Jedes verpackte Bio-Produkt in der EU muss das EU-Bio -Siegel tragen. Damit sind Produkte sofort als Bio erkennbar. Kritiker sehen es aber nur als Bio-Light.

Ist Ihnen das schon aufgefallen? Wenn sie ein heimisches Bioprodukt kaufen, dann findet sich neben den hierzulande bekannten Biolabels immer auch ein Label mit 12 Sternen auf einem grünen Blatt darauf. Das ist das EU-Bio-Siegel und es steht für verpackte Lebensmittel aus biologischer Produktion. Noch heute ist es eines der bekanntesten Labels, auch, weil es das am meisten verbreitete für Bio-Nahrungsmittel in Europa ist. Auf mehreren Hunderttausend Produkten klebt es mittlerweile. Und es gibt auch kein Entkommen. Denn wer innerhalb der Europäischen Union seine Produkte „bio“, „öko“ oder „aus kontrolliert biologischem Anbau“ nennen möchte, der braucht es verpflichtend. Dafür muss er die Kriterien für ökologischen Landbau einhalten, so wie sie das EU-Recht definiert. Allerdings gibt es viele Bio-Labels mit strengeren Kriterien, unter anderem das AMA Bio-Siegel oder dem Siegel von Bio Austria. Die darf man dann zusätzlich anbringen.

Das EU-Bio-Logo

Das Logo mit dem grünen Blatt ist das Siegel der EU-Bio-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 834/2007), diese enthält Rechtsvorschriften zu Produktion, Kontrolle und Sanktionsmaßnahmen im biologischen/ökologischen Landbau. Seit 1. Juli 2010 sind alle vorverpackten Produkte aus zumindest 95 Prozent biologischer Landwirtschaft im EU-Raum damit zu kennzeichnen. Die EU-Bio-Verordnung gilt als einheitliche Basis für alle EU-Mitgliedsstaaten. Dieses Siegel ist in Kombination mit anderen Bio-Siegeln und Kennzeichnungen zu finden. Das EU-Bio-Siegel wird von der Europäischen Kommission, Generaldirektion Landwirtschaft vergeben. Neben der Herkunftsbezeichnung (EU-Landwirtschaft, Nicht-EU-Landwirtschaft oder EU-/Nicht-EU-Landwirtschaft), gibt es die Nummer der Kontrollstelle an. Nicht angegeben wird in welchem Land die Verarbeitung erfolgt.

Was darf man nun von einem Produkt mit diesem Siegel erwarten? Dass man daran jedes Bio-Produkt, das in der EU in den Verkauf gelangt sofort erkennen kann. Und zumindestens 95 Prozent biologische Zutaten in verarbeiteten Produkten. Das heißt im Umkehrschluss, dass 5 Prozent der Zutaten aus konventioneller Haltung stammen dürfen? Stimmt. Aber nur dann, wenn sie nachweislich nicht in Bio verfügbar und erlaubt sind. Die Bauern und Erzeuger müssen sich außerdem an die EU-Rechtsvorschriften für den ökologischen Landbau halten. Das heißt: keine chemisch-synthetischen Pflanzenschutz- und Düngemittel, tiergerechte Haltung mit Tageslicht und Auslaufmöglichkeiten ist vorgeschrieben, Gentechnik ist verboten und es sind in der Verarbeitung 53 Zusatzstoffe zugelassen. Bei konventionellen Produkten in der EU sind es 316. Kontrolliert wird auch: Nach der ersten Prüfung werden die Nutzer des Zeichens mindestens einmal jährlich kontrolliert, ungefähr jeder fünfte Besuch erfolgt unangemeldet. Papier ist allerdings geduldig und nicht alles, was darauf steht und gut klingt, ist es auch. Unter Kennern der Materie gilt das EU Bio-Siegel als “Light-Variante”. Warum? Einmal wegen der noch immer vielen erlaubten Zusatzstoffen. Dann müssen Bauernhöfe, auf denen „Bio“-Produkte nach EU-Richtlinie hergestellt werden, nicht einmal vollständig Bio sein. Ein Mix mit konventioneller Landwirtschaft ist erlaubt. Und auch was das Tierwohl betrifft, geht das Siegel vielen zu wenig weit. EU-Öko-Bauern dürfen zum Beispiel bis zu 3.000 Hennen in einem Stall halten, sechs Hühner teilen sich dabei einen Quadratmeter plus Freilauffläche. Erlaubt ist auch die sogenannte Etagenhaltung mit bis zu drei Ebenen übereinander. Dass sich die Haltung nicht sehr von der konventionellen Haltung unterscheidet, zeigen auch die folgenden Zahlen. Rinder haben laut den Kriterien dieses Siegels fünf statt drei Quadratmeter Platz plus 3,7 Quadratmeter Auslauf. Schweine leben auf 1,3 statt einem Quadratmeter und haben einen Quadratmeter Auslauf. Und auch was die Gentechnik-Freiheit betrifft, ist das grüne Blatt kein absolutes Ruhmesblatt. Seit 2009 dürfen Bio-Produkte 0,9 Prozent gentechnisch veränderte Zutaten (bezogen auf die jeweilige Zutat) beinhalten. Kennzeichnungspflichtig ist das allerdings nicht.

