Die Weißweinsorte Scheurebe, bei uns als Sämling 88 bekannt, spielt in den heimischen Weingärten eine Nebenrolle. In der Steiermark aber ist das anders.

Am Weinhof Leitner, bei Winzer Karl Riegelnegg und Rudolf Schuster vom Weingut Rudolf und Petra Schuster spielt der Sämling 88 eine trinkfreudige Rolle. Canva/Weinhof Leitner, Weingut Karl Riegelnegg, Weingut Rudolf und Petra Schuster

„Beliebt bei Jung und Alt: Helles Gelb, Duft blumig, nach Pfir­si­chen sowie Wiesen­­kräu­tern. Im Ge­schmack saf­ti­ger Pfir­sich, etwas Ring­­lotte ge­sellt sich dazu. Fein­­wür­zig. Be­sitzt dezen­tes Pfef­ferl, tolle Zucker­­spitze und frische Säure – einfach trinkanimierend,“ so beschreibt Winzer Karl Riegelnegg aus Gamlits seinen Sämling 88. „Dieser Wein begeistert durch ein volles Bukett, Aromen nach Weingartenpfirsich, lebendig am Gaumen, frisch und knackig. Eine Sortenrarität die durchaus eine Hauptrolle spielt,“ zeigt sich Rudolf Schuster aus Klöch begeistert. Am Weinhof Leitner im Ilztal schätzt man die Scheurebe wegen seines duftigen, harmonischen Buketts von Holunderblüten, Bergkräutern und gelbem Pfirsich; im Geschmack sehr fruchtbetont, zart würzig, animierendem Abgang.

Scheurebe oder Sämling 88

Die Weißwein Rebsorte Scheurebe, in Österreich als Sämling 88 bekannt, wurde 1916 von Dr. Georg Scheu in Alzey Rheinhessen gezüchtet. Er ging davon aus, dass es sich um eine Kreuzung aus Riesling und Silvaner handelt. Es hat dann fast 100 Jahre gedauert, diesen Fehler aufzuklären. In Wirklichkeit ist die Scheurebe nämlich eine Kreuzung aus Riesling und der Buketttraube. Wie kommt es zu den verschiedenen Namen? Scheurebe ganz klar nach Dr. Scheu, der diese Rebsorte in Zusammenarbeit mit der Weinbauschule Klosterneuburg gezüchtet hat. Der 88igste Versuch der Züchtung hat am besten entsprochen und wurde weitervermehrt. Deshalb wird er in Österreich als Sämling 88 bezeichnet. 

Am Weinhof Leitner ist die Scheurebe der Urbanus Wein, also der Wein der Römerweinstraße. @Weinhof Leitner

Ein Liebhaberprodukt

Am Weinhof Leitner im Weinbaugebiet Vulkanland in der Steiermark, hat die Scheurebe noch einen Namen, nämlich Urbanus. Der Urbanus Scheurebe ist ein Wein der Römerweinstraße. Diese folgt dabei den 2000 Jahre alten Spuren des Weinbaus der Römerzeit. Das Emblem der Weinstraße ist ein Weinkrug aus dem 2. Jahrhundert n. Chr., der in einem Römergrab in Hartensdorf gefunden wurde und im Färberturm, dem Pischelsdorfer Heimatmuseum, zu bewundern ist. Archäologische Spuren reichen bis zur Jungsteinzeit zurück. Das keltische Königreich Noricum wurde 16 v. Chr. von den Römern unterworfen, die den Weinanbau der Kelten kultivierten. Die Scheurebe vom Weinhof Leitner ist ein leichter, fruchtiger Wein, der die Region repräsentiert. „Er ist eine Rarität, hat sich einfach nicht so durchgesetzt, ist aber eine gut Ergänzung zu unseren typischen Vulkanlandweinen. Ein Liebhaberprodukt,“ schwärmt Stefanie Leitner.  

Am Weingut Riegelnegg Karl ist der Sämling 88 ein echte Süd­steirer, der alle Zeit dieser Welt hatten, um auf den Hängen des Sernau­bergs zu reifen. @Weingut Riegelnegg Karl

Weinsortenvielfalt erhalten

„Woran Sie unsere Weine erkennen? An ihrer Ausstrahlung, ihrer Per­sön­lich­keit und ihrem Charakter – echte Südsteirer, gereift auf den Hängen des Sernau­bergs in Gamlitz. Unsere Weine spiegeln ihre Herkunft wider. Einerseits zeigen sie die Facetten der Südsteiermark, andererseits auch die Leidenschaft des Weinbauern. Die Böden des Sernaubergs sind großteils ein Gemisch aus Sand, Lehm, Kalk und anderem Gestein, in unterschiedlichen Verhältnissen, das an die Meere der Urzeit erinnert. Eine ganz besondere Form davon ist der Blaue Opok. Dieser bildet das Fundament, das unseren Weinen ihren typischen Charakter verleiht. “ So beschreibt Karl Riegelnegg seine Weine. Den Sämling 88 baut er absichtlich mit ein bisschen Restzucker aus. Damit kommt der Wein vor allem bei der Jugend gut an, oder auch bei älteren Herrschaften. Also bei allen, die einen ganz leicht süßlichen Wein möchten. „Generell ist die Sorte interessant, weil nicht jeder sie hat, sie ist so schön fruchtig und man merkt die Verwandschaft zum Riesling,“ so der Winzer. Derzeit liegt der Sämling nicht unbedingt im Trend. „Das ist aber immer wieder ein hin und her,“ so Riegelnegg. Auf seinem Weingut ist der Sämling 88 sehr beliebt, er trägt wie viele andere Sorten für ihn zur heimischen Weinvielfalt bei, die die österrieichische Weinlandschaft ja auszeichnet.

Eine schöne Hauptsort

Während der Sämling bei anderen Winzern in Österreich – und auch in der Steiermark – eine Nebenrolle spielt, ist sie am Weingut Rudolf und Petra Schuster eine schöne Hauptsorte. Auf einer kleinen Anhöhe am südoststeirischen Klöchberg angesiedelt, liegt der Weinbaubetrieb inmitten von  5 ha Weingärten. Rund 15 Prozent davon sind Sämling. Was die Sorte für den Winzer so besonders macht? „Sie ist sehr duftig, fruchtig, Aromen nach Weingartenpfirsich, lebendig am Gaumen, frisch und knackig und sie hat ein schönes Säure-Zuckerspiel,“ beschreibt Rudolf Schuster den Wein, der für ihn immer eine seiner Lieblingssorten sein wird. „Weil sie besonders ist, keine Allerweltssorte.“