Der Zipfel, der Zapfel, der verarbeitete Apfel
Die Bratapfelzeit neigt sich ihrem Ende zu. Jetzt haben Chemiker ein Verfahren entwickelt, wie aus Apfeltrester Ethanol gewonnen werden kann.

Eine Möglichkeit zur Resteverwertung: Biokraftstoff aus Apfeltrester. ©Unsplash
Reststoffe aus der Apfelsaftproduktion werden bisher meist zu Tierfutter verarbeitet. Doch aus Apfelschalen und -kernen können auch höherwertige Produkte gewonnen werden – neben Ethanol auch Essig- und Zitronensäure. Die Weiterverwendung des Apfeltresters durch Hydrolyse und Fermentation bietet für Betreiber von Saftpressen damit großes Potenzial, berichten Chemiker der TU Bergakademie Freiberg in der Zeitschrift „Chemie Ingenieur Technik“.
Bio-Ethanol, das als Grundchemikalie etwa in Desinfektionsmitteln oder Biokraftstoff einsetzbar ist, wird bisher vorrangig aus Zuckerrüben und Getreide hergestellt. Der Universal-Stoff könnte künftig aber auch aus Resten der Apfelsaftproduktion gewonnen werden. Besonders geeignet dafür ist der Apfeltrester, die festen Bestandteile aus Stielen, Kernen, Fruchtfleisch und Schalen, die nach dem Pressen der Äpfel übrigbleiben. Darin enthalten sind neben Zucker auch Stärke, das Verdickungsmittel Pektin und Zellulose. Diese Stoffe können durch Hydrolyse und anschließende Fermentation in höherwertige Produkte, wie Ethanol, aber auch Essig- und Zitronensäure umgewandelt werden. Das Problem: Bisher konnten nur geringe Ethanol-Konzentrationen aus Apfeltrester gewonnen werden.
Ein Team um Chemie-Professor Martin Bertau von der TU Bergakademie Freiberg hat nun ein optimiertes Verfahren vorgestellt, mit dem Ethanol mit einem Alkoholgehalt von bis zu sechs Prozent hergestellt werden kann. „Bisherige Methoden erreichen bei Apfeltrester einen Ethanol-Gehalt von bis zu 4,7 Prozent“, erklärt Doreen Kaiser, die den neuen Prozess in Laborversuchen entwickelt und getestet hat.
Ein besserer Gärungsprozess
Um reineres Ethanol aus dem Apfeltrester herzustellen, hat das Wissenschaftler-Team einen alternativen Enzymkomplex eingesetzt, der aus dem Mikroorganismus Penicillium verruculosum gewonnen wird. Wie auch andere Enzymkomplexe hat der nun erstmals für dieses Verfahren verwendete Cellulasekomplex die Fähigkeit, die langkettigen Zuckermoleküle in Einfachzucker zu spalten. Werden die Einfachzucker jetzt mit Hilfe von Hefe vergärt und die wasserhaltige Lösung destilliert, erhalten die Chemiker das Ethanol in der gewünschten Konzentration. „Im Vergleich zu den bisher eingesetzten Biokatalysatoren hat sich der Cellulasekomplex aus Penicillium verruculosum als besonders robust gegenüber Störfaktoren der Reaktion herausgestellt“, berichtet Kaiser. „Deshalb kann eine größere Menge Apfeltrester als bei herkömmlichen Fermentations-Prozessen eingesetzt und es können höhere Ethanol-Konzentrationen gewonnen werden.“
Aber-Millionen Liter Apfelsaft werden auch in Österreich Jahr für Jahr hergestellt. Als Koppelprodukt fallen dabei jährlich zehntausende Tonnen Apfeltrester an – zu schade, um als Futtermittel im Schweinstall zu landen. Die alkoholische Chemikalie eignet sich sehr gut zur Herstellung von Desinfektionsmitteln, die Apfelsafthersteller zur Reinigung direkt in ihrem Betrieb weiter verwenden könnten. Und sogar Bio-Kraftstoff ließe sich aus der Lösung herstellen.