500 Millionen Kilo Heumilch wurden von rund 8.000 Heumilchbauern 2018 hierzulande produziert. In Alpbach feierten sie jetzt sich und ihre Arbeit.

Die Kühe von rund 8.000 Heumilchbauern fressen vorrangig Gräser – frisch und getrocknet. ©Thomas Q/Unsplash

Eine Kuh frisst die Menge an Getreide, von der sich drei Menschen ernähren könnten – in der industriellen Landwirtschaft wohlgemerkt. Das sagen nicht wir, sondern eine Studie der Universität für Bodenkultur (BOKU). Wem das nun ein bisschen viel erscheint, der kann zu Produkten aus der Heuwirtschaft greifen. Da fressen die Kühe allem voran Gräser in frischem und getrocknetem Zustand, und aus Europa stammenden gentechnikfreien Getreideschrot als Ergänzung. Sie kriegen also artgerechtes Futter – Stichwort Wiederkäuermagen. Vergorene Futtermittel wie Silage sind tabu. Werner Zollitsch, ein Kenner dieser Art zu wirtshaften vom BOKU-Institut für Nutztierwissenschaften und Department für Nachhaltige Agrarsysteme, findet dafür nur lobende Worte. Heumilchbauern, sagt er, stellen sich der Aufgabe, Produktivität und Wirtschaftlichkeit mit Elementen der Nachhaltigkeit zu vereinen: “Mit standortangepasster Milcherzeugung durch lokal verfügbare Ressourcen, der Schonung von Boden und Wasser, tiergerechter Haltung mit Weidehaltung im Sommer und der Erhaltung der Biodiversität gelingt  ihnen das auf beeindruckende Weise.“

Garantiert traditionelle Win-win-Situation

Was die Artenvielfalt betrifft, so profitieren insbesondere Bienen und Schmetterlinge von den Grünflächen der etwa 8.000 Heumilchbauern Österreichs. Man lässt Wiesen und Weiden richtig reifen und mäht erst, wenn Gräser und Kräuter wie Wiesenschwingel, Weißklee, Knaulgras, Wiesenfuchsschwanz, Rotklee, Zaunwicke, Spitzwegerich oder Löwenzahn in voller Blüte stehen. Wird gemäht, geschieht das räumlich und zeitlich gestaffelt. “Dadurch bleiben für Bestäubungsinsekten wie Bienen und Hummeln oder auch Niederwild wichtige Nahrungsquellen und Rückzugsmöglichkeiten erhalten, bis die Pflanzen auf den bereits gemähten Wiesen wieder hoch genug sind“, erläutert Karl Neuhofer, Obmann der Arge Heumlich. Der Mensch? Profitiert auch. Beispielsweise von doppelt so viel Omega-3-Fettsäuren und konjugierten Linolsäuren (CLA), die Heumilchprodukte im Vergleich zur normalen haben. Das besagt eine Boku-Studie aus 2010. Die Bemühungen schlugen sich 2016 auch in einem EU-Gütesiegel nieder: dem g.t.S  – garantiert traditionelle Spezialität. Kein anderes heimisches Produkt darf es tragen. Jetzt haben die Heumilchbauern sich selbst gefeiert. In Alpbach begingen 600 von ihnen zusammen das 15 Jahre-Jubiläum der Arge Heumilch, die die Interessen der Heumilchbauern und der 60 Verarbeiter mit hohem werblichem Aufwand bündelt. Im Zuge dessen fielen auch einige interessante Zahlen, was die Produktion betrifft.

Fünf bis sieben Cent Zuschlag pro Kilogramm Heumilch

Ganze 40.000 Tonnen Heumilchprodukte wurden im österreichischen Lebensmitteleinzelhandel 2018 abgesetzt, 600 verschiedene übrigens. Das ist an sich schon eine beeindruckende Zahl, umso mehr aber, als das auch ein Plus von 125 Prozent seit 2009 ist und der gesamte Milchmarkt im selben Zeitraum ein Minus von fünf Prozent hinnehmen musste. Die jährlich 500 Millionen Kilogramm Heumilch sind zu 100 Prozent in der Vermarktung. Und mit fünf bis sieben Cent Heumilchzuschlag, den Bauern heute bekommen, hat der sich seit 2009 verfünffacht. In anderen Worten liegt der Mehrwert für sie heute bei mehr als 25 Millionen Euro pro Jahr. Für die Österreicher sind diese Produkte keine Unbekannte mehr. Der Bekanntheitsgrad liegt bei 82 Prozent. Aber auch im Ausland schätzt man diese Wirtschaftsweise. Rund 60 Prozent aller heimischen Heumilchprodukte werden exportiert.  Und sie punkten. Auf der erst vor wenigen Wochen über die Bühne gegangenen Biofach 2019 in Nürnberg etwa wurde mit dem Bio Kürbiskern-Rebell erneut ein Bio-Heumilchkäse der Käserebellen von den Messebesuchern zum „Best New Product“ gewählt. Die Bio-Heu-Region Trumer Seenland erhielt derweil den Ehrenpreis des Leopold-Kohr Preises, der alle drei Jahre an soziale, kulturelle und ökonomische Projekte verliehen wird. Was ist noch zu sagen? Dass Heumilch nicht automatisch Bio ist und der österreichische Heumilchanteil an der Gesamtproduktion sich veritabel von dem in der EU unterscheidet. In Zahlen sprechen wir von 15 Prozent hierzulande und nur drei Prozent in der EU.

Heumeisterschaften 2019: Zeitgleich zur Jubiläumsfeier 15 Jahre Arge Heumilch wurde in Alpbach auch das beste Heu Österreichs ausgezeichnet. Gewählt wurde aus ganzen 600 Proben nach Kriterien wie Nährstoff-, Energie- und Mineralstoffgehalt, Farbe und Geruch. Es gab dabei Kategorien wie „Ballenheu“, „Bodenheu – ohne Belüftung “, „Energie-/Proteinheu“, „Grummet“  und „händisch geworbenes Heu“. Die Sieger finden sich wie auch weiter Infos unter http://www.heumilch.at