Ende 2008 war unter 40 angebotenen Bio-Destillaten kein einziges österreichisches. Heute ist die Szene bunt und innovativ. Ein kleiner Rückblick zu den Anfängen lohnt aber.

Innovative heimische Destilleure haben ihn schon vor zehn Jahren erkannt – den Trend zu Basisspirituosen. ©Panthermedia

Dass nebst passionierten Schotten auch die oberösterreichischen Hochmairs Biowhiskey brennen und ein ebensolcher Vodka nicht nur in Russland zuhause ist, sondern auch bei Johann Ackerl im Waldviertel; dass der Mostbaron den weltbesten Biogin brennt und Werner Michlits Biobrand(y): Das gehört nicht zum Allgemeinwissen des Österreichers. Muss es auch nicht, weil die Geschichte der Bio-Basisspirituosen hierzulande gerade einmal etwas über ein Jahrzehnt alt ist.

40 Destillate, kein heimisches

Es war Anfang 2008, als die Bio-Hotels, eine Vermarktungsgemeinschaft von aktuell 80 Betrieben, eine Tatsache verändern wollte: Die nämlich, dass beim eigenen Spirituosensortiment wenig von den strengen Normen im Hinblick auf den 100%igen Einsatz von Bio – wie etwa in der Küche – zu sehen war. „Der Großteil der Produkte war konventionell“, so Jürgen Schmücking, wort.bild.bio GmbH-GF. Die Erklärungen dafür: Mangelnde Verfügbarkeit in Bio, unzureichende Markttransparenz und kaum Listungen bei Gastronomielieferanten. Also beauftragten die Bio-Hotels zwei ihrer Handelspartner mit der Erstellung eines passenden Angebots. Das Ergebnis frustrierte: Offeriert wurden im Herbst 2008 40 Destillate, keines davon aus Österreich. Zwecks Umschwung initiierte Schmücking vier Projekte: „Best of Bio Spirits 2009“ zusammen mit den Bio-Hotels; Das Cross-Marketing Projekt „100% mix & drink Now”; Das Buch-Projekt „Brand am Herd – Kochen mit Likör und Edelbränden“ und das Ausbildungsprojekt „Brände und Liköre an der Bio-Bar“.

Gleich mal 270 Einreichungen

Das Prämierungsprojekt brachte auf Anhieb 270 Einreichungen. Und zwei Erkenntnisse. Einerseits, dass für die Bioschnapsszene die Zeit des Heimspiels bäuerlicher Direktvermarkter – denen aus rechtlichen Gründen der Zugang zur professioneller Logistik ihrer Produkte verwehrt war – vorbei war.

Der Vulkanländer

Vulkanland Bio-Whisky Woazky

Innovatives zum Thema Whisky liefert die Brau- und Whiskymanufaktur Lava Bräu. Dort braut man seit 2009 Single Malt Whisky im Vakuum. Diese Form der schonenden Destillation gewährleistet eine hohe Geschmacksvielfalt. Die durch das Vakuum in der Brennblase geringen Temperaturen sorgen für die Erhaltung der Aromenvielfalt.                 Zu haben ist er hier bei uns!

 

