Unternehmen unterstützen Imker mit dem Kauf von Bienenvölkern: Diese Idee der Kununu-Erfinder hat funktioniert. Jetzt geht’s Richtung Crowdfunding.

Von Arbeitgeberbewertungen zum Bienenschutz: Martin und Mark Poreda zeigen sich flexibel. ©Hektar Nektar

Die Poreda-Brüder widmen sich seit einiger Zeit nicht mehr Arbeitgebern, sondern dem Bienenschutz. Ist ja auch logisch. Schließlich haben sie ihre höchst erfolgreiche Arbeitgeber-Bewertungsplattform Kununu 2013 an das Business Netzwerk Xing verkauft.  Da musste ein neues Betätigungsfeld her. Und wer “mit digitalen Lösungen die Welt verbessern” will, der kommt irgendwann an Bienen und Imkern, nicht vorbei. Schließlich verdanken wir den Bienen schätzungsweise ein Drittel unserer Nahrung sowie 80 Prozent der Obst- und Gemüsesorten. Sie wissen schon: Ohne Imker, keine Bienen – ohne Bienen, keine Nahrungsvielfalt. In einer Nacht- und Nebelaktion wurde die Idee freilich nicht geboren.Viel mehr waren die Poredas mal für eine Imkerei als Business Angels tätig und erkannten da: „Die Lage der Imker und der Stand der Bienenpopulation ist ziemlich dramatisch. Es fehlt an Standplätzen für Bienenstöcke, es gibt keinen geregelten Marktplatz für den notwendigen Bienenhandel und die Imker sind konfrontiert mit Rückschlägen durch Wetterkapriolen, dem Bienensterben und geringen Einnahmen aus der Honigproduktion.

News: Hektar Nektar                Crowd-Funding-Projekt

Auch Privatpersonen können sich jetzt am Bienenschutz beteiligen. In den kommenden Monaten wird das Projekt 2028 mit einem Crowd-Investment auf der Plattform Conda erweitert. Alle Informationen stellt Hektar Nektar auf der Conda-Projektseite bereit – inklusive Business- und Finanzplan. Der minimale Zeichnungsbetrag liegt bei 100 Euro.  Bei höheren Investments gibt es Prämien. Der Basiszinssatz liegt bei 4,5% p.a. (5,5% bis inkl. 16. Juli 2019). Vor Beteiligung der Conda-Crowd-Investoren liegt der Unternehmenswert von Hektar Nektar bei drei Millionen Euro. Die Fundingschwelle wurde mit 50.000 Euro festgelegt; das Fundinglimit beträgt zu Beginn 300.000 Euro. „Wir möchten aber gerne bis zu 500.000 Euro erreichen“, so Mark Poreda. Aktuell steht man bei 160.800 Euro. www.conda.at/startup/hektar-nektar/

Die Landwirte wiederum brauchen für ihren Obst- und Gemüseanbau eine professionelle Bestäubungsleistung, die zu einer Ertragssteigerung von bis zu 50 Prozent führt.” Was liegt da näher, als beide auf einer digitalen Plattform zu vernetzen? Also schuf man die und bringt auf “Hektar Nektar” seit 2017 nicht nur Landwirte, Bienenzüchter sowie Unternehmen und Private zusammen, sondern will auch die Bienenpopulation in der DACH-Region steigern. Zunächst fungierte die Seite als professioneller Marktplatz. Im Juli 2018 stieg der deutsche Bauernverlag mit einem sechsstelligen Investment ein, übernahm 25 Prozent, und schon zwei Monate später launchte man das Projekt 2028, das sich den Neueinsteigern unter den Imkern, bzw. ihre hohen Anfangsinvestitionen widmet.Was will das Projekt 2028? Unternehmen in Österreich, Deutschland und der Schweiz dazu motivieren, Imker mit einem Imkerei-Starter-Set zu sponsern und ihnen den Start zu erleichtern. In weiterer Folge sollen dann auch noch Landwirte in die gute Sache eingeflochten werden. Seit Juni 2019 haben auch Privatpersonen die Chance, in Hektar Nektar zu investieren (siehe Kastenelement). Ganze 4,5 Prozent Zinsen kann man damit im Jahr generieren. Getestet hat man das Interesse von Privatpersonen davor auch schon. Und war mit der Crowdfunding-Initiative “Es geht”, die von Jänner bis März 2019 lief. Am Ende wurden damit zwei Kampagnen im Wert von je 15.000 Euro erfolgreich gefundet. Die generelle Ambiotion ist freilich ambitionierter: Sie lautet, innerhalb von zehn Jahren 100.000 Jung-Imker mit einem Bienen-Starterset zu versorgen. Das bedeutet in anderen Worten zehn Prozent mehr an Bienen. Die Logistik dahinter? Ist enorm. Der Marktplatz stellt das Bienenvölker-Angebot bereit, versendet wird in einer eigens dafür entwickelten Verpackung mit einem auf Tiertransporte spezialisierten Logistiker mit Imkerschulung.  Die Unternehmen, die sich beteiligen, haben naturgemäß auch was davon.

