Was als Naturkosmetik verkauft wird, ist manchmal gar nicht so “sauber”. Klarheit ist gefragt. Margot Handler (Amyris) unternimmt einen Klärungsversuch.

Naturkosmetik

Über Naturkosmetik streiten sich die Produzenten und die Gesetzgebung. ©Canva

Naturkosmetik ist eine komplexe, emotionale und sensible Sache, die sich über Naturverbundenheit hinaus, auch über Nachhaltigkeit sowie sozioökonomische Faktoren definiert. Da geht es um die Zusammensetzung des Produktes, darum was erlaubt ist, die eingesetzten Verpackungsmaterialien und Verpackungssysteme. Derzeit werden häufig von nicht staatlichen und/oder nicht offiziell anerkannten privaten Vereinigungen Richtlinien erstellt und Zertifikate („Gütezeichen“) vergeben. Die dabei zugrunde liegenden Kriterien sind unterschiedlich, sodass die gegenwärtig unter der Bezeichnung „Naturkosmetik“ am Markt befindlichen Produkte keine einheitliche Norm erfüllen.

“Diese Situation ist sowohl für Konsumenten als auch für Hersteller verwirrend”

heißt es auf Seite 4 der 4.Auflage des Österr.Lebensmittelbuches vom 14.5.2008 (zuletzt ergänzt 2020), „Codexkapitel B33“/1.Abschnitt/Naturkosmetik

Daher soll hier der Versuch unternommen werden, mehr Klarheit in die verwirrenden Verhältnisse zu bringen und einen allgemeinen Vergleich zwischen Naturkosmetik, Kosmetik, die sich den Anschein von Naturkosmetik gibt, und gängiger Kosmetik anzustellen:

Die Kennzeichen „echter“ Naturkosmetik

Naturkosmetik ist nach dem Codeskapitel B33 Kosmetik auf Basis natürlicher bzw. naturbelassener Stoffe pflanzlichen oder mineralischen Ursprungs. Stoffe tierischen Ursprungs dürfen nur eingesetzt werden, wenn sie unter Beachtung tierschutzrechtlicher Bestimmungen von lebenden Wirbeltieren gewonnen wurden (z.B. Bienenwachs oder Wollfett). 

Gentechnisch veränderte Stoffe, synthetische Farbstoffe und Stoffe auf Erdölbasis (Paraffinöl,
INCI-Bezeichnung: paraffin oil) dürfen nicht zum Einsatz kommen. Die Verwendung von Emulgatoren (dienen der Stabilisierung von Gemischen), Tensiden (waschaktiven Substanzen), Lösungsmitteln und Riechstoffen (nur natürlichen Ursprungs) sowie Konservierungsmitteln (nur einige wenige sind erlaubt) ist gesetzlich genau geregelt.

Für die Gewinnung und Weiterverarbeitung dieser Stoffe sind nur klassische physikalische Verfahren, wie z.B. Pressung oder Destillation, gewisse mikrobiologische und enzymatische Methoden erlaubt. Gewisse Veränderungen natürlicher Rohstoffe sind also zulässig bzw. bis zu einem gewissen Grad auch notwendig. 

Rohstoffe sind wertvoll

Konsequente Naturkosmetik hält jedoch auch erlaubte Inhaltsstoffe bzw. Verfahren so gering wie nur irgend möglich, denn sie geht davon aus, dass wertvolle natürliche Rohstoffe ihre Wirkung unter diesen Voraussetzungen am besten entfalten können. Sie verwendet daher kalt gepresste Pflanzenöle, natürliche Emulgatoren (Bienenwachs, Lanolin, Sheabutter), biologisch leicht abbaubare Tenside (wie Zuckertensid), natürliche Konservierungsmittel und Duftstoffe (wie reine ätherische Öle), alles soweit möglich aus kontrolliert biologischem Anbau oder Wildwuchs.

Sie vertraut bei der Auswahl der Rohstoffe auf seit Jahrtausenden bewährte und in ihrer Wirkung bekannte Substanzen, so dass Tierversuche – die für kosmetische Mittel im EU-Raum inzwischen ohnehin offiziell verboten sind – sich von selbst erübrigen. 

Philosophie – die Schutzfunktion der Haut unterstützen

Anstatt die „Hautschranke“ (deren Funktion es ja ist, das Körperinnere des Menschen vor unverträglichen Substanzen zu schützen) künstlich aufzubrechen, um Stoffe hindurch zu schleusen, die der Körper von Natur aus abwehren würde, ist es das Ziel der Naturkosmetik, die natürliche Schutzfunktion der Haut zu unterstützen, ihr natürliches Gleichgewicht zu fördern und sie so langfristig gesund und schön zu erhalten.

Was zählt, ist nicht die spektakuläre Sofortwirkung nach dem Motto „faltenfrei in einem Tag“, und die Jagd nach ständig neuen Wundermitteln. Die neuen Substanzen, die auch in der Naturkosmetik immer wieder auftauchen, sind in der Regel wieder entdeckte, altbewährte Stoffe aus traditionellen Kulturräumen (z.B. das in der letzten Zeit viel gerühmte Arganöl aus Nordafrika), für die keine aufwändige Forschung von- nöten ist. Die dadurch zur Verfügung stehenden Mittel werden stattdessen in hochwertigere Rohstoffe investiert.

Naturkosmetik-ErzeugerInnen legen auch, wie bereits im eingangs aufgeführten Zitat erwähnt, Wert auf möglichst wenige und wieder verwertbare Verpackungsmaterialien (z.B. Glas) und bieten mitunter ein Pfandsystem an. Sie vermeiden Rohstoffe, bei deren Gewinnung die Umwelt ausgebeutet wird (z.B. Palmöl). In der Regel sind die Inhaltsstoffe auf den Verpackungen auch in der Landessprache aufgeführt, so dass sich jeder ohne langwierige Recherchen über die Zusammensetzung der Produkte informieren kann.

Die Autorin: Margot Handler, Amyris Lust auf Duft.