Einfach wegstecken lassen sich die klimabedingten Wetterextreme nicht mehr , sagen die steirischen Bauern. Geschlagen geben sie sich aber noch lange nicht.

So wie der Steiermark im Juli ging es vielen Gegenden hierzulande. Unwetter hinterließen Millionenschäden. ©ÖHV

Der Anblick der vernichteten Maispflanzen nach einem verheerenden Unwetter im heurigen Juli trieb wohl manchem hartgesottenen steirischem Sturschädel die Tränen in die Augen. Von jetzt auf gleich waren ganze Ernten verloren. Begonnen hatte das Unbill schon im Mai. Der war im Süden generell zu kalt, zu trüb und zu feucht. Die Jugendentwicklung der Kulturen war so schlecht, sodass Kürbisse und andere Ackerfrüchte teils sogar erneut angebaut werden mussten. Dann kam der wärmste, sonnigste und trockenste Juni in der 253-jährigen Messgeschichte, der den Grundstein für enorme Ertragsausfälle bei Grünland im oberen Mur-, Mürz-, Liesing- und Ennstal legte. Gepaart mit der darauffolgenden Sommertrockenheit kam es auf wenig wasserhältigen Böden zu erheblichen Ertragsverlusten und verspäteter Reife.

Auswegszenario Hirse?

Hirse ist trockenheitstoleranter und kann Mais als Schweine- und Geflügelfutter voll ersetzen. Die Hirsefläche (einschließlich Sorghum) ist betrug 2019 2.413 Hektar. Als trockenheitstolerantere und auch besser gegen Hagel gewappnete Kultur hat sie  heuer unter trockenen Bedingungen ihre Bewährungsprobe gegenüber Mais bestanden. Hirse wird häufig als Zweitfrucht nach früh gedroschenem Getreide im Südosten der Steiermark angebaut. Die Landwirte sind mehr und mehr von den Vorteilen dieser Hackfrucht überzeugt

Dazu kamen starke Schäden durch Engerlinge im Ausseerland, aber auch im Raum Murau.  Ein gutes Ende nahm das Ganze erwartungsgemäß nicht. Hagel, Dürre, Frost, Überschwemmung und Wiederanbau verursachten im heurigen Sommer in der Steiermark einen Gesamtschaden von 27,2 Millionen Euro. Das ist eine Summe, die nicht nur viel Kopfzerbrechen bereitet, sondern auch den absoluten Willen hervorgerufen hat, jetzt gegenzusteuern. Denn eine Situation wie die heurige will man nie mehr erleben. Neben Grünland, Mais, Kürbiskernen, Weizen und Zuckerrüben traf es vor allem die Erdäpfeln. Fast die Hälfte weniger Ertrag hatten die Erdäpfelbauern (45 Prozent Minus). Gibt es auch Gewinner? Ja. Hirse, Hopfen und Marillen und Wein mit der historisch zweitgrößten Weinernte von voraussichtlich 264.000 Hektolitern.  Die Käferbohnen-Bauern hoffen noch auf eine durchschnittliche Ernte, sofern der Frost spät kommt und sich die im Sommer gebildeten Schoten bis dahin noch entwickeln können. Chinakohl- und Krenernten mögen die Trockenheit dagegen nicht. Deshalb wird die Ernte auch da nur durchschnittlich ausfallen. Besser wird’s die nächsten Jahre über nicht werden. Aktuelle Klimamodellierungen der Agentur für Ernährungssicherheit (Ages) zeichnen ein unschönes Szenario.

Bis 2065 soll es bei Mais, Weizen, gentechnikfreien Sojabohnen, Raps und Erdäpfeln dramatische Ertragseinbußen geben. Versorgungsengpässe drohen.

Ausgegangen wird dabei von +3,5 Grad Celsius, +2,5 Grad im Winter und 20 Prozent weniger Jahresniederschlag. Doch wie will man jetzt genau gegensteuern? Landwirtschaftskammer-Präsident Franz Titschenbacher sieht die Wasserverfügbarkeit und den gezielten Humusaufbau als die zwei zentralen Schlüssel.

In Sachen Wasser setzt man auf das Projekt “Steiererteich”. Anfang 2020 kann jeder steirische Betrieb kostenfrei per Mausklick mit dem gleichnamigen Tool die künftige Wasserverfügbarkeit für seine Flächen anhand von drei möglichen Klimaszenarien bis zum Jahr 2100 ablesen

Per Mausklick sehen, wie viel Wasser verfügbar sein wird

Dieses vorausschauende Werkzeug dient als Entscheidungshilfe dafür, was man künftig anbauen will, und gibt Orientierung, wo und in welcher Größe Bewässerungsteiche sinnvoll und machbar sind. Europaweit ist dieses Werkzeug für die Zukunftsplanung übrigens einzigartig. Bei Bedarf stehen schließlich auch noch Bewässerungsberater der Landwirtschaftskammer bereit, um die Machbarkeit von Vorhaben gemeinsam mit den Bauern zu prüfen. Gleichzeitig müsse man allerdings die Wasserversorgung in Trockengebieten für den Obst- und Gemüsebau im Zuge von Infrastrukturvorhaben vorsorglich mitdenken und sicherstellen, sagt Titschenbacher. Ein Vorbild gibt es dafür auch: Den Plabutschtunnel, bei dem gleichzeitig eine gesonderte Wasserleitung miterrichtet wurde, die Wasser vom Norden in den Osten des Landes bringt.

Blühflächen für Bienen und Insekten und einen gesunden Boden schaffen

Was braucht es noch, um die Landwirtschaft in eine gute Zukunft zu führen? Einen humusreichen Boden. Denn der speichert Wasser, schützt die Pflanzen besser vor Trockenheit und bei Starkregen den Boden vor Abschwemmung. Deshalb treiben seit kurzem vier erfahrene Bodenexperten im neu errichteten Boden-Humus-Zentrum in der Bezirkskammer Südoststeiermark in Feldbach den klimafitten Ackerau voran. Wie der geht? Es braucht eine vielfältige Fruchtfolge mit einer im Idealfall ganzjährigen Begrünung mit speziellen insektenfreundlichen Blühpflanzen, die den Bienen und Insekten Nahrung bieten, von den Regenwürmern verwertet werden und so einen gesunden Boden schaffen. Bisher werden schon etwa 3.000 Hektar so bewirtschaftet. In den kommenden Jahren sollen sich die verzehnfachen. Und auch im Obst- und Weinbau sollen die Begrünungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten verjüngt werden, um den Bienen und Insekten immer frische Blüten zu bieten. Wenn dann noch die Züchtung von trocken- und hitzeresistenteren Sorten aus dem regionalen Genpool gelingt, könnte man das Ruder noch mal herumreißen.

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