Vielleicht können wir uns bald wieder an mehr bunt blühenden Wiesen erfreuen. Denn gibt es mehr als zehn Arten, rentiert sich das auch für die Bauern.

Blumen auf einer Wiese.

Können Sie sich an die Wiesen Ihrer Kindheit erinnern, auf denen es in allen Farben und Formen blühte? ©Unsplash

Wer am Land lebt, und spazieren geht, der hat es schon lange bemerkt. Satt blühende Wiesen und Weiden wie früher, die findet man heute kaum mehr. Doch warum ist das so? Weil es in der modernen Landwirtschaft allem voran darum geht, energiereiches Futter mit hohem Eiweißgehalt zu erzeugen. Diesen Futterwert bringen Gräser. Dazu kommen die intensive Düngung, und die Wiesen werden immer öfter gemäht. Immer öfter, das heißt fünf oder mehr Schnitte pro Saison, um Silage herzustellen. Früher brauchte man für Heu maximal drei. Bestäubende Insekten wie Honigbienen, Wildbienen, Hummeln, Schmetterlinge und Co. trifft das hart, weil sie auf den Pollennektar der Blüten angewiesen sind. Mit der ständigen Mahd wird ihnen dauerhaft das Futter entzogen. Und für uns wird sichtbar: Unsere Wiesen werden artenärmer.

Artenvielfalt können Bauern sich nicht leisten?

Mehr Artenvielfal bringt weniger Erträge und finanzielle Einbußen, wird von Seiten der Landwirte gerne argumentiert. Die Schweizer Graslandforscherin Nina Buchmann kennt das Problem: “Bio­di­ver­si­tät gilt bei Bauern oft als nicht ren­ta­bel, aber wir zei­gen: doch, sie kann sich rech­nen”. Aber da geht noch mehr: “Land­wir­te, die Ar­ten­viel­falt auf ih­ren Wie­sen und Wei­den för­dern, kön­nen sogar  hö­he­re Um­sät­ze er­zie­len”, sagt Buchmann, die zusammen mit ihren Kol­le­gen die öko­no­mi­schen Mehr­wer­te der Ar­ten­viel­falt in ei­nem Grasland-​Experiment für ver­schie­de­ne Be­wirt­schaf­tungs­in­ten­si­tä­ten gezeigt hat.

Um­satz deut­lich ge­stei­gert

“Wir zei­gen, dass die Ar­ten­viel­falt ein öko­no­misch re­le­van­ter Pro­duk­ti­ons­fak­tor ist”, erläutert ihr Kollege Robert Finger. Der Agarökonom sagt: “Wach­sen auf der Wie­se 16 Pflan­zen­ar­ten statt nur ei­ne, bleibt die Fut­ter­qua­li­tät des Heus zwar mehr oder we­ni­ger gleich, aber der Er­trag wird grös­ser. Des­halb steigt auch das er­ziel­ba­re Ein­kom­men aus dem Milch­ver­kauf.” Die­se Um­satz­stei­ge­rung sei ver­gleich­bar mit dem Un­ter­schied der Er­trä­ge zwi­schen ex­ten­siv und in­ten­siv ge­nutz­ten Wie­sen. Das weiß man deshalb so genau, weil Da­ten aus dem lang­jäh­ri­gen Jena-​Experiment genutzt wurden, in dem un­ter an­de­rem die un­ter­schied­li­chen Be­wirt­schaf­tungs­wei­sen am glei­chen Stand­ort ver­gli­chen wer­den.

“Un­se­re Re­sul­ta­te zei­gen, dass sich der Ar­ten­reich­tum auf al­len Wie­sen öko­no­misch po­si­tiv aus­wirkt, egal, ob sie nur ein­mal oder vier­mal im Jahr ge­mäht und ge­düngt wer­den.”

Bei in­ten­si­ve­rer Be­wirt­schaf­tung sei es al­ler­dings schwie­rig, die Ar­ten­viel­falt hoch zu hal­ten, weil nur we­ni­ge Pflan­zen­ar­ten das Dün­gen und häu­fi­ge Mä­hen er­tra­gen.

Ar­ten­reich­tum als Ri­si­ko­ver­si­che­rung

In die­ser Deut­lich­keit hät­ten die For­schen­den ih­re Re­sul­ta­te nicht er­war­tet. Da­bei ha­ben sie ei­nen wei­te­ren wich­ti­gen öko­no­mi­schen Fak­tor noch gar nicht ein­ge­rech­net: “Die Bio­di­ver­si­tät ist auch ei­ne Art Ri­si­ko­ver­si­che­rung”, sagt Buch­mann. Ar­ten­rei­che Gras­län­der könn­ten Ex­tre­m­er­eig­nis­se wie Dür­ren oder Über­schwem­mun­gen bes­ser weg­ste­cken, weil ver­schie­de­ne Pflan­zen­ar­ten un­ter­schied­lich auf sol­che Um­welt­ein­flüs­se re­agier­ten und et­wai­ge Aus­fäl­le teil­wei­se kom­pen­sier­ten. “Die Er­trä­ge wer­den über die Zeit sta­bi­ler.” Die For­schen­den se­hen in ih­ren Er­geb­nis­sen ei­nen kla­ren Hin­weis, dass es sich für Land­wir­te lohnt, stär­ker auf ei­ne grös­se­re Pflan­zen­viel­falt in ih­ren Wie­sen und Wei­den zu ach­ten. “Ar­ten­rei­ches Gras­land zu er­hal­ten oder wie­der­her­zu­stel­len, kann zu ei­ner Win-​Win-Situation füh­ren.” Nicht nur würden die Er­trä­ge und der Be­triebs­um­satz stei­gen, son­dern gleich­zei­tig die Be­stäu­bung oder die Was­ser­qua­li­tät ge­stärkt und ge­för­dert wer­den.