Die heimische Geflügelbranche fährt ihre Krallen aus. Dass sich in Regalen und auf Restauranttellern immer mehr “herkunftsloses” Geflügel findet, geht ihr gegen den Strich.

Das himmlische Backhendl könnte aus wenig himmlischer ukrainischer Haltung stammen. ©Wikimedia Commons

Das Backhendl ist dem Österreicher mindestens so heilig wie sein Schnitzel. Von daher nimmt es die heimische Geflügelbranche jetzt zum Anlass, auch über dessen Herkunft mal Klartext zu reden. “Wir brauchen keinen steirischen Backhendl-Salat aus Brasilien oder der Ukraine”. Mit diesen plakativen Worten macht Maria Pein, die Vizepräsidentin der steirischen Landwirtschaftskammer, auf  das Manko der Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln mit Geflügel aufmerksam. Denn schon jetzt ist nicht immer das heimische Maishendl im beschworenen Salat drin. Gar nicht zu reden von Convenience-Produkten wie Hühner-Nuggets und dergleichen. Künftig könnte das allerdings noch schlimmer werden. Ihr Worst Case Szenario? Das sieht so aus: “Geplante internationale Handelsabkommen, insbesondere mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten, werden die heimischen Märkte mit Billiggeflügel aus fragwürdigen Haltungen mit niedrigeren Standards fluten. Auch der drohende Brexit lässt erheblichen Preisdruck erwarten.” Doch hat sie damit recht?

Tarnen und täuschen?

Um diese Frage zu klären, schritt die LK Steiermark Anfang September erst einmal zu einem Store-Check, um den Status Quo herauszufinden. 163 Proben nahm man, davon waren 49 Frischgeflügel und 114 Fertig- und Halbfertigprodukte mit Geflügelfleisch wie Wurstwaren, Geflügelnuggets oder küchenfertiges, paniertes Geflügelfleisch, Geflügelburger, Pizzen oder fertige Salate mit Geflügelfleisch. Es fand sich dabei so einiges, auf 75 Prozent der Convenience-Proben allerdings keine Herkunfts-Transparenz. Für die Tester ist damit klar, dass da mit hoher Wahrscheinlichkeit anonymes, ausländisches Geflügel enthalten ist. Und das, obwohl auf fast einem Fünftel (18,9%) rot-weiß-rote Banner sowie Fähnchen (Zusatzangabe: Hergestellt in Österreich) und rot-weiß-rote Herzen gedruckt sind.  Nur ein Viertel (25% bzw. 29 Proben) ist nachvollziehbar aus Österreich. Anders sieht die Sache beim Frischfleisch aus. Auch da war der Durchblick aufgrund der Logoflut auf den Verpackungen nicht leicht. Am Ende stellte sich dann allerdings doch heraus, das knapp drei Viertel (73,5%) der 49 Proben aus Österreich stammten.

Nicht überall wo man es erwartet, ist Österreich drin

Doch auch beim Frischfleisch ist nicht alles eitel Wonne. Insbesondere die laufenden Tiefstpreis-Geflügelaktionen machen der Branche zu schaffen. Stellvertretend meldet sich der steirische Geflügelfleisch-Verarbeiter Dieter Lugitsch zu Wort. Er komme bei Aktionen des Handels als heimischer Anbieter nicht mehr zum Zug, sagt er. Und weiter: “In großen Mengen bietet der Handel als Aktionsware Billiggeflügel aus Polen, Deutschland oder Ungarn an. Der Schaden für Bauern und Verarbeiter ist groß.” Für Markus Lukas, Geflügelbauer und Obmann der Österreichischen Geflügelgenossenschaft (GGÖ) gibt es nur eine Lösung: dass das tatsächliche Herkunftsland des Geflügelfleisches auf der Vorderseite der Verpackung groß und auf den ersten Blick eindeutig erkennbar angegeben wird. Und nicht nur dort. Eine verpflichtende Auslobung der Fleischherkunft, sagt er, sei auch bei Speisen in der Gemeinschaftsverpflegung notwendig. Der Grazer Gastronom Albert Kriwetz, der das Restaurant Eckstein führt, stimmt ihm zu. Er rät den Konsumenten ganz klar “Zum Nachfragen, woher das Backhendl auf dem Restaurantteller tatsächlich kommt.” Kriwetz: “Unsere Gäste gehen davon aus, dass im Backhendl Österreich drinnen ist. Doch das ist nicht überall so.”