Respekt und Achtsamkeit gegenüber Natur, Tier und Mensch sind die Basis für eine gelebte Gemeinwohlökonomie am Bauernhof. Was bedeutet das aber?

Bauernhof-Familie mit Heu

Sylvia und Bernhard Astner mit ihren Kindern. Die Großeltern, sie leben auch am Hof, fehlen am Bild. ©Andrea Knura

“Ein gesunder landwirtschaftlicher Betrieb kann unserer Meinung nach viele Lösungsansätze und Antworten für die Probleme und Fragen unserer Zeit liefern.”  Bernhard und Sylvia Astner haben auf ihrem Fohlenhof, am Lienzer Talboden gelegen, vieles hinterfragt, neu ausgerichtet, und 2017 eine Gemeinwohl-Bilanz erstellt. Die Herausforderungen unserer Zeit, sowohl innerhalb der Landwirtschaft als auch gesamtgesellschaftlich, betrachten sie als eine Art Wachrütteln.

Die beiden bauen auf dem Wissen der Vorfahren auf. „Eigentlich ist es viel mehr ein Erinnern, ein Sich-wieder-Verbinden. Deshalb greifen wir auch bewusst auf alte Kulturpflanzen wie Urroggen oder die sechszeilige Pumpergerste – unter anderem in Kooperation mit der Tiroler Umweltanwaltschaft – und auf alte Tierrassen zurück.“

Herzkartoffeln

Herzkartoffeln ©Fohlenhof Astner

Der Bereich Speisekartoffel und Saatgutvermehrung macht hier deutlich, dass man Alternativen hat und diese manchmal nur sehen und definieren muss. Es geht um Herzkartoffeln. Das ist keine seltene Sorte, sondern hat einfach nur eine besondere Form. Diese Herzkartoffeln sind normalerweise nicht im Handel erhältlich, da sie als minderwertig aussortiert werden. „Für uns sind Herzkartoffel etwas ganz Besonderes und viel zu schade um sie wegzuwerfen. Deshalb sortieren wir sie bei der Kartoffelernte händisch aus und verpacken sie liebevoll für unsere Kunden. Wir möchten ihnen damit ein Lächeln ins Gesicht zaubern und Bewusstsein schaffen für die Wunder der Natur und den fragwürdigen Umgang mit Lebensmitteln in unserer Gesellschaft.“

Wachsen oder Weichen, oder …

Neben Getreideprodukten, Kartoffeln und Rindfleisch ist man auf den Anbau von Nutzhanf als nachwachsender Rohstoff und heimisches Superfood spezialisiert. Im Sinne der Artenvielfalt wird der Anbau verschiedenster Feldfrüchte durchgeführt. Bernhard hat im Jahr 2007 als einziger Sohn der Familie den Betrieb von seinem Vater übernommen. Seit 1944 im Familienbesitz und im Vollerwerb wurde der Betrieb in der konventionellen Wirtschaftsweise und nach bestem Wissen und Gewissen von Bernhard’s Großvater und Vater bewirtschaftet. Die Entwicklung der Landwirtschaft innerhalb der letzten 100 Jahre (weltweit) war geprägt von zunehmender Technisierung, Rationalisierung, Arbeitserleichterung und Ertragssteigerung. Der Preis dafür war u.a. zunehmende Abhängigkeit z.B. von Förderungen und Geschäftspartnern, Ausbeutung von Tieren und Boden, hoher Einsatz von Pestiziden und chemischen Düngemitteln und der Druck, am Weltmarkt bestehen zu müssen. Das Motto “Wachsen oder Weichen” ist allgegenwärtig.

„Durch die Betriebsübernahme erlangten wir einen tieferen Einblick in die gängige Praxis in landwirtschaftlichen Betrieben sowohl innerhalb Österreichs als auch am globalen Markt. Parallel dazu gab es intensive Auseinandersetzung mit Themen wie Krankheit, Gesundheit, Antibiotika und Impfungen sowie Ernährung.“ 

Wunsch nach Kurskorrektur

Werte wie Selbstverwirklichung, Selbstbestimmung und Eigenverantwortlichkeit, Achtsamkeit, Respekt und natürlich die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit sollten wieder mehr in den Mittelpunkt des Tuns rücken. Außerdem wollen Sylvia und Bernhard ihren Beitrag dazu leisten, Machtspiele und Abhängigkeiten zu beenden und an einer fairen Basis für alle Beteiligten mitzubauen.

Die bewusste Entscheidung wirklich Bauer und Bäuerin sein zu wollen, war das Ergebnis eines intensiven Reflexions- und Reifeprozesses. Und so war die Entscheidung zur Umstellung auf biologische Wirtschaftsweise eine logische Konsequenz aus Erfahrung und Entwicklung.

©Andrea Knura

Auch die Rolle der Frau innerhalb des landwirtschaftlichen Betriebes wird am Fohlenhof bewusst beleuchtet und über den eigenen Betrieb hinaus ein diesbezüglich neues Bewusstsein mitinitiiert.

„Wir betrachten es als ein großes Privileg, ein Stückchen Erde bewirtschaften zu dürfen, Lebensmittel von möglichst hoher Qualität anzubauen und so unseren Beitrag für das große Ganze zu leisten. Der ganzheitliche Ansatz spielt dabei eine zentrale Bedeutung. Die Werte der Gemeinwohlökonomie decken sich in hohem Maß mit unseren Werten.“ Ein gesunder landwirtschaftlicher Betrieb kann, so Bernhard, viele Lösungsansätze und Antworten für die Probleme und Fragen unserer Zeit liefern:

Produkte vom Fohlenhof Astner. ©Andrea Knura

  • hochwertige heimische Lebens- und Genussmittel
  • das Zusammenleben mehrerer Generationen unter einem Dach als WIN-WIN für alle Beteiligten
  • soziale Landwirtschaft
  • Gesundheitsförderung
  • Schaffung von Arbeitsplätzen
  • Bildung und Bewusstseinsbildung

Im Unterschied zu vielen landwirtschaftlichen Betrieben und den traditionellen patriarchalen Verhältnissen werden bei den Astners alle Entscheidungen partnerschaftlich getroffen. „Die unterschiedlichen Stärken von Männern und Frauen sind uns nicht nur bewusst, wir nutzen sie seit vielen Jahren als wertvolle Ressource. Im Rahmen von „Bauerfrau“ möchten wir diesbezüglich zusätzlich Impulse in der Branche setzen.“ 

Auch die Erfahrung der Eltern fließt regelmäßig in Entscheidungen mit ein, wobei ein Paradigmenwechsel innerhalb der Branche zu berücksichtigen ist. So ist diese generationenübergreifende Mitentscheidung gleichzeitig ein Aufbauen auf den Erfahrungen unserer Vorfahren und Herausforderung. Ein Balanceakt, den die beiden seit vielen Jahren gut meistern.

Hier gehts zum Fohlenhof Astner auf bauernladen.at

und zur Gemeinwohlökonomie-Bilanz

Tipp: Sylvia gibt Seminare und bietet Workshops zum Thema BAUERFRAU an. Die Bäuerin der Neuen Zeit spannt den Bogen von klassisch bäuerlichen Elementen über altes überliefertes Wissen unserer Vorfahren bis hin zu neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen in Bezug auf die Gesundheit von Körper, Geist und Seele. Zentrales Element ist die Weisheit der Natur. Zertifikat: Green Care – wo Menschen aufblühen “Gesundheit fördern am Hof” (Nov. 2019).