Sie sind mit einem Firmenprofil online und werden mit den Profilen „ihrer Imker” verbunden. Beim „Matching” zählt regionale Nähe und die Imker müssen über das Know-how und die Ressourcen für eine Übernahme eines Bienenvolkes verfügen.

100 Imker und über 3,5 Millionen neue Bienen

„Es gibt bereits jetzt schon 3,5 Millionen Bienen mehr durch das Projekt 2028”, freuten sich Mark und Martin Poreda im März. Mittlerweile werden 100 Imkerinnen von 26  deutschen und österreichischen Unternehmen unterstützt. Auch der Marktplatz läuft zufriedenstellend. “Obwohl die Bienensaison gerade erst begonnen hat, wurde bereits eine Verdreifachung der Bestellungen im Vergleich zum Vorjahr erzielt.” Welche Unternehmen sind mit dabei? In Österreich unter anderem NTS Netzwerk Telekom Service, kununu, Weleda, Max Catering, Sto GmbH und kaiserweb, in Deutschland agaSaat, das Staatliche Hofbräuhaus München und die Warenhandels-Contor Uetersen GmbH. Sie alle sind voll motiviert bei der guten Sache. Und das braucht es auch. Denn 2018 haben österreichweit 15,2 Prozent der eingewinterten Bienenvölker die kalten Monate nicht überlebt. Speziell für Jung-Imker kann das zu einem veritablen Problem werden.

Momentaufnahme und Zukunftsvision

In der aktuellen Bienensaison – diese geht von April bis August – ist der Umsatz von Hektar Nektar im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um mehr als das Dreifache angestiegen. Das Gesamtvolumen umfasste in der Bienensaison 2019 bereits 140.000 Euro – im Vorjahr waren es noch 30.000 Euro. In der Bienensaison 2018 wechselten insgesamt 300 Bienenvölker und Königinnen die BesitzerInnen. In dieser Saison – die noch nicht am Ende ist – sind es bereits 1.374 Produkte in 695 Bestellungen. Mit jeder erfolgreichen Bestellung erhält Hektar Nektar eine Provision von 15 bis 18 Prozent. So sieht’s momentan aus. Aber was wird die Zukunft hergeben? Auch das wissen die Poreda-Brüder schon: Eine ganze Weile wird man noch mit der größten Crowdfunding-Kampagne zur Unterstützung von Imkerinnen beschäftigt sein. Im Frühjahr 2020 wird dann der Marktplatz um Imkerei-Zubehör erweitert. Dann lassen sich nicht nur Bienen, sondern auch deren Behausungen und Bedarfsartikel dort beziehen. Ende 2020 will startet man mit Premium Jahres-Mitgliedschaften. Die werden Imkerei-Fachcontent der Verlagsredaktionen, Vergünstigungen am Marktplatz und die Nutzung erweiterter Funktionen auf der Plattform beeinhalten. Fad dürfte den Poreda-Brüdern demnach vermutlich in nächster Zeit nicht werden.

Die Situation der österreichischen Imker: 2016/17 wurden in Österreich circa 5.500 Tonnen Honig produziert, konsumiert werden im Schnitt jährlich 1,2 Kilogramm pro Kopf. Der Selbstversorgungsgrad liegt bei 52 Prozent. 2018 war entsprechend der Witterun ein kurzes Honigjahr. Außergewöhnlich war, dass in ganz Österreich keine nennenswerte Waldhonigernte verzeichnet werden kann. Damit fehlte etwa die Hälfte der gesamten Ernte, da Waldhonig etwa 50 Prozent der Gesamternte ausmacht. Weil auch die letzten Jahre, mit Ausnahme von 2017, in Summe unterdurchschnittliche Honigernten gebracht haben, sind die Honiglager weitgehend geleert.

Über Hektar Nektar Hektar Nektar ist ein Wiener Startup mit einer Plattform für Bienenschutz-Initiativen zum Mitmachen für alle – von der Wirtschaft bis zu privaten Haushalten. Eine Initiative ist Projekt 2028: Unternehmen finanzieren Bienenvölker und unterstützen damit Imker. Die Einbindung von privaten Haushalten in Projekt 2028 ist der nächste Schritt (siehe Kasten). Weiters bietet die Plattform einen digitalen Bienen-Marktplatz für einen fairen und sicheren Handel mit Bienen. Hektar Nektar wurde von Martin und Mark Poreda Oktober 2017 gegründet. Die Brüder gründeten 2007 bereits die Arbeitgeber-Bewertungsplattform kununu und verkauften sie 2012 erfolgreich an Xing. www.hektarnektar.com