Das Burgenland sagt künftig Nein zu konventionellen Tiermastbetrieben. Doch kann die Bio-Wende funktionieren? Die Landwirtschaftskammer ist skeptisch.

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Wer Bauer werden will und keine Bioambitionen hat, der kann sich künftig nicht mehr im Burgenland niederlassen. Jedenfalls nicht, wenn er auch Tiere halten will. Ab der zweiten Jahreshälfte dürfen dort Neubauten nämlich nur mehr Biozuchtbetriebe sein. Warum das? Weil das Burgenland zur heimischen Bio-Musterregion werden will. Konventionelle Betriebe passen da nicht mehr ins Bild. Die aktuell 30 Prozent Bioflächen will man schon bis 2027 auf 50 Prozent erhöhen. Weil das ein ziemlich ambitioniertes Ziel ist, setzt Landeshauptmann Hans-Peter Doskuzil auf ein 12-Punkte-Programm. Dazu gehört etwa, dass die Landesbetriebe mitziehen müssen. Bis 2021 müssen die Landhausküche und die Burgenländische Krankenanstalten-Gesellschaft m.b.H., Tourismusbetriebe wie die Therme Lutzmannsburg, Kindergärten und Schulen zur Hälfte Biokost anbieten, bis 2024 zu 100 Prozent umstellen. Parallel dazu sollen in Nord-, Mittel- und Südburgenland Bio-Modellgemeinden entstehen, das landwirtschaftliche Schulwesen  eine Neuausrichtung erfahren, ein Innovationspreis des Landes zeichnet künftig jährlich die besten Bioideen aus und Landwirte will man mit Marktforschung unterstützen – beispielsweise Umfragen oder Roadshows.

Klingt gut, aber geht das wirklich so einfach?

Diese Frage stellen Sie sich jetzt zu Recht. Den notwendigen Rückhalt der Bevölkerung und der Landwirtschaft gibt es jedenfalls. Biologisch und in der Region produzierte Lebensmittel  sind beiden Gruppen ein Anliegen, wie eine neue Umfrage bestätigt. Laut der ist es 95 Prozent der Befragten sehr wichtig oder wichtig, dass mehr regionale Lebensmittel im Handel angeboten werden. 70 Prozent gaben an, dass ihnen biologische Ernährung sehr wichtig sei. Nahezu genauso viele – 68 Prozent – kaufen sehr oft oder oft Bio-Lebensmittel ein. Befragt wurden übrigens 1.154 Konsumenten und 397 Landwirte – 157 von ihnen mit biologischer und 240 mit konventioneller Landwirtschaft. Fast allen Bauern, 93 Prozent, sprachen sich für verstärkte Kooperationen und mehr Kommunikation – sowohl zwischen den Landwirten untereinander als auch mit den Vertretern der Politik aus. Apropos Politik: Die EU-Förderungen zum Umstieg auf die biologische Landwirtschaft sind im heurigen Jahr ausgelaufen. Wie reagiert Doskuzil darauf? Bis es wieder EU-Gelder gibt, schlägt er eine Umstiegsprämie von 15.000 Euro einmalig pro Betrieb vor, unabhängig von der Größe übrigens.

Selbstversorgungsgrad gefährdet?

“Ungleichbehandlung der Bauern”. Dieses Schlagwort fiel gleich einmal von Seiten der Landwirtschaftskammer Burgenland zum Thema künftig nur mehr Stallungen mit Bio-Widmung zuzulassen. Auch zusätzliche gesetzliche Bewirtschaftungsregeln oder Anbauverbote im Bereich des Bodenschutzgesetzes lehnt Landwirtschaftskammerpräsident Nikolaus Berlakovich ab. Abgesehen davon äußerte er Sorge um den burgenländischen Selbstversorgungsgrad. Der sei ohnehin “nicht sehr hoch” und liege etwa bei Schweinefleisch bei 48 Prozent, bei Masthühnern bei sieben Prozent. “Wenn nur mehr Bio-Ställe genehmigt werden sollten, werden automatisch konventionelle Landwirte ausgeschlossen. Das bedeutet, dass immer weniger Bauern Nutztiere halten werden. Folglich geht auch Wertschöpfung verloren”, sagt Johann Weber, Vorsitzender des Tierzuchtausschusses. In Sachen Bodenschutzgesetz gebe es Eigeninitiativen aus der Bauernschaft, die sich für die Bodenfruchtbarkeit und den Erosionsschutz einsetzten. Die Bauern als Sündenböcke für Abschwemmungen hinzustellen, sei unfair. Beide orten Betroffenheit: “Stallgenehmigungen und Anbauverbote verunsichern die Bauern, hinsichtlich langfristiger Planung und Betriebsübernahme”. Noch deutlicher wurde Walter Lederhilger, Obmann des Vereins Nachhaltige Tierhaltung Österreich (NTÖ): “Wir müssen in einer freien Marktwirtschaft erleben, dass die Freiheit unternehmerischer Entscheidung der Bauern im Land, in welcher Art und Weise sie produzieren, durch solche bevormundenden Regelungen weiter beschnitten wird.”

Keine Verunsicherung bei der SPÖ

An Agrarsprecher Wolfgang Sodl prallt die Kritik indes ab.  Er bekräftigte die Pläne in Richtung “Bio-Wende” im Burgenland und ließ wissen: “Bestehende Ställe und bereits bestehende Widmungen werden nicht angetastet.” Im Übrigen rede man hier von einer Handvoll Stallbauprojekte im Jahr, und da stünden das Wohl der Tiere und eine nachhaltige Bewirtschaftung in Zukunft im Vordergrund. Auch beim Bodenschutz werde nicht alles über einen Kamm geschert, sondern dort agiert, wo immer wieder Abschwemmungen passieren würden. Seine Conclusio: “Allen Beteiligten muss klar sein: Wenn das Land Steuergeld einsetzt, muss es den übergeordneten Zielen der burgenländischen Landwirtschaftspolitik dienen – einzelne, eingefahrene Meinungen unter dem Motto ‘so war es ja immer’ zählen nicht.”