Vom Räuchern und Reinigen
Jedes Räucherpfandln ist handgefertigt. Jedes Ornament mit Bedacht gewählt . Kunstschmied Sepp Hintermaier erzählt von der Kunst des Räuchern.

Kunstschmied Sepp Hintermaier hat es sich im Ruhestand zur Aufgabe gemacht, die alte Tradtiton des Räuchern wieder zu beleben. Sein Beitrag: Kunstvoll Räucherpfandln, jedes Stück handgemacht, ein Unikat. ©️LT1/Ein Bayer in Oberösterreich
„I hab’s Räuchern bei meine Großeltern kenneng’lernt. Scho als Kind bin i mitgangen in de Raunächt“, erinnert sich Sepp Hintermaier aus Wildenau in der Innviertler Gemeinde Aspach. Seit einigen Jahren stellt der Kunstschmied Räucherpfandln her, um so den Brauch des Räucherns aufrechtzuerhalten. Denn, so erzählt er, das Räuchern sei beinahe so alt wie die Menschheit selbst. Räuchern ist auch für ihn weit mehr als ein duftendes Ritual oder ein stimmungsvolles Element in den Rauhnächten. Viele Menschen spüren intuitiv, dass Rauch die Atmosphäre verändern kann – und tatsächlich: Rauch bindet Schwingungen in der Luft. Schon unsere Vorfahren nutzten diese Eigenschaft, um Räume zu reinigen, Stimmungen zu klären und Heilprozesse zu unterstützen. Nach Streitigkeiten, Krankheit, einem Umzug oder Einzug, nach einem Todesfall, schweren Erlebnissen oder auch nach intensiven Feierlichkeiten kann sich die Energie in einem Raum „schwer“ oder verbraucht anfühlen. Durch das Räuchern werden solche alten oder belasteten Eindrücke symbolisch – und für viele auch tatsächlich spürbar – gelöst. Man setzt einen Impuls zur Heilung, Klärung und energetischen Erneuerung.
Räuchern im Jahreskreis
In einer Zeit, in der das Leben eng mit den Rhythmen der Natur verwoben war, wurde das Räuchern zu einem festen Bestandteil des Jahreskreises. Acht große Feste – von der Frühlings-Tag-und-Nachtgleiche über die Walpurgisnacht bis hin zu Samhain und den Sonnenwenden – waren eng mit rituellen Räucherzeremonien verknüpft. Später entstand sogar die berühmte Weihrauchstraße, auf der kostbare Harze wie Weihrauch und Myrrhe über weite Strecken gehandelt wurden. Bis heute ist uns diese Tradition in der Kirche vertraut – und besonders in den geheimnisvollen Rauhnächten.
“Je nach Region spricht man von drei oder zwölf dieser Nächte, einer Schwellenzeit zwischen dem Alten und dem Neuen, zwischen dem Sichtbaren und dem Unsichtbaren.”
Die vier wichtigsten sind:
- 20.–21. Dezember – Thomasnacht: Die dunkelste Nacht des Jahres, ein Wendepunkt, an dem das Licht langsam zurückkehrt.
- 24.–25. Dezember – Christnacht: Ein Moment der Stille, des Neubeginns und der inneren Sammlung.
- 31. Dezember–1. Januar – Silvesternacht: Eine Nacht des Loslassens und der Klärung.
- 5.–6. Januar – Nacht auf Heilig Drei König: Die letzte Rauhnacht, eine Zeit der Segnung und des Schutzes.
Damit der Rauch wirklich überall hinkommt, nutzt man traditionell eine Feder oder einen Salbeibusch und lenkt die Rauchschwaden auch in Ecken, hinter Möbel oder in Schränke. Steigt die Rauchsäule gerade nach oben, ist alles im Fluss. Bleibt sie hängen oder kräuselt sie sich unruhig, empfiehlt es sich, an dieser Stelle etwas länger zu verweilen. “Die Intuition ist hier der beste Wegweiser,” so Hintermaier.

