Zitronig, harzig, Maiwipfel
Die frühlingshafte „Triebhaftigkeit“ der Fichte bringt die Maiwipfel zum Vorschein. Das bedeutet Genuss und natürliche Heilkraft aus dem Wald.
Frühling. Alles neu macht der Mai (und auch schon der April). Überall blüht und wächst es. Der Wachstumsschub hat natürlich auch die Fichten und Tannen erfasst. Ihre leuchtende Triebe – in ihrem Namen steckt sogar der Mai – tauchen den Wald in ein helles Grün. Die zitronig, leicht bitterharzig schmeckenden Maiwipferln geben sich jetzt nicht spitz, stechend und tannengrün, sondern frühlingshaft zart, fast samtweich. Dennoch überzeugen sie mit kraftvollen Argumenten – stecken sie doch voller wertvoller ätherischer Öle, Vitamin C, Flavonoide und Gerbstoffe.
Heilende Triebe
Diese „inneren Werte“ mit antiseptischer Wirkung hemmen krankmachende Bakterien, wirken blutreinigend, durchblutungsfördernd, entzündungshemmend, Husten lindernd und schleimlösend. Kein Wunder, dass die „jungen Sprösslinge“ der Fichte in der Naturheilkunde schon seit jeher ihren fixen Platz haben. Die frischen Zweige wurden in Alkohol eingelegt und dienten zum Einreiben als Mittel gegen Hexenschuss, rheumatische Beschwerden, Erkältungskrankheiten und Verletzungen. Das Harz wurde als Pflaster bei Verletzungen verwendet oder als „Kaugummi“ zur Reinigung der Zähne. Aber auch vermischt mit Salz zum Inhalieren oder als Erkältungszusatz entfalten die Triebe ihre wohltuenden Inhaltsstoffe für Atemwege und Bronchien.
UmTRIEBige Bauernladen.at-Produzenten
Fichterl ist das Erfrischungsgetränk aus den jungen und noch hellgrünen Trieben der Fichte hergestellt von LW Betrieb Reiter in St. Ruprecht an der Raab. Die Triebe werden zu Sirup verarbeitet und mit Trinkwasser und Kohlensäure versetzt. Kühl serviert ist Fichterl ein hervorragendes Getränk, das genau für den Sommer bestimmt ist. Es hat durch die ätherischen Öle der Fichte einen ganz markanten Geschmack und ist im Abgang als lieblich und leicht harzig zu beschreiben. Beim Sonnenhof-Almkräuter e.U. aus Liebenau in Oberösterreich gibt es einen Fichtewifpelsirup, ein Rezept bzw. ein altes Hausmittelchen wie zu Omas Zeit. Schmeckt herrlich nach Wald, weckt Kindheitserinnerungen und wirkt gut gegen Erkältung und Husten. Die Naturschatz Kräutermanufaktur aus dem Lesachtal in Kärnten stellt aus Fichtenwipfel neben Sirup auch Oxymel und Gelee her. Gemeinsam mit Chili und naturbelassenem und unjodiertem Salz vermischt die Biologin und Kräuterexpertin Simone Matouch die jungen, wild gesammelten Fichtenwipfel zu einem Kräutersalz mit angenehmer Schärfe. Die Wildkräuter Stube aus Piberbach aus Oberösterreich fusioniert Meersalz, Orangenschalen und Fichtenwipfel zu einer feinen Gewürzmischung für Wildgerichte, Rinderbraten, Kartoffel Gerichte. Auch der Leierhof Alpenkräuter aus Abtenau in Salzburg setzt bei ihren Oxymels unter anderem auf die Kraft der Maiwipfel.
Gerichte mit Fichte – einfach köstlich und Waldluft pur
Aber die Wipferln sind nicht nur heilvoll, sondern auch gourmetträchtig. Vor allem seitdem sich die österreichische Küche wieder auf ihre „alpinen Wurzeln“ besinnt. Heimische Kochprofis gehen wieder vermehrt in den Wald. Es wird gesammelt und gepflückt: Fichtenwipfel, Tannenzapfen, Bartflechten, Waldklee, Kräuter, Holunderbeeren etc. Zurück in der Küche verfeinern die jungen Fichtenwipfel in Honig oder Zuckersirup, Wildgerichte und Desserts. Sie verleihen klassischen Rezepten, beispielsweise einem Pannacotta, einen Funken von Limonenaroma. Fein gehackt bringen sie nicht nur Würze in Kräutertopfen, Salat und Pesto. Ein Hauch von feinst gehackten jungen Fichtennadeln macht sich auch auf einem Tiramisu sehr gut. Zermahlene Fichtenspitzen werden zu Mehl gemischt, aus dem man geschmacksintensives Brot bäckt. Und gegen einen Mantel aus Zartbitter- oder weißer Schokolade haben die Wipfel so gar nichts einzuwenden. So entsteht wunderbares Waldkonfekt!
Fichten-Facts
- Bis zu 600 mal kann eine Fichte den Frühling erleben und ihre Fichtenwipfel grün leuchten lassen
- Der lateinische Name des immergrüne Nadelbaums: Picea abies
- Mit einem Stammdurchmesser von bis zu zwei Metern und einer Wuchshöhe von rund 40 Metern zählt die zu den Kiefergewäschsen zählende Fichte hierzulande zu den großen Bäumen.
- Solange die Triebsspitzen hellgrün leuchten und die Nadeln weich sind (ab Mai bis ca. Ende Juni), können sie geerntet werden.
- Im Querschnitt sind Fichtennadeln rautenförmig und stechen. Die Tanne hingegen hat weiche Nadeln.