften 66 Waren in Supermärkten und ließen die DNA untersuchen. Was sich herausstellte, brachte ihnen internationalen Ruhm: Elf der insgesamt 66 Waren waren falsch deklariert. Schafskäse stellte sich als Kuhmilchkäse heraus. In die vermeintlichen Hundekuchen aus Wild hatte nie ein Waldbewohner, dafür aber Rinder gefunden. Vermeintlich edler Kaviar vom Stör stammte vom Löffelstör aus dem Mississippi und getrockneter Hai entpuppte sich als der Süßwasserfisch Nilbarsch. Ein Versehen wurde ausgeschlossen, allein aus der Tatsache heraus, dass entweder billigere als teurere Lebensmittel verkauft oder geschützte Arten falsch ausgewiesen wurden. Davor hatte bereits ein ähnliches New Yorker Schul-Projekt Aufsehen erregt, das zeigte, dass jedes vierte Fischprodukt von Märkten und Restaurants nicht das angegebene Tier enthielt. Mark Stoeckle von der Rockefeller University kommentierte das so: “Die Schüler haben den Lebensmittel- und Gesundheitsbehörden weltweit gezeigt, wie einfach es ist, die Herkunft von Produkten zu prüfen, Betrüger zu entlarven und sowohl die Gesundheit der Verbraucher als auch bedrohte Arten zu schützen.”

Die DNA-Analyse kann mehr

Mark Woolfe von der Food Standards Agency in London hat schon 15 Jahren in der Fachzeitschrift Trends in Biotechnology darauf hingewiesen, dass man mit DNA-Analysen Verunreinigungen von Reis, Fisch, Fleisch und Olivenöl feststellen könne. Verbrauchertäuschungen ortet der Forscher allem voran folgende: Das Ersetzen von hochwertigen Zutaten durch billigere Austauschprodukte, das simple Beimengen von Wasser, Ölen u.Ä. und die fehlende Deklaration von Verarbeitungsprozessen, wie z.B. Frieren oder Bestrahlung. Was betroffen machen sollte, ist, dass besonders Allergiker hier häufig die sprichwörtliche Katze im Sack kaufen und Schaden davontragen. Herkömmliche Analysetechniken versagen da gern. Ein stellvertretendes Beispiel dafür ist Olivenöl: Trägt ein solches die Qualitätsbezeichnung “nativ“, so darf es einerseits keine anderen Produktionsschritte als Pressen, Waschen, Dekantieren, Zentrifugieren und Filtrieren durchlaufen haben; andererseits ist die Verwendung von Lösungsmitteln, Geruchsstoffen und anderen Raffinierungstechniken tabu. Mit analytisch-chemischen Methoden lässt sich allerdings nicht nachweisen, ob das Öl diese Voraussetzungen erfüllt. Ein mit dem chemisch sehr ähnlichen Haselnussöl gestrecktes Produkt wäre etwa nicht zu entdecken. Und schon gar nicht ließe sich das Produktionsland bzw. die -region herausfinden. Moderne DNA-Techniken hingegen liefern diese Informationen problemlos.

Basmati – ja oder nein?

Ähnlich stellt sich die Situation beim Basmatireis in Sachen Echtheit dar. Gern ist da nämlich im Sackerl nicht der teure, aus den Vorbergen des Himalaya stammende Basmati drin, sondern eine pflegeleichtere Hybridsorte oder gar Sorten, die oberflächlich wie Basmati aussehen, aber keine seiner charakteristischen Eigenschaften aufweisen. Eine Studie der UK Food Standards Agency FSA ergab, dass 54% der “100 Prozent reinen Basmati”-Artikel auch andere Reissorten enthielten. Den Schaden, der den Konsumenten entsteht, schätzt die FSA auf jährlich rund 7,5 Mio. €. Mittlerweile ist beim Basmati unter anderem eine im München entwickelte DNA-Analysemethode gängig, bei der auf bestimmte Mikrosatelliten-DNA-Marker getestet wird. Diese Marker sind mit der Kornlänge assoziiert und kommen in anerkannten Basmati-Sorten vor. Zudem kann auf die Anwesenheit weiterer DNA-Marker getestet werden, u.a. auf das Gen, das für den Duft des Reises codiert ist.

