Bauernhofkinder sind gesünder? Stimmt. Und das könnte tatsächlich an der Rohmilch liegen, die sie häufig trinken. Denn die schützt offenbar vor Allergien.

Rohmlich trinken beugt Allergien vor. Aber sie kann auch Krankheitserreger beeinhalten. ©Panthermedia

Laura, Hannah und Michael Halbfurter sind Bauernkinder aus Osttirol und trinken Rohmilch. Was daran ungewöhnlich ist? Dass es die drei damit 2013 zu Wetten dass…? schafften. Sie wetteten, die Milch von 20 Kühen des hauseigenen Stalls geschmacklich unterscheiden zu können, und haben gewonnen. Dabei sahen sie sehr proper und gesund aus. Die Eltern hätten damals vermutlich schon bestätigt, dass das durchaus an der täglichen Portion Rohmilch liegen könnte. Jetzt aber kommen auch Wissenschaftler immer öfter zum Schluss, dass nicht nur das Landleben an sich, sondern gerade die unbehandelte Milch einen großen Beitrag zur Gesundheit leistet. Sie sorgt nämlich dafür, dass die Kinder kaum Allergien entwickeln. Im Krankenaus Schwarzach wird man jetzt wahrscheinlich milde lächeln: Denn dort weiß man das durch eine hauseigene Studie mit 901 Kids schon seit dem Jahr 2001. Da hatte man untersucht, ob im ersten Lebensjahr regelmäßig Rohmilch trinkende Kinder aus ländlichen Regionen im Kindergartenalter seltener an Asthma und Allergien erkrankten als erhitzte Supermarktmilch-trinkende. Die Antwort: Ein klares Ja. Eine Londoner Studie des Epidemologen David Strachan mit 5.000 Kids kam dann übrigens fünf Jahre später zum selben Schluss.

Und die äußeren Faktoren?

Natürlich haben die Bauernhofkids intensiv mit den dort lebenden Nutz- und Haustieren Kontakt. Und Mikroorganismen gibt es im Stall auch jede Menge. Das alles trägt ebenfalls zu einem gesunden Immunsystem bei. Nichts desto trotz ist es die Rohmilch, die in Sachen Allergievermeidung die absolut zentrale Rolle spielt. Das bestätigt auch Georg Loss vom Schweizerischen Tropen- und Public Health-Institut in Basel. Der hat selbst 1.000 Schwangere in ländlichen europäischen Gebieten untersucht, und später auch ihre Kinder. Was er herausfand, bestätigt die bisherigen Erkenntnisse. Bei Kindern, die vor ihrem ersten Geburtstag regelmäßig ungekochte Rohmilch getrunken hatten, war die angeborene Immunantwort aktiver.

Woran liegt´s genau?

Kuhmilch enthält über 400 verschiedene Bestandteile. Und nicht alle davon mögen das, was die Industrie mit der Milch macht: Pasteurisieren und Homogenisieren nämlich. Will heißen, man erhitzt die Milch, um etwaige vorhandene Krankheitserreger zu zerstören. Und natürlich, damit sich keine dicke Rahmschicht oben ablagert. Aber etwas geht einher mit dem Erwärmen. Die Milch-Eiweiße verändern  ihre Struktur und Funktion. Und wenn das passiert, dann ist die Sache auch schon gegessen. Die stehen nämlich an vorderster Front, was den Schutz vor Allergien betrifft. Das wiederum bestätigt “Gabriella”, eine Studie an über 8000 Kindern in ländlichen Gebieten Süddeutschlands, der Schweiz, Österreichs und Polens. Da zeigte sich nämlich, dass weder der vorhandene Bakteriencocktail noch der Fettgehalt  der Milch schützen. Vielmehr beeinflusst die Menge an unveränderten Molkeproteinen das Immunsystem im Verdauungstrakt positiv.

Aber ist Rohmilch nicht eigentlich gesundheitsgefährdend?

Da ist tatsächlich auch was dran. Darum rät etwa Georg Loss Schwangeren oder Säuglingsmüttern nicht, Rohmilch zu trinken. Und das trotz der überzeugenden  Studien zum Thema Allergien. Denn nebst allen guten Bestandteilen können sich mitunter auch Salmonellen, Listerien, Campylobacter oder Ehec darin tummeln. Allesamt sind das bekanntlich sehr unlustige Krankheitserreger. Daher denkt der Forscher auch bereits laut darüber nach “eine Milch zu entwickeln, die zwar die schützenden Stoffe enthält, aber eben nicht die krank machenden Mikroorganismen.” Wie das gehen könnte? Man könnte die Mikroorganismen durch neue reinigende Filtrationsverfahren erhalten, die die bisherige Erhitzung ablösen. Eine andere Variante wäre, genau die Substanzen der pasteurisierten Milch zuzusetzen, die vor Allergien schützen. Dazu müsste man die aber erst mal genau kennen. Einstweilen erscheint es aber schon mal sinnvoll, im Alltag nicht zur so genannten ESL-Milch zu greifen, die zwecks quasi ewiger Haltbarkeit besonders hoch erhitzt wird. Die hat nämlich am wenigsten vom einst natürlichen Produkt. Halbfett? Auch davon lässt man besser die Finger. Gerade die Milch von Weide-Kühen enthält wichtige Transfettsäuren, die einen beruhigenden, antientzündlichen Einfluss auf die Immunantwort haben.  Daher: Greifen Sie am besten zu vollfetter, nur kurz haltbarer Milch.