Das Lebensmittel Dilemma
„Wenn Bauern von ihrer Arbeit nicht mehr leben können, dann produzieren sie auch keine Lebensmittel mehr,“ warnt jetzt der Bauernbund.

Fotos: Tastl-Wachauer Marillenbauer, Genussmanufaktur Pestonarrisch, Pankrazhofer, BIO Imkerie tabler, Karina und Johannes Roßmann, Bio Weidegans Wolfpassing
„Die Botschaft ist eindeutig: Es braucht ein Umdenken. Höchste Qualität zum billigsten Preis geht sich nicht aus. Überzogene Rabatte und Schleuderaktionen mit Lebensmitteln müssen ein Ende haben. Stattdessen brauchen wir mehr Transparenz entlang der Wertschöpfungskette und ein klares Bekenntnis zu österreichischer Qualität im Regal und am Teller. Nur so bleibt Österreich ein Land, das sich mit hochwertigen Lebensmitteln selbst versorgen kann. Denn nur wenn unsere Bäuerinnen und Bauern für ihre Arbeit ein faires Einkommen erzielen, können sie auch morgen noch das tun, was für alle unverzichtbar ist: Beste heimische Lebensmittel erzeugen“, so der aktuelle Appell des Bauernbund-Präsidenten Georg Strasser.
Landwirte und lebensmittelverarbeitende Betriebe unter massivem Druck
Gleichzeitig steige die Abhängigkeit von Importen. „Bei Importen haben wir aktuell keinen Einfluss darauf, nach welchen Standards sie produziert werden. Bei uns verbotene Pflanzenschutzmittel, Hormone, Abholzung des Regenwaldes, Ausbeutung – all das landet am Ende auf unserem Teller, wenn nur der Preis und nicht die Herkunft zählt“, so Strasser. „Österreich produziert Lebensmittel zu den weltweit höchsten Standards. Qualität auf diesem Niveau hat ihren Preis. Genau das muss allen bewusst sein, die auch in Zukunft hochwertige Lebensmittel aus Österreich haben wollen.“
Sind wir falsch abgebogen?
„Seit Jahren hören wir: Lebensmittel müssen billig sein. Aber das ist eine Sackgasse. Billigpreise zerstören die Basis unserer Versorgung. Wer heute nur zum billigsten Produkt greift, verdrängt jene, die höchste Standards einhalten und für Qualität sorgen,“ warnt auch Bauernbund-Direktorin Corinna Weisl. Eine aktuelle Umfrage unterstreiche diese Haltung: 73 Prozent der Menschen in Österreich würden sich hier klar gegen Schleuderpreise im Handel aussprechen. 80 Prozent seine für klare Regeln, die Bauern vor Preisdruck durch den Lebensmittelhandel schützen. Mehr als die Hälfte meinen, dass sich die Lage unserer Bauern in den letzten Jahren verschlechtert habe. „Wir haben die Bevölkerung auf unserer Seite. Das geht aus der aktuellen Umfrage klar hervor. Wer glaubt, dass Menschen einfach nur Lebensmittel kaufen wollen, die so billig wie möglich sind, der irrt,“ so Weisl.
Hier haben wir das Dilemma
Denn jeder von uns ist Mensch (also Bürger), aber auch Konsument. Als Bürger wollen und brauchen wir keine Schleuderpreise im Handel, keine Massentierhaltung, keine Gentechnik oder Monokulturen und auch keine Pestizide. Wir wollen die heile Welt, kleine bäuerliche Strukturen, wollen echte, ehrliche Lebensmittel und werden das auch in jeder Umfrage bestätigen. Jeder von uns ist aber auch Konsument, der natürlich auf den Preis der Lebensmittel achtet.
„Der Mensch stellt hohe Ansprüche, die er als Konsument vielfach dann doch nicht bereit ist zu zahlen,“
schreibt Willi Kremer-Schillings in „Satt und unzufrieden – Bauer Willi und das Dilemma der Essensmacher”. Seiner Meinung nach würde diese Problematik immer wieder befeuert durch widersprüchliche Umfragen und maßlose Forderungen. Die Weiterverarbeitung und der Lebensmittelhandel würden dieses Spiel mitspielen und sich ihrer Gewinnmargen immer sicher sein. Es steht also viel auf dem Spiel, nicht nur für unsere Bauern, sondern für die Versorgungssicherheit unseres Landes. “Sie als Bürger und Verbraucher entscheiden durch Ihr Einkaufsverhalten mit darüber, ob wir in unserem Land zukünftig noch ausreichend Lebensmittel produzieren,” so “Bauer Willi”. Und was sagt der Bauernbund? “Die Menschen wissen die Arbeit unserer Bauern zu schätzen. Denn sie erzeugen nicht nur, was wir täglich essen, sie erhalten auch unsere Artenvielfalt, fördern Biodiversität, pflegen die Kulturlandschaft, schaffen Lebensräume und tragen dazu bei, dass unsere Umwelt sauber bleibt. Diese Leistungen gibt es nur, wenn unsere Landwirtschaft eine Zukunft hat“, gibt Weisl abschließend zu bedenken.