Woher kommt der Kaviar?

Ein weiteres Beispiel für den gezielten Einsatz forensischer Methoden sind Produkte tierischen Ursprungs, z.B. der Kaviar: Während sich mit biochemischen Tests lediglich herausfinden lässt, ob ein Stör wild oder in einer Fischfarm gelebt hat, liefert die Untersuchung des Erbguts wesentlich konkretere Anhaltspunkte. Arne Ludwig vom Berliner Leibniz-Institut für Zoo- & Wildtierforschung, sagt: “Die diagnostischen Muster lassen sogar Rückschlüsse auf das Gewässer zu, in dem der Fisch geschwommen ist. “Voraussetzung ist nur, dass wir genügend Daten über diese Gewässer haben.” Und es gibt noch einen unschätzbaren Vorteil: Mit einem Gen-Test können weltweit Vergleichswerte ermöglicht werden. Wie dieses Szenario in der Realität aussieht, zeigen die USA, seit die Störe des Kaspischen Meeres zumindest teilweise unter den Schutz des Washingtoner Artenschutzabkommens gestellt wurden. Im forensischen Labor der US-Jagd- und Fischereibehörde in Ashland analysiert man via Genanalyse, um welche der 27 Störarten es sich handelt, und ob der Kaviar somit legal oder illegal gefischt wurde – wenn es überhaupt ein Stör ist. Denn gern findet sich statt dem Störrogen auch ein völlig anderer Rogen in den begehrten Dosen, z.B. der vom geschützten Paddelfisch. Auch die sichere Identifizierung illegal als Süßwasserschildkröten-Eier angebotener Eier von gefährdeten Meeresschildkröten ist damit möglich. Sogar Aussagen über den Strand, an dem die Eier gesammelt wurden, sind möglich, da Schildkröten zur Eiablage immer an den Ort ihres eigenen Schlupfs zurückkehren.

Und was geht bei Fisch und Fleisch?

Was sind nun aber die gängigsten Straftaten zur Täuschung des Konsumenten durch Fehldeklaration bei Fisch und Fleisch? Bei Fischen ist es der Betrug bei der Deklaration mit den Prädikaten “wild gefangen“ und “gezüchtet“. Beim Fleisch wird Produkten hingegen minderwertiges Gewebe, wie Innereien, beigemengt, aber auch potenziell risikobehaftetes Nerven-und Hirngewebe. Oder aber es handelt sich um gänzlich gefälschte Ware, was explizit beim Döner bereits nachgewiesen wurde – etwa in Berlin, wo sich das vermeintliche Huhn als Schwein entpuppte. Und schließlich ist auch die Nicht-Einhaltung vorgeschriebener Mindestmengen im Bezug auf Gewebe und Tierart ein nicht zu unterschätzendes Problem. Wobei selbst die klassische Genetik bei der Identifikation von Gewebskomponenten in tierischen Produkten versagt. Zwar weisen verschiedene Gewebe eines Individuums völlig identische DNA-Sequenzen auf. Was sie aber unterscheidet, sind spezifische Muster ihrer Genaktivität. In der Muskulatur sind völlig andere Gene aktiv als im Gehirn. Diese Unterschiede werden durch subtile chemische Veränderungen in bestimmten DNA-Abschnitten ausgelöst. Zum Erfolg führt in diesem Fall die sogenannte Epigenetik – ein Spezialgebiet der Biologie, das sich mit Zelleigenschaften beschäftigt, die auf Tochterzellen vererbt werden und nicht in der DNA-Sequenz, dem Genotyp, festgelegt sind. Bei alldem, was die DNA-Analyse im Foodbereich aber inzwischen auch kann: Selbst sie stößt an ihre Grenzen. Bei Lebensmitteln, die stark erhitzt oder industriell verarbeitet wurden, geht kaum mehr etwas.

Bei uns finden Sie garantiert ungepanschtes Olivenöl, ohne Haselnuss- oder anderen Zusatz! Döner haben wir zwar nicht im Angebot und auch keinen Basmati, aber vielleicht darf es Dinkelreis und Bisonfleisch sein?