©️LT1/Ein Bayer in Oberösterreich
Wenn Harze oder Kräuter verglimmt sind, wird nachgelegt. Hat man jeden Raum durchwandert, öffnet man die Fenster weit, um den alten Rauch – und sinnbildlich die alten Energien – hinauszulassen. Danach kann man eine zweite Runde mit einer segensreichen, harmonisierenden Mischung beginnen. Wieder wird Raum für Raum durchschritten, erst danach gelüftet. Bewusstes Denken und Fühlen sind zentrale Elemente: Was möchte ich loslassen? Welche Stimmung soll einziehen? Ein alter Spruch fasst es treffend zusammen:
„Glück ins Haus, Unglück hinaus!“
Räuchern im Raum
Wer lediglich einen einzelnen Raum räuchern möchte, stellt das Räucherpfandl auf einen feuerfesten Untergrund. Etwas Sand auf der Kohle verhindert, dass das Räuchergut zu schnell verbrennt – der Rauch wird dadurch weicher und gleichmäßiger. Dann legt man vorsichtig Harze oder getrocknete Kräuter auf und lässt den Duft aufsteigen. Lieber sparsam beginnen und bei Bedarf nachlegen. Wird der Rauch zu dicht, gilt: unbedingt lüften!
Womit kann geräuchert werden?
Die Kunst des Mischens folgt einer einfachen Regel: maximal neun Bestandteile. Ein bis zwei Harze, dazu vier bis fünf Kräuter – ergänzt durch Wurzeln oder Hölzer, wenn man möchte. Man kann aber ebenso gut nur mit einem einzigen Kraut oder reinem Weihrauch räuchern. Entscheidend ist, auf giftige Pflanzen unbedingt zu verzichten!
Harze – die klassischen Begleiter
Weihrauch ist eines der bekanntesten Räucherharze. Er stammt von Balsamstrauchgewächsen, die meist im Oman oder Jemen zu Hause sind. Sein Rauch wirkt schmerzstillend, entzündungshemmend, beruhigend, desinfizierend, stimmungsaufhellend und zugleich heilend. Seine besondere Fähigkeit: Er neutralisiert schwere Energien und Angst – und schafft gleichzeitig eine Atmosphäre geistiger Klarheit und Konzentration.
Neben Weihrauch gehören auch heimische Harze zu den wichtigsten Räucherzutaten. Besonders wertvoll ist Fichtenharz, oft auch als „heimischer Weihrauch“ bezeichnet. Es dient der Fichte als natürlicher Wundverschluss und sollte deshalb mit großer Achtsamkeit gesammelt werden – nur kleine Mengen und niemals frisches Harz, damit der Baum sich regenerieren kann. Nach dem Sammeln braucht Fichtenharz Geduld: Rund ein Jahr sollte es trocknen, bevor es sein volles Aroma entfaltet.
Bei einer Räucherung wirkt es stark keimtötend, reinigend und desinfizierend. Sein Duft klärt den Geist, fördert die Konzentration und kann – traditionell angewendet – den Brustraum befreien, etwa bei Erkältungen.
Kräuter – Pflanzenweisheit aus alter Zeit
Viele Kräuter gelten seit Jahrhunderten als kraftvolle Begleiter für Reinigung, Schutz oder Harmonisierung.
Beifuß war bereits bei den Kelten eines der wichtigsten Räucherkräuter. Er schützt, reinigt und wärmt, unterstützt in Phasen der Trauer und wurde früher sogar bei drohendem Unwetter verräuchert.
Salbei, eines der bedeutendsten Räucherkräuter weltweit, wirkt stark reinigend, antiseptisch und keimtötend. Sein Rauch ist intensiv und klärend – perfekt nach anstrengenden Arbeitstagen oder emotional belastenden Situationen. Salbei kann problemlos auch ohne Kohle im Pfandl verglimmen.
Rose, in Form von Blüten oder Knospen, bringt eine sanfte, segnende Energie. Sie steht für Harmonie, Wohlempfinden und Herzensöffnung – eine wunderbare Zutat für ruhige, schützende Räucherungen.
Lavendel wiederum klärt, beruhigt und belebt gleichermaßen. Sein Duft reinigt die Luft, wirkt desinfizierend und hält Insekten fern. Besonders hilfreich ist er beim Einzug in neue Räume, wenn man das „Alte“ hinter sich lassen und einen friedvollen Neuanfang schaffen möchte.
Die Qualität des verwendeten Räucherwerks spielt dabei eine große Rolle. Hochwertige Harze, gute Kräuter und achtsam gesammelte Pflanzen tragen zu einer klaren, feinen Wirkung bei. Auch die eigene innere Haltung ist entscheidend: Räuchern wirkt besonders intensiv, wenn man bewusst und mit einer klaren Absicht räuchert.
TIPP: Ein Räucherpfandl zu Weihnachten schenken – Sepp Hintermaier hat spezielle Geschenkboxen rund um seine Räucherpfandln kreiert. Pfandl, Kräuter, Harze + Broschüre und Anleitungen. Damit das Räuchern ein Erfolg wird.




