Bis zum ersten Frühlingsvollmond muss der “Roter Veltliner Donauterrassen” Wein reifen. Jetzt ist der 2020iger Jahrgang abgefüllt und verspricht Gutes.

Roter Veltliner Donauterrasse Winzer bemühen sich um den Erhalt der seltenen und anspruchsvollen Sorte. Nur in den dafür geeigneten Lagen ist eine erfolgreiche Pflege dieser Rebsorte überhaupt möglich. ©Presidio Roter Veltliner Donauterrassen

Dass es sich lohnt, Herausforderungen anzunehmen, zeigte 2020 den zehn Winzern des Slow Food Presidio “Roter Veltliner Donauterrassen” wieder aufs Neue. Es hat schon seinen Grund, warum ihre Leitrebsorte oftmals als Diva bezeichnet wird: Im Weingarten ist sie stets behutsam zu behandeln, meist verlangt sie außerordentliche Sorgfalt und Geduld. Diese Aufmerksamkeit belohnt sie wiederum mit feinstrukturierter Eleganz und starkem Charakter. Das Weinjahr 2020 ist besonders bezeichnend für diese ausgeprägte Beziehung zwischen den Winzern (und natürlich auch den Winzerinnen) und ihrer Rebsorte, aber auch dafür, dass Fleiß und Leidenschaft eben belohnt werden. 

Vom Umgang mit Kapriolen

EINE SELTENE UND TRADITIONELLE REBSORTE

Roter Veltliner nimmt eine besondere Stellung innerhalb der Veltliner Familie ein, die Verbreitung beschränkt sich allerdings auf wenige Weinbaugebiete in Niederösterreich. Man findet sie vor allem am Wagram, aber auch im Kamptal und Kremstal.

Anfangs sonnig und warm, entwickelte sich das Jahr unbeständig und wechselhaft. Kühlere Nächte als in den Vorjahren begünstigten den Erhalt der Säure und förderten eine ausgeprägte Aromenbildung. Ungewohnt hohe Niederschläge ab August verlangten nicht nur präzise Beobachtungen des Wettergeschehens sondern auch besonders flexibles Handeln im Weingarten. Gut, dass die Winzer ihren Roten Veltliner so gut kennen, ihm die nötige Zuwendung schenken und sich Herausforderungen mit viel Fingerspitzengefühl stellen. Entstanden sind nämlich außerordentlich elegante Weine, die sich durch viel Struktur und Aromenreichtum bei gemäßigtem Alkohol auszeichnen. Der Jahrgang 2020 ist schon jetzt eine Freude im Glas, aber man darf ihm durchaus auch noch Zeit schenken. Denn beim Roten Veltliner verhält es sich mit dem Trinken ein bisschen so wie mit dem Vinifizieren: Je besser man sein Gegenüber kennt, umso mehr lernt man es schätzen.

Nach dem ersten Frühlingsmond

Jedes der 10 Presidio “RoterVeltliner Donauterrassen” Weingüter hat eine eigene Handschrift. “Was sie alle gemeinsam haben: Erst nach dem 1. Frühlingsvollmond (das war dieses Jahr am 28. März) wird der neue Jahrgang RoterVeltliner auf Flasche gefüllt und erst dann vorgestellt, denn die längere Reifezeit braucht es, da wir alle bio oder biodynamisch arbeiten, und nur mit Naturhefen und ohne Additive arbeiten,” erklärt Hans Czerny, Weingut Wimmer-Czerny.

Handlese, lange Reifezeit am Hefebett und spätes Filtern verhelfen aber zu Authentizität und viele Jahre langem Reifepotenzial.

Die dunkelrosabeerige Weissweinrebe Rebe Roter Veltliner reift seit vielen Winzergenerationen auf sonnigen Geländestufen am Wagram, in Teilen vom Krems- und Kamptal sowie südlichem Weinviertel zu feinblumigen Weissweinen, die Winzer des Slow Food Presidio „Roter Veltliner Donauterrassen“ schenken ihr Herz der Förderung und Weiterentwicklung dieser Rarität. 

Löss und Wein. ©RoterVeltliner Donauterrassen

Roter Veltliner findet hier auf sonnigen, ins Donautal blickenden Hängen mit nicht zu viel Feuchtigkeit die besten Bedingungen für ihre Talente. Zunehmend begeistern sich viele Weinfreunde wieder für diese Rarität, deren starke weinbauliche Bedeutung in Österreich Jahrhunderte zurück reicht, im 18. Jahrhundert wird sie am Wagram als Hauptsorte beschrieben, mit den Römern kam sie an die Donau der Provinz Noricum, ihre Genetik gibt überraschende Hinweise: sie ist Stammvater vieler mitteleuropäischer Lokalsorten mit generationenlanger Tradition: Neuburger, Zierfandler, Rotgipfler, FrühroterVeltliner. Im 20. Jahrhundert wäre sie dann fast verschwunden, weil sie nicht gut auf die zunehmend industrielle Weinbautechnik reagierte – ein unverstandenes Talent, prädestiniert für extensive Bodenbewirtschaftung, aber der Zeitgeist lief anders.

Um den an sich sehr vitalen Roten Veltliner fit für die Zukunft zu machen, werden in jedem Weingut die wertvollsten, besonders dunkelroten lockerbeerigen Stöcke ausgewählt und vermehrt, die mit den wertvollsten Eigenschaften und nicht die Massenträger, eigene „Hoflinien“ mit spezifischem Charakter. Damit wird das Qualitätspotential über den Weingarten besser erschlossen. Zudem ist diese hofeigene Diversität auch als eine Art Lebensversicherung für etwaige kommende Herausforderungen durch die Natur zu erachten. 

Alljährlich findet Ende August die Schneckenpartie statt, bei der es Bio-Roter Veltliner zu verkosten gibt und zahlreiche kulinarische Slow Food Spezialitäten verkocht werden. Informationen unter www.roterveltliner.bio

Die Autoren: Judith Mehofer und Hans Czerny