Schwein gehabt!
“Schweineflüsterer“ Kees Scheepens interpretiert die Körpersprache der Tiere, hypnotisiert sie gar und tut auch sonst noch einiges skurril Anmutendes, um herauszufinden, woran es ihnen mangelt.
Grunzt das Schwein “Rupp Rupp“, ist das ein Alarmgeräusch. Es bedeutet: “Ich sage es dir einmal. Ich sage es dir zweimal. Aber ich sage es dir kein drittes Mal“: Ein jeder weiß das nicht zu deuten, aber ein jeder Schweinezüchter, der schon einmal Kees Scheepens zu Gast hatte. Scheepens ist jener Tierarzt, der seit über einem Vierteljahrhundert als “Schweineflüsterer” quer durch Europas Schweineställe tingelt, bereits zu rund fünf Millionen der Tiere Kontakt hatte und ihre Signale mittlerweile quasi blind versteht. Rund 15.000 Bauern hat er bereits beraten.
“Grunzt das Schwein ,Rupp Rupp´ ist das ein Alarmsignal. Das weiß nur nicht jeder zu deuten.”
Rupp Rupp bekommt Scheepens etwa zu hören, wenn er das Fressen der Schweine testet. Das tut er nicht ohne Grund. Schmeckt den Tieren ihr Futter nicht, kann das weitreichende Konsequenzen haben. Schweine seien wählerisch wie Menschen. Die gute Nachricht ist aber: Sie geben ständig Informationen über ihre Gesundheit, ihr Wohlbefinden und ihre Produktion ab. Man muss sie nur lesen können – und hier kommt Scheepens Kunst ins Spiel. Er beherrscht es, diese Signale aufzufangen und zu verarbeiten, ganz im Sinne einer Kontrolle und Verbesserung von Fütterung, Betreuung und Haltung der Tiere.
Die nackten Zahlen
Sein Credo ist dabei ein gefälliges. “Mit frohen Schweinen kann man mehr Geld verdienen.“ Den viel kritisierten Bauern will er keine Schuld am gegenwärtigen Dilemma zuweisen. Die wollten ihren Nutztieren eigentlich gar nichts Böses, würden einfach mit der Zeit betriebsblind. Dabei braucht es eigentlich gar nicht so viel zum Schweineglück: Nicht zu schnell Schlüsse zu ziehen, sondern immer wieder drei Fragen stellen, das reichte schon. Und die lauten: Was sehe ich? Warum ist das so? Was bedeutet das? In der Praxis heißt das z.B.: Ein Bauer muss seinen Sauen häufig bei der Geburt helfen, was für seinen Geschmack mit zu viel Arbeit und Zeit verbunden ist. Denn: Der Stall ist groß, es gibt Dutzende Sauen. Worauf Scheepens ans Beobachtungswerk geht. Türmen sich die Ferkel beispielsweise übereinander, ist ihnen zu kalt. Das Liegeverhalten, sagt er, sei ein sehr wichtiges Signal für die Umgebungstemperatur. “Man muss das nur bewusst sehen und die Ursache für dieses Signal schnell abstellen“, so Scheepens. Dass das aber nicht ganz so leicht ist, wie es sich anhört, weiß er. Man müsse wie Sherlock Holmes arbeiten, ist seines seiner beliebten Zitate. Fündig wird man bzw. er letzten Endes immer, mitunter auch an unerwarteter Stelle: Im genannten Fall gibt es zwar eine Fußbodenheizung. Nichtsdestotrotz macht der Schweineflüsterer den Verlauf der Luftströme im Stall via Disco-Nebelmaschine sichtbar. Das tut er, um abzuklären, ob die Frischluftzufuhr das Mikroklima der Ferkel zerstört. Zieht der Nebel auf das Muttertier, wie in diesem Fall, tut sie das nicht. Ein Problem kommt naturgemäß dennoch zutage: Die Frischwasserzufuhr braucht mehr Wasserdruck; Hintergrund: Die Tiere sollen mehr trinken, als sie müssten, um mehr Keime mit dem Urin auszuspülen. Im Umkehrschluss sollten die Problemgeburten dann weniger werden. Was eigenwillig, ja fast skurril klingt, ist mittlerweile ein gar nicht so uneinträgliches Geschäft für den Niederländer. Mit rund fünf Millionen Schweinen ist er in den letzten 26 Jahren auf Tuchfühlung gegangen. In anderen Worten heißt das, wie erwähnt: Rund 15.000 Schweinebauern in Europa haben seine Dienste bereits in Anspruch genommen.