Die Geschichte des Barriques ist eine Geschichte voller Missverständnisse. Am Anfang stand der Weinskandal und die Suche nach dem neuen Geschmack.

Im Weinkeller, Frau und Mann, Weinverkostung

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Als Österreichische Winzer nach dem Weinskandal 1985 neue Wege beschreiten wollten, sahen sie sich in den traditionellen Weinbauländern sowie in der „Neuen Welt“ um und kamen mit neuen Ideen zurück. Eine davon war, die Weine wie etwa in Bordeaux oder Kalifornien im Barriquefass auszubauen. Ein Barrique ist ein aus Eichenholz gefertigtes Fass,das nach der Bordelaiser Richtlinie aus dem Jahr 1866 225 Liter fasst. Natürlich gibt es auch Fässer mit anderen Mengeneinheiten, aber mit einem klassischen Barrique – auch „kleines Holz“ genannt – sind immer 225-Liter-Einheiten gemeint.

Das erste Missverständnis betrifft den Wunsch mancher Winzer bzw. Konsumenten nach „Barriquegeschmack“, also Röstaromatik und Vanillenoten. Dieser ist aber nur ein Nebenprodukt eines Reifeprozesses, der den Wein in vielerlei Hinsicht zu unterstützen vermag. Aber der Reihe nach: Der Fassbinder flämmt die Innenfläche des halbfertigen Weinfasses, um die Fassdauben formbar zu machen, dabei entstehen gewisse Röstnoten.

Die Intensität dieses Toastings sagt auch etwas über den späteren Geschmack des Weins aus. Ein Winzer kann also bei der Fassbestellung aus Toasting-Varianten (light, medium, medium plus, heavy) wählen.

Einsatz von Barrique und Aromen

Die Kunst eines Winzers ist es, den Holzeinsatz beim Wein so zu dosieren, dass er dessen beste Eigenschaften unterstützt, diesen aber nicht dominiert. Bei den ersten Versuchen mit Barriquefässern in Österreich war der Holzeinsatz oft zu massiv, die Aromenvielfalt wurde vom Holzgeschmack überdeckt. Bei der Erstfüllung ist der Einfluss des Holzes noch am stärksten, bei Zweit- und Drittfüllung nimmt er ab. So entstehen bei Mehrfachnutzung oft balanciertere Weine. Entgegen der landläufigen Meinung nimmt der Barriqueeinfluss bei längerer Lagerung übrigens wieder ab. Am stärksten ist der Holzgeschmack meist nach rund acht Monaten, danach wird der Wein wieder runder und harmonischer. Manche Weine ruhen zwei Jahren lang im kleinen Holzfass. Wenn es aber nicht der vordergründige Barriquegeschmack ist, der Weine bei der Lagerung verbessert, was ist es dann? Einerseits bringt das Holz Tannine, also Gerbstoffe, im Wein ein und veredelt diesen mit einer gewissen Würze und Struktur. Andererseits ist es aber auch die Reife selbst, von der Wein profitieren kann. Anders als bei luftdichten Behältnissen dringt durch Holz eine minimale Menge Sauerstoff ein. Er nimmt dem Wein so manche Ecken und Kanten. Durch diese Mikrooxidation kann sich der Wein in der Flasche noch positiv weiterentwickeln. Anders ist das bei Weinen, die im Stahltank reifen und denen durch die Beigabe von Eichenchips bloß oberflächliche geschmackliche Noten nach Vanille und Toasting verliehen werden. Diese Weine sind auf den Verkaufszeitpunkt hingetrimmt. Sie entwickeln sich in der Regel in der Flasche nicht mehr weiter, sondern bauen bei weiterer Lagerung eher ab.

Angel’s Share, also das was verdunstet

Eine logische Konsequenz der Luftdurchlässigkeit von Holzfässern ist, dass ein Teil des darin befindlichen Weines verdunstet. Der Schwund, wie bei der Whiskyherstellung als „Angel’s Share“ („Engels Teil“) bezeichnet, beträgt pro Fass und Jahr bis zu rund fünf Prozent. In trockenen Lagerräumen verdunstet mehr Flüssigkeit, was eine geringfügige Erhöhung des Alkoholgehalts zur Folge hat. In feuchten bzw. künstlich befeuchteten Lagern ist der Schwund geringer, es verdunstet mehr Alkohol und die Weine werden tendenziell leichter.

Stolz auf Holz

Die heimischen Winzer haben Erfahrungen gesammelt und dazugelernt. Der Anteil an neuen Fässern („neues Holz“) hat wieder ab-, die Gebindegröße zugenommen: Es wird mehr „großes Holz“ (Fässer mit 500, 800, 1.500 und mehr Litern) verwendet, was den Wein dosierter und subtiler beeinflusst. Sogar die ganz alten Holzfässer, die mancherorts nur noch als Zierde dienten, erleben eine Renaissance. Es ist ganz vom Fingerspitzengefühl des Winzers abhängig, wie viel Barriqueeinfluss dem Wein guttut. Ist dieser besonders dicht und extraktreich, wird er etwa mehr neues Holz und kräftigeres Toasting vertragen. Es gibt außergewöhnliche Rotweine, die sogar ein zweites Mal in ein neues Barrique gefüllt werden („Double-Oaking“), aber dennoch keinen vordergründigen Holzgeschmack haben, weil der kräftige Wein die Holzaromen in sich aufnimmt und nur noch dichter wird. Der schmeckbare Barriqueeinsatz ist jedoch nach extremen Auswüchsen um die Jahrtausendwende mittlerweile zurückgegangen.

Heimische Fässer

Allgemein werden die Eichenfässer aus den französischen Limousin-Wäldern (besonders aus dem Département Allier) als am hochwertigsten erachtet. Die dort angesiedelten Küfereien erzielen für ihre Produkte Höchstpreise von rund 800 Euro pro Stück. Der Barriqueeinsatz ist weltweit gesehen seit der Jahrtausendwende stark angestiegen. Natürlich wird nach günstigen Alternativen gesucht und zum Beispiel bei der preiswerteren amerikanischen Eiche gefunden. Diese weist jedoch ganz andere Charaktereigenschaften auf. Aber auch österreichische Eiche wird von heimischen Winzern gerne verwendet. Die Fassbinderei Pauscha im Kärntner Wolfsberg beispielsweise ist hoch angesehen und ihre Produkte sind bei den Winzern sehr begehrt. Fässer vom Küfer Franz Stockinger sind sogar so gefragt, dass Kunden lange Wartezeiten in Kauf nehmen, um in den Besitz eines speziellen Fasses aus Waidhofen an der Ybbs zu gelangen. Doch längst wird nicht nur Eichenholz verwendet, auch Akazien, Lärchen oder Kastanien bringen erstaunlich gute Ergebnisse.

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