Die Glückszahl der heimischen Weinwelt scheint die Neun zu sein, „Neuner-Jahrgänge“ fielen auffallend oft besonders gut aus. So auch 2019.

2019 brachte Weißweine von animierender Frische und Rotweine mit hervorragendem Tiefgang. Foto: Unsplash

Das Wetter hat 2019 für den Wein in jedem Fall gepasst. Auf den warmen und niederschlagsarmen Winter folgte ein wechselhafter Frühling, ein sehr warmer April und der kälteste Mai seit 1991, mit viel Regen. Die Entwicklung der Reben wurde gebremst; Spätfröste blieben zum Glück überall aus. In der Nachbetrachtung war diese feuchte Periode zweifellos ein Glücksfall, denn sie trug entscheidend dazu bei, dass die Rebkulturen die heißen Sommermonate unbeschadet überstanden. Letzten Endes trug sie auch zu einer merklich anderen Aromatik bei. Der Sommer begann bereits mit dem wärmsten und trockensten Juni seit Beginn der Messungen und setzte sich mit einem beinahe ebenso heißen Juli und August fort. Angenehm kühle Nachttemperaturen ab Ende August hatten positive Auswirkungen auf Fruchtaromen und Säurestruktur. Der Herbst verlief mild und ausgeglichen, sodass die Hauptlese planmäßig und ohne Hektik erfolgen konnte, zumal auch längere Regenfälle ausblieben. Das Traubengut war in allen Weinbaugebieten vollreif und in perfektem Gesundheitszustand.

Weißwein mit seltener Eleganz

Für sämtliche Weißweinsorten sind eine animierende Frische und ein klares Fruchtspiel prägend, zu dem sich überdies eine für ein derart warmes Jahr durchaus markante Säurestruktur gesellt.  Die niederösterreichische Leitsorte Grüner Veltliner fiel so sortentypisch und multidimensional aus wie schon lange nicht – zum charakteristischen Pfefferl und der tabakigen Würze kommen heuer ausgeprägte Fruchtaromen hinzu, die auch schon den leichteren Varianten viel Spannkraft und Ausdruck verleihen. Die Rieslinge sind in ihren Hochburgen von der Wachau über das Kamptal und Kremstal bis zum Wiener Nussberg ungemein saftig und fruchttief geraten, und dies bei durchaus rassigem Säuregerüst.

Auch die steirischen Winzer erfreuen sich an einem ausgezeichneten Weinjahr, in dem sich die Weine frühzeitig in einem perfekten Gleichgewicht zu befinden scheinen. Ihre gerühmten Sauvignons und Muskateller begeistern mit Fruchtreichtum, ohne in irgendeiner Weise aufdringlich oder einseitig zu erscheinen.

Bei den unvermeidlichen, vergleichenden Jahrgangsprognosen werden des Öfteren 2017 und 2015 genannt, die jedoch vielleicht teilweise etwas kräftiger geraten waren, aber auch 2009, 1999 und 1979 werden zuweilen apostrophiert – lebt die Neuner-Legende also weiter? Einigermaßen gesichert scheint jedenfalls die zu erwartende lange Lagerfähigkeit des aktuellen Jahrgangs zu sein, was er wiederum mit den eben zitierten Weinjahren gemeinsam hätte.

Top-Rotweine

Der Ausblick auf den ebenso hoch einzuschätzenden Rotweinjahrgang könnte gleichsam mit einem so erfreulichen wie erstaunlichen Rückblick beginnen, hat Österreich doch mittlerweile – beginnend mit 2015 und allenfalls mit kleinen Abstrichen für 2016 – fünf sehr gute bis hervorragende Rotweinjahre in Folge zu verzeichnen. Ein Phänomen, das bis vor Kurzem niemand für möglich gehalten hätte!

Die 2019er fielen durchwegs farbtief, ausgesprochen dicht und extraktreich aus, wobei sich auch Säure- und Tanningehalt auf einem markanten Niveau zu befinden scheinen. Alles in allem sind ebenso strukturierte wie standfeste Rotweine voll Tiefgang und Vielschichtigkeit vorauszusagen, die an große Rotweinjahre à la 2011, 2015 und 2017 nahtlos anschließen sollten. Dies gilt quer durch alle Rotweinzentren wie Rebsorten, wobei schon zu bemerken ist, dass der Klimawandel speziell Sorten wie Cabernet und Syrah entgegenkommt, die früher in Österreich manchmal nur schwer die Vollreife erreichten. Aber auch Blaufränkisch, Zweigelt, und St. Laurent wurden durch hohe Reife bei völlig intaktem Gesundheitszustand naturgemäß begünstigt, sodass ausgewogene Gewächse voll Saft und Kraft zu erwarten sind. Für  Pinot Noir gilt dies selbstverständlich ebenso, wenngleich in derart heißen Jahren dem Weingartenmanagement und der Wahl des Lesezeitpunktes für diese kapriziöse Rebsorte besondere Bedeutung zukommen.