Chiasamen waren gestern. Jetzt erleben Sonnenblumenkerne, Kürbiskerne und Leinsamen ein Revival. Was die heimischen Samen so können, lesen Sie hier.

Es ist diese selten in der Natur vorkommende 3-in-1 Kombi, die uns Menschen auf besondere Weise nährt: Gesunde Fette, Eiweiße und Ballaststoffe. Kann ein Nahrungsmittel damit punkten, ist das schon die halbe Miete. Die essbaren heimischen Samen warten genau damit auf. Und sie liefern ganz nebenbei auch noch jede Menge Antioxidantien. Im Gegensatz zu exotischen Vertretern, wie Chiasamen – die bekanntlich aus Mexiko kommen, haben sie außerdem einen kurzen Transportweg samt entsprechend niedrigem CO2-Fußabdruck. Und das Wichtigste: Sie schmecken auch noch. Deshalb gelten Sonnenblumenkerne, Kürbiskerne und Leinsamen unter Foodies auch bereits als das neue Trendfood. Das frühere Image des “Vogelfutters” haben sie längst abgelegt. Wo sie herkommen, was man damit kulinarisch so alles anfangen kann und welche gesundheitlichen Effekte sie wirklich haben, das haben wir für Sie herausgefunden.

Leinsamen machen Meeresfrüchten Konkurrenz

Nicht nur für Vegetarier interessant: Leinsamen sind die beste Omegs-3-Quelle neben Meeresfrüchten. ©Panthermedia

Ein Teelöffel (ca. fünf Gramm) geschroteter Leinsamen enthält etwa ein Gramm Omega-3-Fettsäuren in Form von Alpha-Linolensäure. Übersetzt heißt das, mit zwei Teelöffeln deckt man den täglichen Bedarf an Omega-3-Fettsäuren. Und man profitiert von deren positiven gesunden Wirkungen, die ab zwei Gramm täglich spruchreif werden. In anderen Worten sind Leinsamen neben Meeresfrüchten die beste Quelle für Omega 3 Fettsäuren. Doch die kleinen braunen oder goldenen Samen der Leinpflanze, die ursprünglich aus dem Mittelmeerraum und Vorderasien kam, können noch mehr. Abgesehen davon, dass sie angenehm mild und nussig schmecken, fällt auch noch ihr hoher Anteil an löslichen und nicht löslichen Ballaststoffen ins Auge, die die Verdauung fördern. Leinsamen enthalten zudem Lignane – Phytoöstrogene mit antioxidantiver Wirkung, und zwar 75 bis 800 Mal mehr als jedes andere pflanzliche Nahrungsmittel. Und schließlich, das dürfte Sportler aufhorchen lassen, enthalten 100 Gramm Leinsamen 20 Gramm Eiweiß. Wer nun auf den Geschmack gekommen ist, der sollte auf gemahlene Leinsamen setzen, den die beinhalten mehr Nährstoffe. Im Magen quellen sie auf und ziehen Flüssigkeit. Der Körper beginnt, Sättigungs- und Stoffwechselhormone zu produzieren, der Stoffwechsel kommt auf Trab und man wird satt. Bei ganzen Leinsamen dagegen kann es passieren, dass sie den Körper unverdaut wieder verlassen. Wie Sie Leinsamen in Ihre Ernährung einbauen? Da sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt. Sie passen ins Risotto, über den Blattsalat, in selbst gebackenes Brot, machen sich als Topping über Joghurt gut oder – analog zu den Chiasamen, als Pudding. Sie können damit sogar Eier ersetzen. Und das geht so: Sie mischen zwei Esslöffel gemahlenen Leinsamen mit drei Esslöffel Wasser, warten ein bis zwei Minuten bis  eine Art Gelee entsteht und ersetzen damit ein Ei, zb. im Kuchen. Zu guter Letzt: Während Chiasamen um bis zu 57 Euro pro Kilo verkauft werden, sind Leinsamen mit bis zu 19 Euro pro Kilo deutlich günstiger, und das, obwohl beide einander von den Nährstoffen her sehr ähnlich sind.

