Ein Jahr nach der “Bio-Wende” muss sich das Burgenland mit Wirtschaftsvertretern herumschlagen, die Nein zur Lebensmittel-Kennzeichnung in der Gastronomie sagen.

Wo genau burgenländischen Schmankerln herkommen, darüber schweigt man lieber.  ©Burgenland Tourismus/P.Burgstaller

Eines will Matthias Mirth auf keinen Fall: seiner Klientel “das Leben schwer machen”. Mirth ist burgendländischer Obmann der Wirtschaftskammer-Fachgruppe Gastronomie. Und das potenziell schwerere Leben ist sein Kernargument für die gerade kundgetane unmißverständliche Ablehnung der verpflichtenden Kennzeichnung von Lebensmitteln in der Gastronomie. Diese Forderung kommt neuerdings nicht nur immer öfter von Gästen, sondern auch von der Initiative Tierschutzvolksbegehren und Irmi Salzer, der grünen Spitzenkandidatin im Burgenland für die Nationalratswahl. Zu viel des Guten für Mirth. Die EU-Vorschriften würden ohnehin erfüllt, jede weitere Kennzeichnung oder Vorschrift sei lediglich “eine weitere bürokratische Hürde” für die Gastronomen. Und bei der Primärzutat müsse ab April 2020 dank einer Verschärfung der Lebensmittelinformationsverordnung ohnehin die Herkunft angegeben werden, falls diese von der augenscheinlichen Herkunft des Produktes abweicht.

“Betriebe, die sich einbunkern, werden vom Markt weggespült”

Mit dieser Haltung tue die Kammer ihren eigenen Mitgliedern keinen Gefallen, sagt Tierschutzvolksbegehren-Frontman Sebastian Bohrn Mena. Der Markt entwickle sich weiter, es gebe einen “gesellschaftlichen Paradigmenwechsel”: Betriebe, die sich nun “einbunkern” würden und nach wie vor keine Transparenz walten ließen, würden letztlich “vom Markt weggespült”. Ob das den Standesvertretern auch bewusst sei? Ja, sagt Bohrn Mena, der mehr Transparenz in das “zutiefst intransparente System der Lebensmittel” bringen will. Und dazu anmerkt: In der Schweiz funktioniere die Kennzeichnung bereits. Im Übrigen gäbe es auch in Österreich bereits eine “große Allianz” aus Parteien, Landwirtschaftskammer sowie Umwelt- und Tierschutzorganisationen – lediglich die Wirtschaftskammer spiele da nicht mit und blockiere nach wie vor jede Form von Transparenz. Wobei manche Keyplayer auch nur eine sehr eigene Vorstellung von Transparenz haben. Beispielsweise Anja Haider-Wallner von der Grünen Wirtschaft Burgenland. Sie sagt, sie könne sich eine Regelung vorstellen, bei der alle Lebensmittel tierischer Herkunft, die aus Österreich stammen, nicht gekennzeichnet werden müssen, Lebensmittel aus dem Ausland aber schon.

Biobundesland oder Blockiererbundesland?

Der 2018 mit einem Landtagsbeschluss bekundeten “Bio-Wende” im Burgenland – den sukzessiven Umstieg auf biologische Produkte in allen Bereichen, kommt Mirths Blockade auch nicht gerade entgegen. Zudem man erst vor wenigen Tagen eine Zwischenbilanz der eingeleiteten Maßnahmen gezogen hat, und die gar nicht schlecht aussieht. Die Bioanbauflächen wurden im letzten Jahr von 31 auf 37 Prozent gesteigert  – bis 2050 will man auf 50 Prozent kommen. 27 Förderanträge zum Umstieg auf Bio wurden heuer genehmigt. Das Fördervolumen von ursprünglich 255.000 Euro soll aufgestockt werden, so Landesrätin Astrid Eisenkopf. Landesunternehmen wie Schulen und Kindergärten sollen bis 2021 schon 50 Prozent Bioprodukte verarbeiten, bis 2024 100 Prozent. In den landesnahen Betrieben sind Milchprodukte und Eier bereits umgestellt, Rindfleisch soll noch heuer erfolgen. Beim Tiergesundheitsdienst hat die “Sektion Bio” bereits ihre Arbeit aufgenommen, um Landwirte und Züchter auf dem Weg der Umstellung zu begleiten. “Bio Burgenland” solle zu einem Gütesiegel werden, sagt Eisenkopf. Das zugehörige Logo will man in den kommenden Wochen präsentieren. Wie lange die Wirtschaftsvertreter angesichts dieser Ambition ihre Kennzeichnungs-Blockade noch aufrecht erhalten können? Und ob Betriebe, die verweigern, wirklich weggespült werden? Man wird sehen.