Wenn der Wolf kommt
Schafe werden zum eigenen Schutz ins Tal gebracht, der Almsommer ist für sie vorbei. Bauern fordern jetzt den Abschuss von “Problemwölfen”. Zu Recht?
Im Anhänger warten die Schafe auf die Heimfahrt, runter ins Tal. Das Geplöke und Gezetere ist groß, sowohl von den Tieren als auch den Menschen. Den Sommer auf der Alm haben sie sich anderes vorgestellt. Aber die Almidylle ist durch Wölfe gestört, die Verunsicherung groß. Auf der Poludnig-Alm im Kärntner Gailtal sollen zwei Tiere in den letzten Tagen bereits 25 Schafe gerissen haben. 30 sind abgängig (erschreckt vom Wolf auf der Flucht). Von 95 Weideschafen, die ihren Sommer auf dieser Alm verbringen sollten, sind noch 40 übrig. Für die Bauern und Halter der Almen ist das nicht nur ein finanzieller Verlust. „Die Risse werden zwar vom Wildschadensfonds gedeckt, das Tierleid, das den Weidetieren durch die Angriffe widerfährt, könne damit aber nicht verhindert werden, sagte Josef Obweger, Obmann des Almwirtschafsverbandes Kärnten in einem ORF Interview. „Die Tiere sind zum Teil nur angebissen, leben noch und müssen notgeschlachtet werden. Das ist für die Almbauern auch eine psychische Belastung, denn sie haben oft einen besonderen Bezug zu den Tieren,“ so Obweger.
Herdenschutzhunde sind hier keine Lösung
Da muss man doch den Wolf nicht gleich töten, hört man aus der Bevölkerung. Man könne es doch beispielsweise mit Herdenschutzhunden versuchen. Das sei, so die Bewirtschafter der Alm, hier keine Lösung, da es sich nicht um eine große Herde, sondern um eine Almgemeinschaft, also um Tiere von vielen verschiedenen Bauern handelt. Jeder Hund passt auf seine Herde auf, die er kennt und mit der er aufgewachsen ist. Es müssten also viele Hunde sein. „Herdenschutzhunde seien in Tourismusregionen wie auf der Poludnig-Alm, wo der karnische Höhenweg durchführt, problematisch, denn sie können auch Wanderer zum Schutz der Herde anfallen.“
Abschuss der Probelmwölfe
Der Almwirtschaftsverband fordert erstmals den Abschuss von „Problemtieren“, auch Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger spricht sich, laut ORF Beitrag, dafür aus. Köstinger sagte auch, dass die Entnahme einzelner Problemwölfe rechtlich „durchaus möglich“ sei, auch gemäß der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, also der Naturschutz-Richtlinie der EU. Durch DNA-Proben ist nachweisbar, wenn ein und derselbe Wolf für mehrere Risse verantwortlich ist. Der zuständige Agrar- und Jagdreferent des Landes, Martin Gruber, teilt die Meinung von Köstinger. Gemeinsam mit den anderen Referenten der Länder will er an einer Einführung so genannter Weideschutzgebiete arbeiten, um künftig einen Abschuss des Wolfes leichter zu ermöglichen. WWF-Sprecher Florian Kozak sagte im ORF Interwiev, dass Wölfe streng geschützt seien und auch Abschüsse nicht verhindern können, dass in Zukunft Wölfe durch Österreich streifen werden. Er sprach sich für eine Wiederbelebung des traditionellen Hirtenwesens aus.
Wenn Interessen aufeinanderprallen
„Jemand vom WWF müsste kommen und sich das Elend der Tiere ansehen,“ hört man auf der Poludnig-Alm. Es herrscht tatsächlich eine eigartig bedrückende Stimmung. Ich kenne die Alm (schon aus meiner Kindheit) nur mit vielen Schafen, Pferden und Kühen. Vor allem die Schafe haben dem Berg eine besondere Duftnote verpasst, die an heißen Tagen – zugegeben – schwer auszuhalten war. Jetzt kann man hingegen die Kadaver der Schafe riechen. Das ist verstörend, mit Sicherheit auch für die Kühe und Pferde. Der Ball liegt bei den Behörden, die Bauern fühlen sich im Stich gelassen, denn bis zu einer Entscheidung dauert es mindestens bis Ende August. Und dann ist die Almsaison vorüber.
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