Ist bei Importwaren Betrug vorprogrammiert?

Auch Importwaren können mit dem Label gekennzeichnet werden. Ihre Produktion muss allerdings den international vereinbarten Richtlinien für den Öko-Landbau entsprechen („Gleichwertigkeit“). Andere Kriterien gelten deshalb, weil die regionalen Verhältnisse in Europa, Asien, Afrika und Lateinamerika sehr verschieden sind. Und damit sind wir auch schon beim nächsten Problem. Die ausländischen Kontrollbetriebe stehen nämlich in finanzieller Abhängigkeit zu den Produzenten, sagt Oliver Huizinga, Experte für Lebensmittelkennzeichnung bei Foodwatch. “Der Produzent vor Ort kann sich aussuchen, welche Öko-Kontrollstelle oder wer genau ihn kontrolliert.” Das, sagt er, könne zu einer höheren Betrugsrate führen: “Der Unterschied im Preis von konventionellen Produkten und ökologischen Produkten ist sehr groß und deswegen ist es attraktiv für Betrüger, in diesem Segment Sachen unterzujubeln, die eigentlich gar keine Bio-Produkte sind.” Es gibt einen internen Bericht der EU-Kommission, der laut dem TV-Sender ARD “Unregelmäßigkeiten” bei importierten Bio-Produkten auflistet. Die verdächtigen Vorfälle haben sich demnach in den vergangenen Jahren sogar mehr als verdreifacht. Aber fallen etwa Pestizide bei Import-Kontrollen nicht auf? Leider nein. Spritzt man zum richtigen Zeitpunkt Pestizide mit kurzer Lebensdauer haben die sich bis dahin schon wieder abgebaut. Nur Bodenproben zeigen das Dilemma noch. Die ARD wollte es wissen und hat sieben Proben auf einer chilenischen Bio-Apfel-Plantage genommen.  In allen haben die Wissenschaftler Pestizide gefunden. Natürlich kann man nicht pauschal sagen, dass bei EU importierten Bio-Produkten Betrug vorprogrammiert ist. Man kann sie allerdings auch nicht ausschließen, wiewohl Markus Leithner von Bio Austria sagt: “Gerade bei Tests hinsichtlich Pestizid-Rückständen schneiden Bio-Produkte durch die Bank hervorragend ab. Meist gibt es hier keine Beanstandungen.” Summa Summarum kann man sagen: Das EU-Biosiegel ist auf der einen Seite der höchste, einheitlich geregelte gesetzliche Lebensmittelstandard und steht auf der anderen Seite für einen Mindeststandard im Biobereich. Zwar nimmt man bei damit gekennzeichneten Produkten nachweislich 150 Mal weniger Chemikalien wie Düngerückstände erlaubt und konfrontiert den eigenen Körper mit viel weniger Zusatzstoffen als bei konventionellen Produkten. Unser Fazit lautet dennoch: Greifen Sie besser zu Produkten mit den Labels der Bio-Verbände wie Bio Austria, deren Partner viel strengere Richtlinien umsetzen, und da zu regionalen Produkten, um auf der sicheren Seite zu sein.

Wir wollen wissen, wo es herkommt!

Bauernladen.at-Check: EU-Bio-Label

✔ Lebensmittel dürfen weder Farbstoffe noch Geschmacksverstärker, künstliche oder naturidentische Aromen, Stabilisatoren oder synthetische Süßstoffe enthalten.

✔ Mindestens 95 Prozent der Grundzutaten müssen aus dem Bio-Landbau stammen.

✔ In der Tierhaltung ist Anbindehaltung grundsätzlich verboten, die Tiere haben mehr Platz als in der konventionellen Tierhaltung.

✔ Futtermittel werden ökologisch produziert.

✔ Tiere dürfen keine Antibiotika, Wachstums- oder Leistungshormone im Futter bekommen.

✔Auch Stickstoff-Dünger und chemische Pflanzenschutzmittel (Pestizide) sind verboten.

✗ Betriebe müssen nicht komplett auf ökologischen Landbau umgestellt haben, es reicht auch eine Teilumstellung.

✗Anstelle von Pestiziden wird unter anderem Kupfer als Anti-Pilz-Mittel eingesetzt, das Bodenorganismen schädigen kann und nicht im Boden abgebaut wird.

✗ Das Siegel garantiert nur einen Mindeststandard an mehr Tierwohl gegenüber konventioneller Haltung. Sechs Hühner teilen sich beispielsweise einen Quadratmeter plus Freilauffläche. Erlaubt ist auch die sogenannte Etagenhaltung mit bis zu drei Ebenen übereinander. Die Bio-Siegel der Bio-Verbände schreiben weitaus mehr Tierwohl vor.

✗Auch jedes Nicht-EU-Produkt kann das Siegel erhalten. Kontrollen sind in vielen Ländern aber schwierig, eingesetzte Pestizide oft nur in den Böden nachweisbar.

✗ Produkte mit diesem Siegel dürfen 0,9 Prozent gentechnisch veränderte Zutaten enthalten (bezogen auf die jeweilige Zutat) beinhalten. Das ist nicht kennzeichnungspflichtig.