Mehr Ökologie in die Landwirtschaft
Green Deal, Farm-to-Fork-Strategie: Viel Ideologie und wenig dahinter? Es braucht ein klares Bekenntnis für die Produktion in der Heimat.
Die Gemeinsame Agrarpolitik der Europäischen Union liegt als einer der wenigen Politikbereiche klar in der Zuständigkeit der Europäischen Union. Daher fließt ein beträchtlicher Anteil des EU-Budgets in diesen Politikbereich und ersetzt dadurch nationale Transferleistungen wie in anderen Politikbereichen. Dementsprechend wird auch die politische Diskussion um die jeweils für sieben Jahre in Kraft tretende Gemeinsame Agrarpolitik intensiv geführt: Sie wirkt sich unmittelbar auf die Arbeit und Lebensrealität aller Landwirte in der EU aus.
Die Landwirtschaft hat dabei einer Vielzahl an politischen und gesellschaftlichen Zielvorgaben zu entsprechen. Um die wichtigsten zu nennen: Sichere Eigenversorgung mit hochqualitativen und preiswerten Lebensmitteln, Erhaltung lebenswerter ländlicher Räume, Erhalt der Artenvielfalt, Verringerung der Treibhausgas-Emissionen, Tierwohl und Bodenschutz. Zur Erreichung dieser teilweise schwer unter einen Hut zu bekommenden Ziele hat die EU-Kommission im Rahmen des Green Deals die Biodiversitätsstrategie und die Farm-to-Fork-Strategie veröffentlicht. Diese gilt es nun in der Gemeinsamen Agrarpolitik ab 2023 auf den Boden zu bringen.
Die Landwirtschaft befindet sich in einem ständigen Entwicklungsprozess. Gerade die österreichische Landwirtschaft mit ihrer hohen Produktivität bei gleichzeitiger Einhaltung strenger Richtlinien in den Bereichen Natur- und Umweltschutz ist ein gutes Beispiel. Dafür braucht es auch entsprechende gesetzliche Rahmenbedingungen. Am Ende des Tages ist entscheidend, dass unsere Bauern ein Umfeld vorfinden, in der die Motivation für die tägliche, teils harte Arbeit nicht verloren geht.
Für die österreichische Landwirtschaft ist es aktuell von entscheidender Bedeutung, dass bereits erbrachte ökologische Leistungen anerkannt werden und der erfolgreiche heimische Weg weitergegangen werden kann. Österreich setzt erfolgreich auf freiwillige und durch öffentliche Zahlungen unterstützte Leistungen für die Artenvielfalt und den Naturhaushalt. Dieses Modell hat sich bewährt, da es die Motivation der Betriebe nutzt und eine Politik der Verbote und Vorschriften vermeidet.
Für die landwirtschaftlichen Betriebe wird es dabei zu einer immer größeren Herausforderung, die Zielsetzungen seitens der Politik und der Gesellschaft mit stagnierenden Produktpreisen unter einen Hut zu bekommen. Der Strategie-Prozess Zukunft Landwirtschaft 2030 hat klar ergeben, dass sich die Landwirtschaft nicht ohne Rückendeckung der Medien und der Konsumenten weiter entwickeln kann. Die neue Farm-to-Fork Strategie drückt diesen Sachverhalt bereits in ihrem Namen aus. Die ökologische Weiterentwicklung der Landwirtschaft gelingt jedoch nur, wenn die gesamte Wertschöpfungskette bis zum Mittagstisch der Menschen mitgedacht wird. Weniger Lebensmittelverschwendung, höhere Wertschätzung und Preisbereitschaft für heimische Lebensmittel, starke bäuerliche Betriebe und eine gesicherte Eigenversorgung sind daher vonnöten.
Die Strategie Zukunft Landwirtschaft 2030 nimmt auch die Politik ganz klar in die Pflicht, die Rahmenbedingungen für die weitere positive Entwicklung der Landwirtschaft zu schaffen. In diesem Sinne setzt sich Österreich stark dafür ein, die Hofschlachtung im EU-Recht praxistauglich zu regeln. Die Schlachtung der Tiere am Herkunftshof bietet eine große Chance für die regionale Wertschöpfung und entspricht den gesellschaftlichen Erwartungen an das Tierwohl.
Gemeinsame Agrar-Politik
Nach der Positionierung seitens Europaparlament und Rat Ende Oktober 2020 laufen nun die Schlussverhandlungen, die sogenannten Triloge. Der Fortschritt ist schleppend, denn es gibt etliche Punkte, wo das Europaparlament und der Rat nicht von ihren Positionen abrücken wollen und ein Kompromiss in weiter Ferne scheint.
Wenn es um knapp 390 Milliarden Euro in der nächsten Periode, deren konkreten Einsatz, sowie um eine Kompromissfindung unter den Europäischen Parteien und den Interessen von 27 Mitgliedsstaaten geht, kann man sich die Mammutaufgabe der GAP-Reform vorstellen. In den Trilogverhandlungen zögert sich eine Einigung zu großen Knackpunkten wie etwa der Ökoregelung bis zum Finale hinaus. Optimistisch gesehen, ist jedoch ein Abschluss bis zum Ende des ersten Halbjahres 2021 möglich.
Die EU-Kommission hat Mitte Dezember 2020 Empfehlungen für jeden Mitgliedsstaat veröffentlicht, um die Ausarbeitung der GAP-Strategiepläne zu „erleichtern“ bzw. zu steuern. Ziel des Green Deal ist es, Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent weiterzuentwickeln. In Österreich soll spätestens 2050 kein einziger Landwirt mehr nur rund 47 Prozent des EU-Durchschnittsbruttoeinkommens erwirtschaften.