Pestizide bedrohen unsere Lebensgrundlage
Der Pestizideinsatz in der Landwirtschaft ist seit 1990 weltweit um 80% gestiegen. Ob Glyphosat verboten wird, entscheidet sich erst Ende 2022.
Im Jahr 2020 wurden in Österreich 13.395 Tonnen Pestizide ausgebracht. „Auch in Österreich ist die Pestizidindustrie ein lukrativer Geschäftszweig, von dem aber nur einige wenige profitieren. Für Menschen und Umwelt ist der steigende Einsatz von immer wirksameren Pestiziden aber brandgefährlich und bedroht auf lange Sicht sogar unsere Lebensgrundlage. Das Artensterben, das auch unser Land betrifft, ist mittlerweile dramatisch und kann nur gestoppt werden, wenn der Einsatz von Ackergiften deutlich reduziert wird. Das gilt für Österreich genauso wie weltweit,” so Dagmar Gordon, Leitung Pestizid-Reduktionsprogramm bei Global 2000 anlässlich der Präsentation des neuen “Pestizidatlas – Daten und Fakten zu Giften in der Landwirtschaft 2022”. Dieser wurde von Global 2000 in Zusammenarbeit mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und das Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN Germany) erstellt. Begleitend dazu fordern die Organisationen eine konsequente Reduktion des Einsatzes von Pestiziden sowie das Verbot besonders toxischer Ackergifte und dass bereits in der EU verbotene Pestizide nicht länger exportiert werden dürfen.
Pestizideinsatz um 80% gestiegen
Der Pestizidatlas 2022 zeigt, dass die Menge weltweit eingesetzter Pestizide seit 1990 um 80 Prozent gestiegen ist und in einigen Regionen wie Südamerika sogar um über 140 Prozent. Der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen, wie zum Beispiel Soja als wichtiges Futtermittel für die Tierhaltung, hat in Ländern mit großer Artenvielfalt zu einer gravierenden Ausweitung des Einsatzes an Herbiziden, allen voran Glyphosat, geführt. Auch in der EU liegt der Einsatz mit rund 480.000 Tonnen auf hohem Niveau. Hier werden fast zwei Drittel der Menge an Pestiziden eingesetzt, die in ganz Südamerika verwendet werden, obgleich die EU lediglich ein Viertel der Fläche bewirtschaftet.
Der Einsatz von Pestiziden führt zu anhaltenden Belastungen von Mensch, Natur und Umwelt. So lassen sich an Luftmessstellen Pestizide nachweisen, die bis zu 1000 Kilometer weit entfernt ausgebracht wurden. Auch in Naturschutzgebieten finden sich Pestizidrückstände. Insbesondere Gewässer, die in der Nähe von landwirtschaftlich genutzten Gebieten sind, weisen eine hohe Pestizidbelastung auf. Eine fatale Wirkung hat der Einsatz von Pestiziden auf die biologische Vielfalt: konventionell bewirtschaftete Äcker weisen nur drei Prozent der floristischen Artenvielfalt auf, die auf Äckern zu finden ist, die noch nie mit Pestiziden behandelt wurden. Auf biologisch bewirtschafteten Äckern liegt die Vielfalt mit 53 Prozent erheblich höher. Die global wachsende Menge an eingesetzten Pestiziden führt weltweit zu einem Anstieg an Pestizidvergiftungen – insbesondere im Globalen Süden, wo Arbeiter oftmals nicht ausreichend geschützt sind. So sei konservativen Berechnungen zufolge in Asien von jährlich rund 255 Millionen Vergiftungsunfällen auszugehen, in Afrika von knapp über 100 Millionen und in Europa von rund 1,6 Millionen.
Ist wenigstens Glyphosat am Ende?!
Global 2000-Umweltchemiker, Helmut Burtscher-Schaden, einer der Autoren des Pestizidatlas: „Wie kritisch die Menschen den Einsatz von Pestiziden sehen, zeigten unlängst auch die Erfolge zweier Europäischer Bürgerinitiativen, nämlich “Bienen und Bauern retten“ und “Stopp Glyphosat“. Gerade was Glyphosat betrifft, steuert die Kontroverse bis Jahresende auf ihr Finale zu. Denn bis dann muss die EU über das weitere Schicksal des von der WHO als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuften Herbizids entscheiden.“
„Sollte die EU die Verwendung von Glyphosat nicht verbieten, wird es auch weiterhin ab 2023 sogar im Rahmen des Agrarumweltprogramm ÖPUL einsetzbar sein. Was hier also ganz deutlich und schmerzhaft fehlt, ist ein flexibles und attraktives Förderangebot für den Verzicht auf Pestizide.“ so Dagmar Gordon abschließend
Den Pestizidatlas zum Download finden Sie hier: https://www.global2000.at/sites/global/files/Pestizidatlas-2022.pdf