Der heimische Stall wird ein zunehmend digitalisierter. Drückt das Euter, gehen die Kühe selbständig zum Melken und bleiben dank Tracking gesünder –  spannende österreichische Unternehmen tragen das Ihre dazu bei.

Etwa 800 Melkroboter sind derzeit in Österreich im Einsatz, vorwiegend auf größeren Höfen. © De Laval

Im Jahr 1970 musste man als Bauer um rund 90 Prozent länger für einen Liter Milch arbeiten als heute. Wie das geht? Dank eines immer öfter vollautomatisierten Stalls. Füttern, Melken, Ausmisten, das alles muss, wer aufgeschlossen ist, nicht mehr selber machen. Nehmen wir das Beispiel Melkroboter. Ungefähr 800 sind davon in Österreich bereits im Einsatz, die Premiere gab es im Jahr 2000. So ein Melkroboter legt mittels Sensoren das Melkgeschirr an, wäscht das Euter und melkt die Kuh, die währenddessen als Goodie schmackhaftes Kraftfutter bekommt. Der Roboter erkennt den Milchfluss jeder einzelnen Zitze und melkt sie nur so lange, wie Milch kommt. Eine Win-Win Situation sozusagen. Damit ist nicht nur das frühe Aufstehen in diesem Beruf passé, der Roboter sammelt  auch gleich noch hilfreiche Informationen über jede einzelne Kuh: Fressen, Bewegungslust, Wiederkäuen – alles wird  in einem eigenen Profil für jedes Tier gespeichert. Wenn Schwellenwerte über- oder unterschritten werden, gibt der Computer Alarm. Und auch die Zusammensetzung der Milch sendet das automatisierte Melksystem an das Smartphone des Bauern – Leitfähigkeit, Temperatur, Fett und Eiweiß. Der Bauer weiß zu jeder Tageszeit, wie es jedem seiner Tiere gerade geht. Eingesetzt werden Melkroboter hierzulande derzeit hauptsächlich in Ober- und Niederösterreich. In letztgenanntem Bundesland wurden 2017 bereits 5.000 Kühe auf 100 Betrieben von Melkrobotern gemolken.

Automatisiertes Füttern

Schon 1990 gab es in Dänemark und Schweden erste Überlegungen zu automatisierter Fütterung, sieben Jahre später den ersten Prototyp der Fa. Mullerup und 2007 bereits acht Anbieter mit 1.000 Anlagen in Europa. 2010 standen dann schon 30 Anlagen in österreichischen Ställen. Was bedeutet automatisiertes Füttern? Grund- und Kraftfutter werden ohne menschliches Zutun vermischt und leistungsgerecht an die Tiere zugeteilt. Bedenkt man, dass 15 –20 Prozent des gesamten Arbeitszeitaufwandes durch Fütterung verursacht wird – nach dem Melken ist das der zweitintensivste Arbeitsprozess des Bauern, macht das schon Sinn. Und als Bonus bekommen die Kühe mehrmals täglich frisches Futter und bewegen sich mehr. Im Augenblick punktet in diesem Bereich übrigens das österreichische Unternehmen Wasserbauer mit dem autonom fahrenden Fütterungsroboter Shuttle Eco – ein Teil des Gesamtsystems Nano, der seine Route über kleine Magnete im Boden findet. Davor hatte es noch Führungsschienen gebraucht. 80-100.000 Euro muss ein Bauer allerdings bereit sein, in ein automatisiertes Fütterungssystem zu investieren.

Der akkubetriebene Shuttle-Eco bewegt sich dank Magneten im Boden ganz ohne Führungsschiene. © Wasserbauer

“Track the Cow”

Auch der Tracking-Trend ist längst im Kuhstall angekommen. Nicht zuletzt dank des im oberösterreichischen Weibern beheimatenen Start-Ups MKW electronics, das mit der Ohrmarke Smart-Bow schon seit 2014 Kuhortung in Echtzeit, Brunsterkennung und Wiederkäu-Überwachung rund um die Uhr anbietet. Mittels Bewegungssensor in der Ohrmarke werden die die Aktivitäten jedes einzelnen Tieres in Echtzeit durch Lokalisierung und Beschleunigungsdaten erkannt. Bei kranken, verletzten oder brünstigen Tieren ändert sich das Aktivitätsbild nach spezifischen Mustern. Wer minutengenau überwacht, wie lange die Tiere wiederkäuen, der kann Verdauungsstörungen frühzeitig erkennen und Stoffwechselkrankheiten vorgebeugen. Abweichendes Verhalten wird über Algorithmen automatisiert erkannt und mittels Alarm dem Landwirt mitgeteilt. Und die Kosten? Liegen pro Tier zwischen 100 und 200 Euro. Inzwischen ist Smartbow bereits  bei 30.000 Tieren im Einsatz, auch in den USA. Dort werden Lungenkrankheiten über Bewegungsmuster erkannt, eine schnelle Ausbreitung, teure Behandlungen und hohe Medikationen damit vermieden. Das ging naturgemäß auch am Weltmarktführer in Sachen Tiergesundheitsprodukte, dem US-Unternehmen Zoetis nicht vorüber, der schon 2017 fünf Millionen Euro in das Start Up investiert hatte. Die Pfizer-Tochterfirma machte ein Angebot, über dessen Höhe beide Partner schweigen, ratzfatz hatte man im Juli 2018 einen Deal und heute gehören alle Anteile Zoetis. In Weibern soll von 60 auf 100 Mitarbeiter aufgestockt und mehr geforscht werden.

Smart Farming im Stall: Smartbow-Geschäftsführer Wolfgang Auer im Stall ©Smartbow

Tracken, das beherrscht auch das 2009 als Forschungsprojekt gegründete Grazer Unternehmen smaXtec – das sich auf ein Sensorensystem spezialisiert hat, das im Magen der Kühe Daten zu Körpertemperatur, Bewegung oder Futterverhalten erfasst und an eine zugehörige Software sendet. Damit werden Verhaltensmuster der Futter- und Wasseraufnahme, des Wiederkauens, der Bewegungsaktivität und der Herzfrequenz der Kuh festgestellt und auf das Handy oder den Computer des Landwirts übermittelt. 2018 hatte man bereits 40.000 Sensoren verkauft, in einem  US-Hof in Oregon 1500 Kühe damit ausgestattet und  in Abu Dhabi im ersten Schritt 130 Tiere eines 3000-Kuh-Betriebs in der Oasenstadt al-Ain.

https://smartbow.com/

http://www.smaxtec.com

http://www.wasserbauer.at