Ganz wild auf Wild
Hirschrücken, Rehbraten, Wildschweinwürstel: Wer sind die Menschen, die außer Wild gar kein Fleisch mehr essen. Und was steckt hinter dem Begriff Jegana?
“Nichts essen was Augen hat, die Tiere einfach mal in Ruhe lassen, Fleisch ist Mord – das ganze Programm.” “Viele Jahre war ich überzeugter Vegetarier”, sagt Fabian Grimm. Dann stolperte er über die Lehrbücher seiner Frau, die als Forstwissenschaftlerin gerade für den Jagdschein lernte. Und da war sie: Die Möglichkeit dem vegetarischen Leben zu entkommen, ohne seine moralischen Skrupel beim Fleischkauf über Bord werfen zu müssen. Inzwischen hat Grimm einen Jagdschein, ein Gewehr, einen Jagdhund und schreibt darüber, wie er Wildschweine und Rehe erlegt, zubereitet und mit großem Genuss aufisst. Er ist ein sogenannter Jegana. Doch das gibt es wirklich. Darunter versteht man Veganer, die eine einzige Ausnahme machen: Wildbret, das sie selbst erlegen. Der gleichnamige Club fördert den Dialog zwischen Öffentlichkeit und Jagd und hat ein Manifest herausgegeben, in dem ein Satz prägnant ins Auge fällt: „Jagd ist keine Massentierhaltung”. Auch Frauen sind übrigens unter den Jeganern. Was wiederum Ulrike Schmid, die sich in Innsbruck in einer Forschungsarbeit mit Frauen in der Jagd beschäftigt hat, nicht wundert.
“Die Annahme, dass Frauen mitfühlender seien und deshalb von Jägerinnen-Seite Bedenken oder Skrupel erwartet werden können, überhaupt Tiere zu töten, haben sich nicht bestätigt.”
Allerdings, sagt sie, scheinen Jägerinnen mehr darauf bedacht zu sein, keine Fehler zu machen. Der heimische Tierarzt, Lebensmittelwissenschafter und Tierschützer Rudolf Winkelmayer isst außer Wild auch kein Fleisch. Wer sein Wildtier nicht gleich selbst erlegen will, der kann wie er Freretarier werden.
Österreichs Jäger
132.000 Jägerinnen und Jäger mit gültigen Jagdkarten sowie 12.500 Jagdgastkarten gibt es in Österreich. Das entspricht rund 1,5 Prozent der österreichischen Bevölkerung. Die Jägerschaft setzt sich aus allen Berufsgruppen und gesellschaftlichen Schichten zusammen.
- Rund 36 Prozent der Jäger sind Arbeiter, Angestellte oder unselbständig Erwerbstätige
- 30 Prozent Land- und Forstwirte
- 25 Prozent Selbständige und
- 9 Prozent zählen zum Jagd- und Forstpersonal.
- Der Frauenanteil liegt bei fast 10 Prozent.
Der Freretarismus, sagt er, sei extrem vernünftig, Ressourcen und Umwelt schonend. “Österreich ist ein sehr wildreiches Land, wir produzieren 1–1,2 Kilo Wildfleisch pro Person jährlich. Wir haben aber einen Gesamtkonsum an Fleisch und Fleischprodukten von ca. 103 Kilo. Netto bezogen auf das Fleisch isst jeder Österreicher 60 Kilo Fleisch pro Jahr.” Wer zum Freretarier wird, der ernährt sich vegetarisch, mit gelegentlichem Konsum von Wild oder wildähnlich gehaltenen landwirtschaftlichen Nutztieren, also sehr frei gehaltenen. Möglich ist das. Frisches Wild gibt es im Gegensatz zu den üblichen Vorstellungen ganzjährig. Gejagt wird ab Mai Reh- und Rotwild bis zum Jahresende, ab September die Wildente, das Rebhuhn im Oktober, Hase und Fasan von Oktober bis Ende Dezember. In den Monaten, in denen es sonst nichts gibt, könnte man immer noch auf Wildschwein zurückgreifen. Das wird ganzjährig gejagt. Muttertiere mit Frischlingen sind allerdings tabu. Aber ist das Ganze auch gesund? Ist es. Wildbret ist weniger fett, kalorienreich und cholesterinreich als gezüchtete Nutztiere. Es punktet mit einem hohen Anteil an hochwertigen Proteinen für die Zellenbildung, enzymatische Reaktionen, den Muskelaufbau, Kalzium, Eisen, Phosphor, Zink, Selen und Mineralien. Das hat Wildfleischernährung in den letzten Jahren übrigens auch in der Sport- und Fitnessszene so populär gemacht.
