Mörder, Tierquäler, Ausbeuter: Was Landwirte auf Facebook über sich lesen müssen, geht auf keine Kuhhaut, wie eine Studie der Vetmeduni Vienna bestätigt.

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Wer die Öffentlichkeit sucht, der muss mit Kritik rechnen? Stimmt. Aber würden Sie sich gern Sätze wie  „Deine Kinder sollen auch gebraten werden“ anhören? Für die heimischen Bauern, die sich und ihre Arbeit in den sozialen Netzwerken darstellen, sind solche verbalisierten Agressionen leider Alltag. Wenn die eigenen Kinder mit im Spiel sind, schmerzt das vermutlich am meisten. Aber auch weitere typische Beschimpfungen und Vorwürfe sind nicht ohne: Dass die Landwirte „die Kühe zwangsschwängern und vergewaltigen“ gehört ebenso dazu wie immer wieder geäußerte „Holocaustvergleiche“. Ein besonders dickes Fell muss man sich zulegen, wenn die Kritik ganz und gar unter die Gürtellinie geht.

„Mir wurde vorgeworfen, empathielos und eine schlechte Mutter zu sein, weil ich Kühe habe und ihnen die ‚Babys‘ wegnehme.”

Das sagte eine Bäuerin zum Thema. Erzählt haben sie und andere Landwirte das Ganze Christian Dürnberger von der Abteilung Ethik der Mensch-Tier-Beziehung des Messerli Forschungsinstituts der Vetmeduni Vienna.

Hater wahren keinen schönen Schein

Dürnberger wollte genau wissen, wie das so ist mit dem Bauer, seiner Facebook-Nutzung und dem unausweichlichen Auftauchen von Hatern. Er sagt, soziale Netzwerke, besonders Facebook wurden zwar vielfach wissenschaftlich analysiert.  Und es gäbe auch zahlreiche Studien und Erbebungen zur Rolle von Landwirten Aber die Rolle von Landwirten auf Facebook sei wissenschaftlich bisher kaum untersucht. Das habe ihn motiviert. Und er fand eine Antwort auf die Frage: Sind nutztierhaltende Landwirte, die ihre Arbeit in sozialen Netzwerken präsentieren, auf Grund ihres Berufes häufig mit ,Hate Speech’ konfrontiert? Die lautet schlicht: Ja. Dass Ansagen wie „You should be slaughtered“ (Sie sollten geschlachtet werden) oder „Ihre Kinder sollen an Krebs verrecken“  natürlich nicht das Feedback sind, das sich Landwirte wünschen würden, liegt auf der Hand. Zudem viele den Social Media Dienst nicht nur aus wirtschaftlichen Motiven nutzen.

Suchen Landwirte den Dialog oder belehren sie?

Die Bauern wollen vielmehr aufklären und die öffentliche Akzeptanz für die Viehhaltung verbessern. Es geht ihnen auch darum, sagt Dürnberger, grundsätzliche Information und einen Dialog über Landwirtschaftt bzw.  Nutztierhaltung einzuleiten. Einen Grund dafür gibt es natürlich auch: Auf diesem Weg wollen sie die Deutungshoheit in landwirtschaftlichen Diskursen zurückgewinnen und das Wissen über landwirtschaftliche Praxis allgemein steigern. Dafür neue Wege der Kommunikation zu finden – vor allem im Sinne eines direkteren Dialogs mit Verbrauchern und Bürgern, dazu sehen sie sich quasi aufgefordert. Schließlich raten Studien, Bücher und auch Institutionen, die sich mit Kommunikationsmaßnahmen für die Landwirtschaft  beschäftigen, zur Verwendung „Sozialer Netzwerke“ wie Facebook oder Twitter. Das Verständnis von Dialog ist allerdings nicht immer ganz unproblematisch. In aller Regel ist damit nämlich weniger ein Austausch auf Augenhöhe zwischen verschiedenen Akteuren gemeint, als vielmehr ein Belehren von Laien (= Bürgern) durch Experten (= Landwirte). „Es ist fraglich, inwieweit ein solches Dialogverständnis ausreichend ist, um in sozialen Netzwerken gerade mit kritischen Anfragen adäquat umzugehen“, ortet Dürnberger auch bei den in den Sozialen Netzwerken aktiven Landwirten einiges an Verbesserungspotenzial. Und noch etwas zeigt die Studie, sagt er: „Dass es nicht genügt, wenn z.B. die Politik von Landwirten fordert, verstärkt den direkten Dialog mit Bürgern und Verbrauchern zu führen.” Sei dieser direkte Kontakt zwischen Nahrungsmittelproduzenten und Konsumenten in der Tat gesellschaftlich erwünscht, dann müsse auch analysiert werden, wie dieser Dialog tatsächlich abläuft. “Und es muss gefragt werden, inwieweit dieser Dialog konstruktiver gestaltet werden kann.”