Es ist (viel) zu trocken!
Verheerende Folgen für die Landwirtschaft, stark erhöhte Brandgefahr – und dazu werden die Wälder und Moore von Klimarettern zu Klimakillern.
Vom zu warmen Winter geht das viral geplagte Land trotz eines relativ niederschlagsfreundlichen Februars nahtlos ins nächste Extrem über: Rekordtrockenheit seit Anfang März. „Es gab heuer große Bereiche, die viel zu trocken waren“, sagt der Klimatologe Alexander Orlik von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG). „Im Extremfall fehlten bis zu 80 Prozent der Niederschlagsmenge.“ Am stärksten betroffen waren bis Mitte April Osttirol, Oberkärnten und die West- und Oststeiermark mit einem Defizit an Niederschlag zwischen 50 bis 70 Prozent. Auch das Burgenland ist viel zu trocken, ebenso Wien und der Osten Niederösterreichs, also das Industrie- und Weinviertel. Hier fehlten laut Orlik 25 bis 40 Prozent der Niederschlagsmenge, österreichweit waren es von Jänner bis April im Schnitt 28 Prozent.
Grundwasserstände sind niedrig
Die Wetterexperten gehen davon aus, dass die Niederschläge nicht viel häufiger werden. Außerdem wird die prognostizierte Niederschlagsmenge den entstandenen Rückstand nicht aufholen können. Entsprechend (sehr) niedrig sind die Grundwasserstände: So werden beispielsweise an vier Messstellen in Oberösterreich seit Monaten Negativrekorde aufgezeichnet. Die Folgen davon spüren vor allem Hausbrunnen-Besitzer – viele der Brunnen sind trocken. Kritisch könnte die Situation vor allem für kleine Wasserversorger werden, wenn durch fehlende Niederschläge keine Grundwassererneuerung stattfinden kann. Durch die Ausgangsbeschränkungen steigt auch der Wasserverbrauch in den Haushalten: Die Wassergenossenschaft in Neuhofen an der Krems musste die Trinkwasserversorgung abschalten, da die Hochbehälter leer waren.
Das Grundwassersystem hat ein langes Gedächtnis und hinkt lange hinterher.
Auch wenn jetzt eine längere Niederschlagsphase einsetzt, dauert es in manchen Regionen sechs bis neun Monate, bis der Grundwasserspiegel davon profitiert. Sollten auch die nächsten Monate niederschlagsarm ausfallen, könnte das gravierende Auswirkungen auf die Landwirtschaft haben, da die Böden nicht mehr ausreichend durch das Grundwasser gespeist werden. Der Grundwasserkörper kann sich nur regenerieren, wenn es länger und gleichmäßig regnet. Die beobachteten Eintrittszeiten sämtlicher Frühlingspflanzen sind aktuell um zwei bis drei Wochen früher als in einem durchschnittlichen Jahr. Selbst wenn der Mai so niederschlagsreich würde wie im vergangenen Jahr, rechnet Orlik nicht damit, dass das Wasserdefizit im Boden aufgeholt werden kann.
Aufgrund der Trockenheit besteht in großen Gebieten erhöhte Wald- und Flurbrandgefahr. Daher sollte derzeit unbedingt auf Brauchtums- und Lagerfeuer verzichtet werden. Dabei geht es um den Erhalt der Schlagkraft der Feuerwehren – jedensfalls soll es durch vermeidbare Wald- oder Flurbrände, die ohnehin einen hohen Personaleinsatz fordern, auch zu einer erhöhten Ansteckungsgefahr unserer Einsatzkräfte sowie der Bevölkerung kommen.
Und noch ein Problem: Wälder und Moore werden von Klimarettern zu Klimakillern
„Bäume pflanzen“ ist eine beliebte Klimaschutzmaßnahme. Viel schöner wäre es, Bäume und Wälder nicht abzuholzen und – noch wichtiger – Landschaften wie Moore zu erhalten oder zu renaturieren. Warum?
Wälder nehmen viel CO2 auf, veratmen es aber auch schnell wieder. Pflanzen im Moor binden das Treibhausgas über die Photosynthese. Sterben die Pflanzen ab oder geraten in den Bereich des Moores, in denen sich kein Sauerstoff befindet, können sie nicht auf dem oxischen Weg abgebaut werden. Es entsteht also ein großer Speicher. Die Veratmung passiert auch anoxisch, aber sehr viel langsamer und die Verlustraten sind dabei sehr gering.
Unter feuchten Bedingungen speichern Moore CO2, unter trockenen Bedingungen geben sie es ab. Mittlerweile stammen ein bis vier Prozent der österreichischen Klimagasfreisetzung aus entwässerten Mooren. Zum Vergleich: Das ist genauso viel wie durch den gesamten Flugverkehr in Österreich entsteht. Trockene Moore sind die größte Quelle von Klimagasen, die nicht direkt aus der Verbrennung von fossilen Brennstoffen kommen.
Auf wiedervernässten Mooren lässt sich sogar Landwirtschaft betreiben. In Paludikultur können Schilf, Rohrkolben und Torfmoos angebaut werden. Letzteres dient als Ersatz für Torf in Blumenerden, Schilf als umweltfreundliches Dämmmaterial. Paludikultur wird von der EU aber nicht als Landwirtschaft anerkannt, weshalb ein Bauer, der auf Schilf umstellt, überlebenswichtige Förderungen verliert.
Währenddessen lässt außerdem eine Untersuchung des Speicherpotentials in tropischen Wäldern aufhorchen, wonach die Regenwälder heute um ein Drittel weniger Kohlendioxid speichern als in den 90er Jahren. Wälder sind dann CO2-Senken, wenn sie durch Wachstum mehr Treibhausgas speichern, als durch das Verrotten abgestorbener Bäume frei wird. Laut Schätzungen binden Regenwälder weltweit etwa 250 Milliarden Tonnen CO2. Das entspricht dem 90-fachen der aktuellen globalen menschengemachten Treibhausgas-Emissionen pro Jahr.
Der Düngereffekt wird zunehmend von negativen Einflüssen unterwandert, wie steigenden Temperaturen und Trockenheit, die das Wachstum verlangsamen oder sogar zum Tod von Bäumen führen”. In den Neunzigerjahren banden tropische Regenwälder etwa 46 Milliarden Tonnen CO2 aus der Atmosphäre, in den 2010er-Jahren waren es nur noch etwa 25 Milliarden Tonnen.