Andererseits kristallisierten sich im Hinblick auf die hiesige Szene drei Tendenzen heraus: „Gewerbliche Destillerien entdeckten Bio und den Bedarf der heimischen Gastronomie; analog zur Entwicklung in der konventionellen Spirits-Szene werden von Brennern auch Basis-Spirituosen angeboten – Vodka, Gin, Rum, Whiskey und Weinbrand. Und schließlich reagieren Handel und Gastronomie sehr schnell auf diese Entwicklungen.“ Exemplarisch für die damals neue Bio-Basisspirituosengeneration stand damals unter anderem Mostbaron Josef Farthofer mit dem O.Gin, den er ein Jahr entwickelte und der zum weltbesten Gin gekürt wurde. Werner Michlits punktete mit seinem (nicht süssen) Eisweinbrand, den er zwecks Harmonie und Gehalt bis zu sieben Jahre im Eichenfass lagert. Wer tat sich noch hervor? Johann Ackerl und Josef Hochmair. Der Oberösterreicher Hochmair punktete damals mit exotischem – etwa einem Ingwerbrand. Und er produzierte auf dem Malznerhof einen Single Malt Whiskey, der angenehm rauchig daherkam, mit klarer Getreidenote, untermalt von einem dezent salzigen Grundton. Schmücking erinnert er „an einen gefälligen, nicht allzu torfigen Speyside Whiskey mit ausgeprägtem Bourbon-Finish”. Die Idee? „Kam uns schon 1995“, resümiert Hochmair: „Ein guter Bekannter, der eine Mälzerei betreibt, brachte eine Flasche schottischen Whiskey mit und erzählte vom Besuch in dieser kleinen Brennerei.“ So inspiriert, entstand 1996 ein Malzbrand, der im kleinen Eichenfaß zum ersten Malt Whiskey heranreifte. Heute sieht ihn Hochmair, der seit 1998 biozertifiziert produziert, als „interessantes Nischenprodukt“. Mittlerweile hat er sich übrigens aus der ersten Reihe zurück gezogen.

Vodka aus dem Waldviertel

Der Waldviertler Johann Ackerl ist vor über einem Jahrzehnt auf die Idee gekommen, Bio-Erdäpfel aus dem Waldviertel zum nørderd pure potato vodka zu verarbeiten. Positioniert wurde der von Beginn an mit knackigen Sprüchen wie „Nördlich von Maissau statt westlich von Moskau“. Schmücking: „Der Vodka ist kris-tallklar und kommt von der Intensität des Aromas expressiv und breit rüber. Kartoffelteig und sonst nichts, könnte man meinen; ein Produkt mit Potenzial für Signature-Drinks, Cocktails, die ein hohes Maß an Charakter und Eigenständigkeit aufweisen.“ Ackerl punktete immer mit rebellischen Ansagen: Kaufanreize, da war er beispielsweise sicher, entstehen über Lebensfreude – und nicht durch schlechtes Gewissen: „Bio ist nicht mehr Lebensstil des Verbrauchers, bestehende Konzepte sind gestrig. Deshalb kreieren wir jetzt Bio 2.0: selbstverständlich, kraftvoll und lebensfroh.“ Und das kommt offenbar an. Die International Wine & Spirits Competition prämierte im Sommer 2018 alle mittlerweile drei Sorten des Waldviertler Bio-Vodka-Produzenten – neben dem Pure Potato Vodka brennt man mittlerweile auch einen Single Malt Vodka und den Pure Apple Vodka. Insbesondere gelobt wurde übrigens letzterer.

Profilierungs-Chance

Wo liegen nun aber die Unterschiede zu internationalen Markenspirituosen, wo Chancen? Es ist der Zugang der gewerblichen heimischen Brenner, der Erfolg verspricht, sagt Schmücking: „Sie haben ihr Handwerk mit dem Brennen von Obst gelernt. Dieser Zugang ist handwerklich und verlangt enormes Know-how und technische Fertigkeit.” Internationale Markenspirituosen seien erprobte und bewährte, aber industrielle Produkte, die ein hohes Maß an Standardisierung aufwiesen. Die heimischen Destillate hingegen, ebenfalls auf allerhöchstem Qualitätsniveau produziert, punkteten mit Eigenheiten. Allerdings sind sie nicht in der gleichen Menge verfügbar, so der wort.bild.bio GmbH-GF. Sein Resümee: „Whisky aus Mühlviertler Bio-Getreide oder Vodka aus dem Waldviertel mag auf den ersten Blick seltsam anmuten. Genauer hingesehen ist es eine Chance, sich als Brenner, aber auch als Gastronom zu profilieren. Es entspricht dem Zeitgeist wie kaum ein anderes Produkt in der Wine & Food-Szene.”

https://norderd.at/

https://www.dasbio.net

https://meinklang.at/