Und dann sind da noch die Omega 3 Fettsäuren. Die Menge soll sogar mit der von Lachs vergleichbar sein.
Aber braucht es die Jagd überhaupt? Klaus Hackländer, Universitätsprofessor für Wildtierbiologie beantwortet die Frage, was passieren würde, wenn wir die Jagd abschaffen, so: “Das Ökosystem kollabiert jedenfalls nicht. Es ändert jedoch seine Gestalt. Arten, die reguliert werden müssen, vermehren sich noch mehr. Jene, die gehegt werden sollten, verschwinden ganz.” Hackländer sagt, es würde sich ein neues ökologisches Gleichgewicht einstellen: “Aber es ist zu bezweifeln, ob dieses mit der Art und Weise, wie wir unsere natürlichen Ressourcen nutzen wollen, in Einklang zu bringen ist.”
Für Grimm geht es auch um Vertrauen: “Manche Menschen essen Fleisch von artgerecht gehaltenen (alten) Nutztierrassen, beteiligen sich an solidarischer Landwirtschaft, andere verlassen sich auf Zertifizierungssysteme mit Brief und Siegel wie die EG-Bioverordnung, Natur- und Bioland oder Demeter”, sagt er. All das würde aber eines voraussetzen: Vertrauen in das Label oder die Marke. Je größer das sei, desto kleiner seien die Gewissensbisse. Am Ende bleibe es aber bei der Hoffnung, dass Herstellungs- und Zertifizierungsbetrieb wissen, was sie tun – und dass sie ihre Versprechen halten. “Ich mache es lieber wie der Chirurg: ich will sehen, was passiert und gehe ganz nah ran. Außerdem macht es mir großen Spaß auf die Jagd zu gehen – und überhaupt keinen, Zutatenlisten zu recherchieren. Deshalb setze ich mich lieber mit der Anatomie eines Rehs auseinander, als stundenlang die Herkunft jedes eingeschweißten Fleischstückchens zu rätseln.”
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Das Jagdjahr 2018/2019 in Österreich
Die Gesamtzahl der Abschüsse im Jagdjahr 2018/2019 lag laut Statistik Austria mit 736.000 um 2,8 Prozent unter dem Wert der letzten Saison. Dabei ging die Anzahl geschossener Tiere bei Haarwild um 3,0 Prozent auf 614.000 zurück, bei Federwild sank sie um 1,9 Prozent auf 122.000.
Abschüsse bei Schalenwild und sonstigem Haarwild gesunken
Im abgelaufenen Jagdjahr wurden insgesamt 395.000 Stück Schalenwild erlegt, darunter 285.000 Stück Rehwild, 55.000 Stück Rotwild, 30.500 Stück Schwarzwild und 20.700 Stück Gamswild. Unter den 219.000 Abschüssen sonstigen Haarwilds fanden sich unter anderem 102.000 Hasen, 61.400 Füchse, 21.100 Marder und 8.300 Wiesel.
Federwild-Abschüsse: deutlich mehr Fasane erlegt
Fasane (59.700 Stück; +17,5 Prozent) waren vor Wildenten (39.200 Stück; -22,9 Prozent) die bedeutendste Gruppe erlegten Federwilds. Darüber hinaus kam es bei Wildgänsen (2.600 Stück; +64,6 Prozent), Schnepfen (2.000 Stück; +7,4 Prozent), sowie bei Birkwild (1.500 Stück; +4,5 Prozent) und Blässhühnern (474 Stück; +13,4 Prozent) zu einem Plus an Abschüssen, während sie bei Wildtauben (14.300 Stück; -4,2 Prozent), Rebhühnern (2.300 Stück; -4,6 Prozent), Auerwild (279 Stück; -32,9 Prozent) und Haselwild (93 Stück; -18,4 Prozent) zurückgingen.
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