Kürbiskerne sind Top-Magnesiumspender

Kürbiskerne sind zwar fett, dafür enthalten sie aber auch hohe Mengen an Magnesium und Phytoöstrogene ©Panthermedia

Kürbiskerne gibt es wahrlich genug in Österreich, allem voran in der Steiermark. 2018 wurden gesamt in Österreich 14.740 Tonnen der dunkelgrünen, fetten Samen geerntet. Auf 100 Gramm Kürbiskerne kommen ca. 19 Gramm Fett. Das mag sich viel anhören, zumal Kürbiskerne auch einen niedrigen Ballaststoffanteil haben. Aber auf 100 Gramm kommen auch satte 10 Gramm Eiweiß und ein hoher Anteil an Mineralien. Als da zum Beispiel Magnesium wäre. Mit einer Handvoll Kürbiskerne decken Sie fast die Hälfte ihres täglichen Bedarfs. Auch mit Zink und B-Vitaminen geizen sie nicht. Sie sind reich an Antioxidantien, die unsere Zellen vor freien Radikalen schützen und haben eine hohe Konzentration an Tryptophan. Das ist übrigens eine Aminosäure, die Angstgefühle verringert. Sollten Sie sich also gereizt fühlen, knabbern Sie Kürbiskerne und Ihre Welt kommt möglicher Weise wieder ins Lot. Das gepresste Kürbiskernöl punktet zudem mit viel natürlichem Phytoöstrogen  – damit lässt sich das gute HDL-Cholesterin signifikant nach oben pushen. Kulinarish eignen sich die Kerne zum Backen, geben ein perfektes Topping für Salate ab und machen sich gut als Teil einer Müslimischung. Kürbiskernöl schmeckt herrlich in der Eierspeise, genauso wie in Suppen. Oder Sie versuchen sich an einem Kürbiskernpesto: Dafür rösten sie 100 Gramm Kürbiskerne, geben sie mit 50 Gramm fein geriebenem Parmesam, 60 ml Olivenöl, 60 ml Kürbiskernöl, den Blättern von einem Bund Basilikum, einer Knoblauchzehe und etwas Salz in einen Mixer und verarbeiten es zu einer homogenen Paste. Zusammen mit hochwertiger Pasta ergibt das ein wunderbares mediterranes Gericht mit österreichischem Touch.

Eiweißwunder Sonnenblumenkerne

100 Gramm Sonnenblumenkerne bringen mehr Eiweiß die meisten Fleischarten. ©Panthermedia

Sonnenblumenkerne enthalten mehr Protein als die meisten Fisch-, Fleisch- und Geflügelarten und haben deshalb viele Fans unter den Vegetariern und Veganern. Aber sie sind auch absolute Spitzenreiter in Sachen Folsäure: Rund 100 Mikrogramm dieses speziellen B-Vitamins stecken in 100 Gramm. Schwangere und stillende Mütter, die einen erhöhten Bedarf daran haben, sollten sich demnach am besten einen Vorrat zulegen. Mit 420 Milligramm pro 100 Gramm sind Sonnenblumenkerne auch echte Magnesium-Bomben. Ihre mehrfach und einfach ungesättigten Fettsäuren helfen, das LDL („schlechtes“) Cholesterin zu senken und schließlich sind sie auch noch eine gute Vitamin E-Quelle. Nach Europa ist die ursprünglich in Nord- und Mittelamerika beheimatete Sonnenblume übrigens um 1550 mit Seefahrern gekommen, wurde aber zunächst nur als Zierpflanze und später als Kaffeeersatz eingesetzt. Um 1700 hat man dann entdeckt, dass es pro Sonnenblume mehrere 100 essbare Ölsamen gibt und setzte sie in Backwaren  oder geröstet ein. Hierzulande liegen die  Anbaugebiete vor allem im Weinviertel, Marchfeld, Tullner Feld, Wiener Becken und im nördlichen sowie mittleren Burgenland. Einen Grund hat das auch: Die Sonnenblumen mögen es besonders warm. Dank des nussigen, milden Geschmacks finden sich Sonnenblumenkerne gern in grünen Salaten, in Rohkostgerichten und in Müslis. Ihren Geschmack entfalten sie besonders gut, wenn sie ohne Fett geröstet werden. Was sich sonst noch so damit machen lässt? Sonnenblumenbutter zum Beispiel: Dafür weichen Sie Sonnenblumenkerne etwa 12 Stunden ein, gießen das Wasser ab und mixen sie in einem Hochleistungsmixer mit etwas Salz und Kümmel. Wenn Sie dann noch etwas gekochtes, farbiges Gemüse dazu geben, wird das Ganze zu einem besonderen Brotaufstrich.

Und weil wir nicht genug von den Samen kriegen können, beschäftigen wir uns in Kürze an dieser Stelle mit Basilikumsamen, Hanfsamen und Schwarzkümmel.