Weltweit geht mittlerweile ein großer Teil der Ernteverluste auf das Konto von Krankheiten und Schädlingen. Am schlimmsten erwischt es die Reisbauern.

Kolonien Schwarzer Bohnenläuse können einzelne Pflanzen ganz überziehen ©Wikimedia

An manchem kommt man einfach nicht vorbei. Am Drahtwurm beispielsweise, der den heimischen Erdäpfelbauern das Leben immer schwerer macht. Der fand sich im letzten Sommer nicht nur auf den Feldern, sondern auch in quasi jeder Zeitung des Landes wieder. Dabei treiben auch andere Schädlinge die österreichischen Bauern zur Verzweiflung, die schwarze Bohnenlaus etwa oder der Maiszünsler. Aber wie viel Schaden richten die wirklich an und wie sieht die Sache weltweit aus? Genau dieser Frage ging Andy Nelson von der niederländischen Universität Twente auf den Grund. Keine leichte Angelegenheit. Denn zwar weiß man, dass Pflanzenkrankheitserreger und Schädlinge den Ertrag und die Qualität der landwirtschaftlichen Produktion reduzieren. Aber quantitative, standardisierte Informationen zu Ernteverlusten über Kulturpflanzen, Agrarökosysteme und Regionen hinweg zusammenzustellen, das war eine Challenge.

137 Krankheiten und Schädlinge

Was machten Nelson und sein Team also? Sie entwickelten dazu einen Fragebogen, den sie an Mitglieder der International Society for Plant Pathology in der ganzen Welt sendeten. So kamen sie vor zwei Jahren an Daten, die die Grundlage für die Analysen ihrer Studie bildeten. Heraus fanden sie, dass die Ernteverluste in den größten Anbauregionen im globalen Schnitt 30 Prozent sind. Bei Kartoffeln, Soja, Weizen und Mais sind es zwischen 17 und 23 Prozent. Wobei man dazu sagen muss, dass zwischen 69 Prozent (Erdäpfel) und 95 Prozent (Sojabohnen) des weltweiten Anbaus der jeweiligen Feldfrüchte in die Studie inkludiert waren.

Der Drahtwurm: Der Lieblingsfeind der Erdäpfelbauern, der uns auch heuer wieder beschäftigen wird. ©Wikimedia

Die Zahl der Krankheiten und Schädlingen von Weizen, Reis, Mais, Kartoffeln und Sojabohnen wurde auch eruiert: Satte 137 sind es. Christian Krumphuber von der oberösterreichischen Landwirtschaftskammer beeindrucken die Zahlen nicht: “Ein bisschen fragt man sich dabei, ob das ernst gemeint ist, und was sich Forscher bei der Publikation solcher Ergebnisse überhaupt denken. Um dazu zu kommen, braucht es keine hochgestochene Wissenschaft – das kann jeder praktizierende Landwirt, der Tag für Tag auf seinen Feldern steht, vermutlich genauso gut einschätzen”, sagt er.

Verlustchampion Reis

Die Forscher sehen das offenbar anders und schreiben auch noch über die sehr ungleich verteilten Ernteausfälle. In der Indus-Ganges-Ebene auf dem indischen Subkontinent liegen sie bei Reis, Mais und Erdäpfeln weit über dem Schnitt, in Afrika südlich der Sahara bei Weizen. Dabei sind dort die Erträge ohnehin schon viel geringer als im Weltdurchschnitt. Und in Europa? Da leidet allem voran der Nordwesten mit rund 25 Prozent Ernteverlust beim Weizen. Wobei China sich das vielleicht noch wünschen würde. Den dort liegt man beim Weizen mittlerweile 28,1 Prozent und beim Reis sogar 32,2 Prozent über dem weltweiten Schnitt. Der Reis nimmt übrigens auch den unrühmlichen Platz eins ein, was die Verluste durch Krankheiten und Schädlinge betrifft. Die größten Feinde der Reisbauern sind der Thanatephorus cucumeris-Pilz und die Motte Chilo suppressalis mit jeweils 8,75 Prozent. Lateinamerika – Brasiliens, Paraguay, Uruguay und Argentinien, sowie der Westen der USA und Kanada wiederum haben die höchsten Sojabohnen-Verluste.

Und die Ursachen?

Darauf gibt es keine pauschale Antwort. Aber man weiß, wer den Stockerlplatz einnimmt, winzige Würmer namens Zystennematoden bei Sojabohnen im mittleren Westen der USA und in Kanada nämlich. 9,3 Prozent gehen auf deren Konto.  Schlimm treibt es außerdem der Getreideschwarzrost in Afrika südlich der Sahara mit 8,9 Prozent. Auch dahinter steckt ein Pilz, der Puccinia graminis. Die Forscher sind jedenfalls zufrieden mit ihrer Arbeit und meinen: “Diese Analyse liefert wichtige Informationen, um das Management der Pflanzengesundheit zu priorisieren und die Nachhaltigkeit von Agrarökosystemen zu verbessern.” Ihre Studie sehen sie als Grundlage für politische Maßnahmen und langfristige Forschungsprojekte. Krumphuber sieht das anders. “Anstatt Erkenntnisse zu publizieren, die ohnehin jeder weiß, der sich in der Materie einigermaßen auskennt, wäre die Wissenschaft dringend aufgerufen, Lösungen für die gravierendsten Krankheits- und Schädlingsprobleme im Pflanzenbau zu liefern”, sagt er. Denn die sich ändernden Bedingungen durch Klimawandel, Hitze und Trockenheit würden die Landwirtschaft noch massiv herausfordern. Was er sich erwarten würde? “Angewandte Züchtungsforschung zur Etablierung von Resistenzen, nachhaltige Methoden im Pflanzenschutz, die aber auch wirklich funktionieren, wären Themen und Fragen aus der praktizierenden Landwirtschaft, deren Antworten von der Wissenschaft kommen sollten.”

Die ganze Forschungsarbeit finden Sie hier:

https://www.nature.com/articles/s41559-018-0793-y